Wie flexible Lebensmittelverpackungen kreislauffähig werden
Das EU-Förderprojekt „Circular FoodPack“ (Laufzeit: Juni 2021 bis November 2024) hat neue Verfahren entwickelt, um Verpackungsabfälle aus Polyethylen effektiv zu recyceln. Zur Anwendung kommt eine Tracer-basierte Sortiertechnologie. Mechanische und lösemittelbasierte Verfahren werden kombiniert, um Druckfarben, Gerüche und andere Verunreinigungen zu entfernen.
Am Projekt beteiligten sich 15 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Griechenland, den Niederlanden, Spanien und der Schweiz. Koordiniert wurde „Circular FoodPack“ vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising. Die gewonnenen Post-Consumer-Rezyklate erfüllen die Qualitätsanforderungen für die Weiterverarbeitung zu neuen flexiblen Verpackungen für Haushalts- und Körperpflegeprodukte. Ein innovatives Barrierekonzept ermöglicht künfig auch den Einsatz in Lebensmittelverpackungen.
Herausforderung gemeistert
Für die Verpackung von Lebensmitteln, Haushalts- und Körperpflegeprodukten setzt die Industrie bisher flexible Kunststoff-Mehrschichtverbunde ein, die aus verschiedenen Materialien bestehen. Diese Verbunde schützen durch ihre Barriere-Eigenschaften die verpackten Produkte vor Sauerstoff und Feuchtigkeit und erfüllen damit die hohen Anforderungen bezüglich Sicherheit und Hygiene. Bisher war es jedoch nicht möglich, die Kunststoffschichten wieder voneinander zu trennen, was das Recycling erschwerte. In Europa werden sie in der Regel verbrannt oder landen auf Mülldeponien. Gemäß EU-Gesetzgebung ist die Verwendung von Recyclingmaterial aus Nicht-Lebensmittelverpackungen für die Herstellung neuer Lebensmittelverpackungen nicht zulässig.
Bisher konnte kein Sortiersystem zwischen Lebensmittel- und Nicht-Lebensmittelverpackungen in einem gemischten Abfallstrom unterscheiden und diese voneinander trennen. Außerdem gab es bislang keine fortschrittlichen physikalischen Recyclingverfahren, die Verunreinigungen, Verfärbungen und Gerüche aus dem Kunststoff-Mehrschichtverbund entfernen konnten, um die erforderliche Qualität für die Wiederverwendung in flexiblen Lebensmittelverpackungen zu gewährleisten. Diese Herausforderung hat das EU-Projekt „Circular FoodPack“ nun erfolgreich gemeistert.
Mittels fluoreszierenden Leuchtstoffen
Mit der Tracer-basierten Sortiertechnologie (TBS) hat das Projektkonsortium ein Sortierverfahren für flexible Lebensmittelverpackungen entwickelt, das mittels fluoreszierender Leuchtstoffe (Tracer), die während der Produktion aufgedruckt werden, zwischen Lebensmittel- und Nicht-Lebensmittelverpackungen unterscheidet. Die neue Sortiertechnologie nutzt einen Laser, um in einem gemischten Abfallstrom nach den Nahinfrarot-Emissionen des fluoreszierenden Tracers zu suchen und die erkannten Lebensmittelverpackungen entsprechend auszusortieren. Dieses optische System kann einfach und kostengünstig in bestehende Sortieranlagen nachgerüstet werden. In einer Reihe von groß angelegten Tests wurde für die mit der TBS-Technologie sortierten Lebensmittelverpackungen eine gleichmäßige Sortenreinheit von 99 Prozent erreicht.
Vor- und Nachbehandlungstechnologien
Es wurden Vor- und Nachbehandlungstechnologien entwickelt, die in einer hochwertigen Recyclingkaskade für Kunststoffverpackungen eingesetzt werden können. Bei den von der TBS sortierten Lebensmittelverpackungsabfällen konnte eine innovative Vorbehandlung die Kunststoff-Mehrschichtverbunde einschließlich der als Funktionsbeschichtung verwendeten „Primer“ durch ein wasserbasiertes Delaminierungs- und Deinkingverfahren erfolgreich trennen und die Druckfarben zu 95 Prozent entfernen.
Die Infrarot-Desodorierungstechnologie entfernt flüchtige Substanzen und reduziert auch den Geruch des Granulats um 95 Prozent. Mit Hilfe eines lösungsmittelbasierten Recyclingverfahrens, das Polyethylen aus Laminaten herauslöst und von verschiedenen Verunreinigungen wie Additiven, Druckfarben und Gerüchen trennt, konnten die Forschenden hochwertiges recyceltes Polyethylen aus flexiblen Verpackungsabfällen gewinnen. Dieses Polyethylen-Post-Consumer-Rezyklat (PE PCR) ist rein genug, um für die Herstellung von Verpackungen für Haushalts- und Körperpflegeprodukte wiederverwendet zu werden. Und wenn das PE PCR aus Rohstoffen gewonnen wird, die mit Hilfe der Tracer-Technologie sortiert wurden, könnte es in Zukunft für neue Lebensmittelverpackungen verwendet werden, und zwar zur Sicherheit hinter neu entwickelten „funktionellen Migrationsbarrieren“, die in neuen Verpackungen das Rezyklat wirksam von den lebensmittelberührenden Schichten trennen.
Mit bis zu 50 Prozent Rezyklatanteil
Das Projekt „Circular FoodPack“ hat ein Konzept für flexible, recycelbare Lebensmittelverpackungen auf Monomaterialbasis unter Verwendung von Polyethylen entwickelt. Dabei standen die Integration von Tracern für die Sortierbarkeit und die Verwendung von Polyethylen-Post-Consumer-Rezyklaten (PE PCR) hinter einer funktionellen Migrationsbarriere im Mittelpunkt. In der Anfangsphase des Projekts wurden umfangreiche Testreihen durchgeführt, um das optimale Migrationsbarrieren-Konzept zu entwickeln.
Zeitgemäß und marktfähig
Der gewählte Ansatz verwendet eine PCR-Schicht in einer Sandwich-Struktur zwischen zwei funktionellen Barriereschichten, um eine „Set-off“-Migration zu verhindern und die Sicherheit zu erhöhen. Die neuen Tracer werden in die Druckfarben der Verpackungen integriert, die dann während des Wasch-/Deinking-Vorgangs im Recyclingprozess der Verpackungsabfälle wieder vollständig entfernt werden können. So entstand eine Verpackungsfolie mit bis zu 50 Prozent PE PCR im industriellen Maßstab, die die technischen Anforderungen für flexible Lebensmittelverpackungen erfüllt. Darüber hinaus wurden praktische Tests zur Maschinengängigkeit der Folie bei der Herstellung verschiedener Verpackungsformate wie Schlauchbeutel, Bodenfaltenbeutel, Standbodenbeutel und Siegelrandbeutel (Sachets) erfolgreich durchgeführt.
Die Nachfrage nach innovativen Verpackungslösungen steigt rapide, angetrieben durch eine sich verändernde Gesetzeslandschaft, die die Akteure zur Einführung neuer Standards ermutigt. Unter diesen hat sich PE PCR als eine vielversprechende Option herauskristallisiert. Verarbeiter auf den verschiedenen Ebenen der Wertschöpfungskette haben ihr Interesse an dem vorgeschlagenen Verpackungskonzept bekundet, da sie dessen Potenzial zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen erkannten. Darüber hinaus haben Machbarkeitsstudien für die verschiedenen Verwertungswege gezeigt, dass der Preis für das recycelte Polyethylen aus Circular FoodPack mit dem aktuellen Marktpreis für neues Polyethylen konkurrenzfähig ist.
Um eine breite Akzeptanz beim Verbraucher zu erreichen, muss die Einführung des neuen Materials von einer klaren und effektiven Kommunikation begleitet werden. Verbraucher bevorzugen im Allgemeinen nachhaltige Verpackungslösungen, wie sie von Circular FoodPack angeboten werden, und zeigen eine starke Präferenz für recycelte Materialien. Die vom Projekt entwickelte Lösung ist daher sowohl zeitgemäß als auch enorm marktfähig.
ivv.fraunhofer.de, circular-foodpack.eu
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2025, Seite 40, Foto: Kevin Gonzalez, Amcor)