Gefahren durch Brände von Lithiumbatterien: die Fakten

Mehrere Industrieverbände haben die EU-Kommission aufgefordert, wirksame Regelungen zu treffen, um die Infrastruktur der europäischen Abfallwirtschaft vor zunehmenden Bränden durch Lithium-Batterien zu schützen. Es gebe eine eskalierende Zahl solcher Vorkommnisse, sodass sich die Abfallwirtschaft in einer kritischen Phase befinde. Ohne sofortige Maßnahmen würden Brände von Altbatterien weiterhin Arbeitnehmer gefährden, die Infrastruktur beschädigen und wichtige Abfallbehandlungsprozesse stören.

Dazu ein paar Fakten:

  • In Frankreich hat sich die Zahl der Brände in Abfallbehandlungsanlagen, die mit Lithium-Batterien in Verbindung gebracht werden, zwischen 2019 und 2023 verdoppelt.
  • In Österreich gehen pro Jahr schätzungsweise 180 bis 240 Brände in Abfallanlagen auf Batterien zurück.
  • In Deutschland ereignen sich pro Tag bis zu 30 Brände in Abfallsammelfahrzeugen oder -aufbereitungsanlagen, wovon 80 Prozent Lithiumbatterien zugeschrieben werden.
  • Im Vereinigten Königreich wurden 2023 von über 1.200 Batterie-bezogenen Bränden in Altfahrzeugen und auf Mülldeponien berichtet – ein Zuwachs von 71 Prozent gegenüber 2022.

Doppelt hohe Verlustquote
Die französische Datenbank ARIA, die Vor- oder Unfälle katalogisiert, die schädlich für die menschliche Gesundheit, öffentliche Sicherheit oder Umwelt waren oder gewesen sein könnten, zeigt ebenfalls einen zahlenmäßig deutlichen Anstieg bei Entsorgungseinrichtungen in allen Stadien der Sammlung, Trennung oder Behandlung. Aber nicht nur Batterie- und Elektroschrott-behandelnde Anlagen sind dem Risiko von Batterie-bezogenen Bränden ausgesetzt, sondern größere Unfälle kommen auch in anderen Typen von Entsorgungseinrichtungen aufgrund fehlgeleiteter Batterien vor, die in falschen Abfallströmen enden.
Für Entsorgungsunternehmen – ganz gleich ob private oder kommunale – wird es zunehmend schwieriger, an Versicherungen für ihre Einrichtungen zu gelangen. Versicherungsunternehmen lehnen es zunehmend ab, Abfallbehandlungseinrichtungen oder dramatisch ansteigende Prämien abzudecken. Viele mittelgroße Entsorgungsunternehmen können es sich nicht länger leisten, ihre Einrichtungen zu versichern, und einige Anlagen in Belgien erwarten, 2025 alle ihre Deckung wegen Brandgefahr zu verlieren. Die Recylingindustrie beispielsweise hat zurzeit eine Verlustquote, die doppelt so hoch wie die anderer Industrien ausfällt, die – so wie die holzverarbeitende Industrie – auch mit Brandrisiken rechnen müssen.

Prävention kostet
Um Brandrisiken zu minimieren, müssen Entsorgungsunternehmen kräftig in Mitarbeiterschulungen zu Brandschutz, Sicherheit und erste Notmaßnahmen investieren, ebenso in Brandschutzausrüstung wie Thermographie-Kameras, Rauchdetektoren oder Prazisions-Wasserkanonen, die jährlich etliche hundertausend Euro kosten. Je nach Umfang und Struktur der Anlage kann die Brandschutz-Ausrüstung bis zu 20 Prozent der Gesamtkosten eines neuen Bauvorhabens betragen. Diese Präventivmaßnahmen fallen zusätzlich zu den finanziellen und operativen Belastungen an, die bei Batterieentzündungen auf Entsorgungseinrichtungen zukommen – was die fragile wirtschaftliche Balance des Sektors erschüttert und riskiert, die ökonomischen Kreislaufziele der EU zu verfehlen.

Sammelquote: nur 46 Prozent
Die Lage wird noch verschärft durch den schnell wachsenden Markt für Lithiumbatterien, die in immer mehr Produkten zu finden sind, wodurch sich das Risiko von Fehlplatzierungen und Bränden erhöht. Infolgedessen sind die Sammelquoten trotz der steigenden Batterieverkäufe nach wie vor unzureichend: Im Jahr 2022 wurden 244.000 Gerätebatterien in Verkehr gebracht, aber nur 111.000 wurden zum Recycling gesammelt, was einer Sammelquote von 46 Prozent entspricht. Das Sammelziel von 45 Prozent für 2023 dürfte zwar erreicht werden, doch sind verstärkte Anstrengungen erforderlich, um die Ziele der neuen EU-Batterieverordnung von 63 Prozent bis 2027 und 73 Prozent bis 2030 zu erreichen.

Dringender Handlungsbedarf
Unterzeichnet haben den Aufruf CEWEP, EPRO, EuRIC, FEAD, Expra, FERVER sowie Municipal Waste Europe. Die Organisationen und Verbände begrüßen die kürzlich veröffentlichten Leitlinien zur Entnahme und Austauschbarkeit von Gerätebatterien und die verschiedenen Bestimmungen der neuen Batterieverordnung zur umweltgerechten Gestaltung elek­tro­nischer Geräte. Sie befürworten die Bemühungen der Kommission, Sammlung und Recycling kritischer Rohstoffe in Batterien zu fördern. Sie erwarten außerdem die rasche Umsetzung der obligatorischen getrennten Sammlung gefährlicher Haushaltsabfälle seit Januar 2025 in Verbindung mit der Gefahrenklassifizierung von Batterieabfällen. Aber das reiche nicht. Es bestehe dringender Handlungsbedarf.

Gefordert werden zusätzlich eine umfänglichere erweiterte Herstellerverantwortung für Batterien und elektronische Geräte mit integrierten Batterien, die Einrichtung eines Pfandrücknahmesystems für tragbare Lithiumbatterien einschließlich der in elektronischen Geräten und Leichtmetallen verbauten und schließlich die Verbannung von Einwegprodukten mit Batterien wie etwa Einweg-E-Zigaretten, Textilien und Schuhen mit unnötigen Batterien sowie Geschenkkarten mit Batterien vom EU-Markt.

Quelle: FEAD (Übersetzung: Jürgen Kroll / Google)

 

Im „Deckungsnotstand“ der Gewerbe- und Industrieversicherung

Wie eine aktuelle Studie des Bundesverbands Deutscher Versicherungsmakler e. V. (BDVM) zeigt, gehört die Abfallwirtschaft zu den am stärksten betroffenen Branchen im gegenwärtigen „Deckungsnotstand“ der Gewerbe- und Industrieversicherung. Zwei Drittel der befragten Versicherungsmakler sehen ernsthafte Probleme bei der Versicherbarkeit von Risiken in diesem Bereich.

Der Hintergrund: Versicherungskapazitäten für elementare Gefahren, wie Feuer, Explosionen oder Naturkatastrophen, schrumpfen seit Jahren. Hinzu kommt, dass Investitionen in Photovoltaikanlagen oder E-Ladestationen aus Sicht vieler Versicherer zusätzliche Risiken mit sich bringen. Die Folge sind drastisch steigende Prämien, höhere Selbstbehalte und verschärfte Versicherungsbedingungen – bei gleichzeitig komplexer werdenden Risikoprofilen. Nach größeren Schadensereignissen ziehen sich Versicherer zunehmend aus der Branche zurück oder setzen Prämien und Selbstbeteiligungen auf existenzbedrohende Niveaus.

Quelle: bvse und BDVM

 

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2025, Seite 8, Foto: MSV, KI-generiert)