Die EU-Batterie-Gesetzgebung wird sich ändern – aber wie?

Am 10. Dezember 2020 schlug die EU-Kommission eine Modernisierung der bestehenden Batterie-Gesetzgebung vor. Dadurch sollen die in der EU auf den Markt gebrachten Batterien nachhaltig, leistungsstark und während ihrer gesamten Lebensdauer sicher werden. Um eine wettbewerbsfähige Nachhaltigkeit zu fördern, wurden als Maßnahmen verpflichtende Anforderungen für alle marktgängigen Batterien ins Auge gefasst.

Darunter sollen ein Mindestgehalt an Recyclingmaterial, eine verminderte Benutzung von belasteten Substanzen, die Reduzierung von Umwelteinflüssen sowie juristische Sicherheiten fallen, die bei umfangreichen Investitionen und bei der Ankurbelung von Produktionskapazitäten für innovative und nachhaltige Batterien helfen, auf den schnellwachsenden Markt zu reagieren. Zielvorgaben für Sammlung, Recycling, Behandlung und letztlich Entsorgung werden sicherstellen, dass Industrie-, Auto- und Elektrofahrzeug-Batterien am Ende ihres Lebenszyklus‘ nicht verlorengehen. Die jetzige Sammelquote für tragbare Batterien von 45 Prozent soll sich 2025 auf 65 Prozent und 2030 auf 75 Prozent erhöhen. Es ist vorgesehen, alle ausgemusterten Industrie-, Auto- und Elektrofahrzeug-Batterien komplett zu erfassen. Letztere werden einem neuen Zweck und einem zweiten Leben zugeführt.

Großer Wurf leider ausgeblieben
Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft hält laut Mitteilung vom 11. Dezember die Aktualisierung der Batterierichtlinie und die damit verbundene Sicherung der Rohstoffe für Batterien in Europa für „einen wichtigen Schritt“. Jedoch sei in Sachen Sammel- und Mindesteinsatzquote sowie Batteriepfand „der große Wurf leider ausgeblieben“, erklärte BDE-Präsident Peter Kurth.

Unterstützt wird die Einführung von Mindesteinsatzquoten von Recyclingrohstoffen wie Kobalt, Blei, Lithium und Nickel in Industrie-, Auto- wie Elektrofahrzeugen und bestimmten Autobatterien. Auch die vorgesehene stufenweise Anhebung der Quote von getrennt gesammelten Gerätebatterien auf 70 Prozent bis 2030 sei begrüßenswert, reiche aber nicht aus. Insbesondere bestehe eine hohe Brandgefahr bei falsch entsorgten Lithium-Ionen-Batterien, die durch eine schnelle und vor allem nachhaltige Verbesserung des Batterierücklaufs in die Systeme einzudämmen wäre. Der BDE werde – kündigte Peter Kurth an – „im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch stärker für einen geringeren Einsatz von Primärrohstoffen, einen innovativen und effizienten Wertstoffkreislauf für Batterien, hohe Sammel- und Recyclingziele sowie für die Einführung einer europäischen Pfandpflicht eintreten“.

FEAD fordert höhere Recycingquoten
Zeitgleich begrüßte die FEAD die Einführung von verpflichtenden Rezyklateinsatz-Quoten und von erhöhten Recyclingquoten für Batterien, tritt aber grundsätzlich für eine 80-prozentige Recyclingquote für Gerätebatterien und eine 100-prozentige für Fahrzeugbatterien ein. Ein Pfand-Rücknahmesystem wird ebenfalls als notwendig erachtet. Mit Blick auf die Erweiterte Produzenten-Verantwortung plädiert der europäische Dachverband der Entsorgungswirtschaft für ein B2B-System zu Sammlung, Sortierung, Behandlung und Recycling von Batterien und in diesem Zusammenhang für eine verstärkte Kontrolle illegaler Transporte von Altbatterien.

Potenzial für einen Paradigmenwechsel
Eurobat, dem Verband der europäischen Fahrzeug- und Industrie-Batteriehersteller, geht es um drei wesentliche Punkte:

1. Grüne Batterien aus Europa müssen die Führung bei der Entwicklung der nachhaltigsten Energiespeicher-Lösungen übernehmen: Wenn sie auf den Markt kommen, sollen sie die strengsten Umwelt-Parameter einschließlich hoher Rezyklabilität, niedrigem CO2-Fußabdruck und ethischer Gewinnung von Rohstoffen berücksichtigen. Allerdings dürften die Vorgaben nicht zu präskriptiv sein.

2. Batterien und deren Substanzen unterliegen momentan der Batterie-Richtlinie, der Altauto-Verordnung und REACH, was zu juristischen Überschneidungen, wirtschaftlichen Unsicherheiten und zusammenhanglosen politischen Leitlinien führt. Neu-Regelungen sollten ganzheitlich ausfallen und in Richtung eines Risiko-basierten Ansatzes gehen.

3. Alle Batterietechnologien – Blei, Lithium, Nickel und Natrium – sind für den Klimawandel wichtig und stellen spezifische Besonderheiten hinsichtlich Recyclingeffizienz, Sammlung und Informationsanforderungen dar, die alle mit der neuen Gesetzgebung reguliert werden: von den Batterien in Fahrzeugen und Flurförderfahrzeugen bis hin zu solchen zur Energiespeicherung und Telekommunikation. Rene Schröder, Eurobat-Geschäftsführer, ist überzeugt: „Der Vorschlag der Kommission hat mit seinem Paradigmenwechsel eines 360-Grad-Rundum-Strategieansatzes das Potenzial zu einem wirklichen Paradigmenwechsel.“

Ohne Umsetzung in nationales Recht
Im Februar 2021 meldeten sich mit der Accurec GmbH und Scholz zwei Recyclingunternehmen zu Wort. Sie hielten die Recyclingquote von 90 Prozent bei Gerätebatterien für nicht übertragbar auf Aggregate bei Altfahrzeugen, da mehrere Millionen an Fahrzeugen jedes Jahr vom europäischen Markt verschwinden. Ihrer Ansicht nach sind dringend Sammelquoten für alle Batteriearten vonnöten, ein härteres Rücknahmesystem und eine bessere Bewirtschaftung von Sekundärrohstoffen. Für die Rückgewinnung von Aluminium sollte bis spätestens zum Jahresbeginn 2026 eine Quote von 80 Prozent und bis spätestens 2030 eine solche von 90 Prozent festgelegt werden. Begrüßt werde die neue EU-Batterie-Richtlinie 2020/33, weil sie eine EU-weit gültige Vorgabe ohne Umsetzung in nationales Recht darstellt, würde sich aber mit der Altfahrzeug-Direktive 2000/53/EC und der WEEE-Richtlinie überschneiden, was geändert werden müsste.

Vorgabe der Quoteneinhaltung bald unrealistisch
Auf Einladung der FEAD tagte eine Expertenrunde mit den geeigneten Rahmenbedingungen einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft im Batteriesektor. Dabei plädierte FEAD-Präsident Peter Kurth für „starke ordnungspolitische Maßnahmen für den Mindestrezyklateinsatz, für eine bessere Sammlung, für ein Batteriepfand und für eine praxisgerechte Ausgestaltung der Recyclingeffizienzquoten“.

Im Einzelnen müsse dazu der Anwendungsbereich der Mindesteinsatzquoten für Rezyklate neben Industrie-, Fahrzeug- und Starterbatterien auch auf Gerätebatterien ausgeweitet werden. Es sei eine ambitioniertere Sammelquote von mindestens 80 Prozent auf Gerätebatterien erforderlich. Die Einführung einer Pfandpflicht für Lithium-Batterien und -Akkumulatoren auf europäischer Ebene dürfte die Sammelbereitschaft der Verbraucher erhöhen und insbesondere kritische Batterieströme wirksam lenken. Allerdings könnten die vorgeschlagenen Zielvorgaben nach dem derzeitigen Stand der Technik nicht eingehalten werden: „Da die Quotenberechnung jedoch erst bis Ende 2023 festgelegt werden soll, ist die Vorgabe der Quoteneinhaltung bereits zu Beginn des Jahres 2025 unrealistisch, da bestehende Technologien erst darauf eingestellt oder gar neue Verfahren entwickelt werden müssten.“

Zusätzliche Anreize für Sammelsysteme notwendig
Der bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung begrüßt die Aktualisierung der europäischen Richtlinie. Die anvisierte Sammelquote von 60 beziehungsweise 70 Prozent sei ein entscheidender Meilenstein für die Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe, doch die in das neue deutsche Batteriegesetz eingeflossene Sammelquote von 50 Prozent nicht ambitioniert genug.

„Es bedarf eines zusätzlichen Anreizes für Sammelsysteme, Sammelmengen über die Pflichterfüllung hinaus zu steigern“, meldet Bernhard Jehle Verbesserungen an. Als positiv sieht der Vorsitzende im bvse-Fachverband Schrott, E-Schrott und Kfz-Recycling die in den Entwurf aufgenommenen, mengenbezogenen Quoten zur Rückgewinnung kritischer Rohstoffe. Die bis zur Einführung geplante Übergangsfrist hält er jedoch für zu lang: Statt 1. Januar 2030 schlägt Jehle den Jahresbeginn 2025 vor.

Als besonders erfreulich wertet der Fachverbands-Vorsitzende die geplanten Vorgaben, die es dem Verbraucher erleichtern sollen, Batterien aus Altgeräten zu entfernen: „Um existenzbedrohende Brände auf Anlagen und den Ausschluss aus den bereits jetzt kaum erschwinglichen Brandschutzversicherungen zu verhindern, müssen Batterien und Akkus bereits bei der Erfassung aus den Altgeräten entfernt und in die dafür vorgesehenen Batteriesammelsysteme sortiert werden.“ Zusätzlich müssten Endnutzer zukünftig umfassender über Brandrisiken und die sichere Handhabung von Batterien und Akkus informiert werden.

Zeitlich wie inhaltlich „extrem ambitioniert“
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau hält den Änderungsvorschlag sowohl zeitlich wie inhaltlich für „extrem ambitioniert“, zumal er als Blaupause für zukünftige Produktregulierung auf europäischer Ebene gilt. Auf einem VDMA-Workshop wurden neben den mit dem Gesetzvorschlag verbundenen Anforderungen eines End-of-Life-Managements und dem Mehraufwand durch Due Diligence-Prüfungen auch (nicht näher erläuterte) Kritikpunkte deutlich, die im anstehenden Lobbyprozess berücksichtigt werden sollen.

Als positiv interpretierten die Teilnehmer neue Qualitäts- und Effizienzvorteile und eine potenziell verbesserte Planbarkeit, Bewertbarkeit und Sicherheit. Allerdings wurden ihnen auch die Auflagen des neuen Legislativvorschlags deutlich, die in Herausforderungen durch umfassende Regulierungen und Vorgaben, hohen Dokumentationspflichten, der Beschaffung zusätzlicher Informationen entlang der Lieferkette, einer möglichen Kostensteigerung durch Dritt-Zertifizierungen, mangelndem Schutz von Geschäftsgeheimnissen sowie möglichen resultierenden Wettbewerbsnachteilen bestehen könnten.

Ein erster großer Impuls
Virginijus Sinkevičius, EU-Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei, ist hingegen vom Erfolg der Neuregelung überzeugt. Anlässlich der offiziellen Vorstellung des Änderungsvorschlags kommentierte er, dass durch ihn die europäische Kreislaufwirtschaft einen ersten großen Impuls erhält. „Diese zukunftsorientierte legislative Werkzeugkiste wird die Nachhaltigkeit von Batterien in jeder Phase ihres Lebenzyklus‘ verbessern. Batterien stecken voller wertvoller Materialien, und wir wollen sicherstellen, dass keine Batterie als Abfall verloren geht. Die Nachhaltigkeit von Batterien muss Hand in Hand mit ihrer zunehmenden Anzahl auf dem europäischen Markt wachsen.“

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2021, Seite 14, Foto: alexlmx / stock.adobe.com)

 

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