Weniger Hürden im Binnenmarkt für attraktivere Bedingungen in Europa

Die Europäische Kommission hat eine Binnenmarktstrategie vorgelegt, um einen einfacheren, nahtloseren und stärkeren europäischen Binnenmarkt zu schaffen.

In der Strategie sind ambitionierte Maßnahmen zum Abbau bestehender Hemmnisse für Handel und Investitionen innerhalb der EU vorgesehen; KMU werden nach den Vorstellungen bei ihren Geschäftstätigkeiten und deren Ausweitung unterstützt und alle Unternehmen durch die Förderung der Digitalisierung entlastet. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, ihren Beitrag dazu zu leisten, den EU-Markt zur besten Wahl für Unternehmen, Beschäftigte sowie Verbraucher zu machen.

Abbau von Hindernissen
Die Strategie konzentriert sich auf die Beseitigung der „zehn schädlichsten Hindernisse“, wie sie von Unternehmen gemeldet wurden: komplizierte Niederlassung und Geschäftstätigkeit; komplexe EU-Vorschriften; mangelnde Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten; beschränkte Anerkennung von Berufsqualifikationen; Fehlen einheitlicher Standards; fragmentierte Verpackungsvorschriften; mangelnde Produktkonformität; restriktive und divergierende nationale Vorschriften für Dienstleistungen; aufwändige Vorschriften für die Entsendung von Arbeitnehmern in risikoarmen Sektoren; ungerechtfertigte territoriale Angebotsbeschränkungen, die zu hohen Preisen für die Verbraucher führen.

Diese Hindernisse für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr erschweren es Unternehmen sowie Bürgern, den europäischen Binnenmarkt in vollem Umfang zu nutzen. Sie wurden auf der Grundlage umfassender Konsultationen der Interessenträger ermittelt. Ihre Beseitigung würde den freien Verkehr sicherer Produkte, und die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen erleichtern und es für Unternehmen in der gesamten EU einfacher machen, sich niederzulassen und ihren Geschäften nachzugehen.

Dienstleistungssektor neuen Schwung verleihen
Dienstleistungen machen den größten Teil der europä­ischen Wirtschaft aus, aber ihr grenzüberschreitender Handel stagniert. Die Strategie konzentriert sich auf bestimmte Dienstleistungssektoren. Folgendes wird vorgeschlagen:

  • Vorlage einer Rechtsvorschrift für Baudienstleistungen und einer neuen EU-Rechtsvorschrift für Lieferdienste, um die Bestimmungen sowohl im Bau- als auch im Post- und Paketsektor zu modernisieren;
  • Erleichterung branchenbezogener Dienstleistungen wie Installations-, Wartungs- und Reparaturdienstleistungen;
  • Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Befreiung regulierter Unternehmensdienstleistungen von unnötiger Regulierung.

All diese Maßnahmen kommen zu laufenden Initiativen in den Bereichen Energie, Telekommunikation, Verkehr und Finanzdienstleistungen ergänzend hinzu.

Wie KMU unterstützt werden sollen
Um KMU dabei zu helfen, die Möglichkeiten des Binnenmarkts bestmöglich zu nutzen, führt die Kommission die neue Kategorie der kleinen Unternehmen mit mittlerer Kapitalisierung ein. Einige der Vorteile, die KMU gewährt werden, sollen auf diese ausgedehnt werden. In der Strategie wird eine „KMU-ID“ vorgeschlagen, ein Online-Tool, das eine einfache Möglichkeit zur Überprüfung des KMU-Status‘ bietet. Darüber hinaus wird das Netz der KMU-Beauftragten Maßnahmen zur Unterstützung und Erleichterung der Tätigkeit von KMU im grenzüberschreitenden Handel fördern. Diese neuen Initiativen werden zusammen mit dem jüngsten Jahresbericht über europäische KMU veröffentlicht, in dem das erwartete Wachstum des Mehrwerts und der Beschäftigung von KMU hervorgehoben wird.

Vorschriften vereinfachen, Digitalisierung zur Regel machen
Im Rahmen ihrer Zusage, den Regelungs- und Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu verringern, veröffentlichte die Kommission auch ein viertes Omnibus-Vereinfachungspaket für Unternehmen. Durch die Maßnahmen wurden die jährlichen Verwaltungskosten für Unternehmen um 400 Millionen Euro gesenkt. Unter anderem werden Unternehmen in die Lage versetzt, Dokumente digital einzureichen, um den Verpflichtungen aus bestimmten harmonisierten EU-Produktvorschriften nachzukommen und Produktanleitungen digital und nicht auf Papier bereitzustellen.

Mehr gemeinsame Verantwortung
Um die Vorteile des Binnenmarkts greifbarer zu machen, ist es wichtig, die gemeinsame politische Verantwortung mit den Mitgliedstaaten zu stärken. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten einen hochrangigen Vertreter für den Binnenmarkt („Sherpa“) benennen, der die Anwendung der EU-Binnenmarktvorschriften überwacht. Die Mitgliedstaaten werden ferner aufgefordert, Binnenmarkthemmnisse zu vermeiden, indem sie die Verhältnismäßigkeit ihrer Entwürfe nationaler Maßnahmen prüfen.

Ein starkes Signal
Die Binnenmarktstrategie der Europäischen Kommission setzt ein starkes Signal für einen funktionierenden europäischen Binnenmarkt – auch für Recyclingrohstoffe beziehungsweise Sekundärrohstoffe, kommentieren die Verbände VDM, bvse und BDSV die Vorschläge. Die Kommission erkenne an, dass der grenzüberschreitende Transport von Abfällen zu Recyclinganlagen innerhalb der EU vereinfacht und beschleunigt werden muss. Auch das EU-Maßnahmenpaket („Omnibus-Paket“) für den Bereich Umwelt strebe den Abbau von Bürokratie und sektorübergreifenden Hürden im Abfallrecht an. Aus Sicht der europäischen Recyclingverbände sind dies überfällige und richtige Schritte.

„Die Kreislaufwirtschaft kann nur funktionieren, wenn Rohstoffe dort recycelt werden, wo sie am effizientesten verwertet werden können – unabhängig von Ländergrenzen“, betonen VDM, bvse und BDSV in einem gemeinsamen Positionspapier. Die Strategie könne dabei auch eine Brücke schlagen zwischen zwei entscheidenden Gliedern der Kreislaufwirtschaft: Recyclern und Schmelzwerken. Beide Seiten würden davon profitieren, wenn Rohstoffe möglichst reibungslos und ohne unnötige bürokratische Hürden von A nach B gelangen – sei es zur Erstbehandlung, zur Veredelung oder zur Wiedereinspeisung in industrielle Prozesse.

Konkret schlagen die Verbände vier Maßnahmen vor:

  1. Anhang 7 streichen statt digitalisieren: Für nicht gefährliche Abfälle wie Stahl- und Metallschrott soll das Mitführen des Anhangs 7 entfallen. Ein einfacher Lieferschein muss ausreichen. Die Digitalisierung löst das Bürokratieproblem nicht; sie verlagert es lediglich.
  2. Notifizierungsverfahren vereinheitlichen und beschleunigen: Sammelnotifizierungen für etablierte Recycling­ströme sollten für fünf Jahre gelten, eine Genehmigungsfiktion bei Fristüberschreitung eingeführt werden.
  3. Keine Notifizierungspflicht für Elektroaltgeräte ab 2027: Die geplante Pflicht zur Notifizierung nicht gefährlicher Elektroaltgeräte ab dem 1. Januar 2027 ist unverhältnismäßig und gefährdet funktionierende Handelsbeziehungen im Binnenmarkt.
  4. Innovationen ermöglichen: Die Grenze für Probemengen zu Testzwecken muss von 250 Kilogramm auf mindestens 15 Tonnen erhöht werden, um industrielle Bedingungen realistisch abbilden zu können.

„Die EU-Kommission hat mit ihrer Strategie die Richtung vorgegeben. Jetzt braucht es politische Entschlossenheit, die Recyclingwirtschaft von unnötiger Bürokratie zu befreien und den Binnenhandel endlich zukunftsfähig zu gestalten“, appellieren die Verbände.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2025, Seite 10, Foto: MSV, KI-generiert)