Elektrofahrzeuge auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

Im europäischen Forschungsprojekt ZevRA unter Leitung des Fraunhofer IWU arbeiten 28 Partner aus Wissenschaft und Industrie daran, den CO2-Fußabdruck von Elektrofahrzeugen um mindestens 25 Prozent zu senken und den Anteil wiederverwendeter Materialien deutlich zu steigern.

Nach anderthalb Jahren kann ZEvRA (Zero Emission electric Vehicles enabled by haRmonised circulArity) bereits eine positive Zwischenbilanz ziehen. Beispiele: Nachweislich können Fahrzeugdächer wirtschaftlich entlackt und zu neuen Fahrzeugkomponenten weiterverarbeitet sowie viele Alu-Komponenten nahezu vollständig aus wiederaufbereitetem (Sekundär-)Aluminium gefertigt werden. Kunststoffe und Verbundmaterialien mit bis zu 97 Prozent Recyclinganteil haben die Forschenden für Demonstrationszwecke bereits zu ersten Bauteilen verarbeitet.

ZEvRA hat sich zum Ziel gesetzt, eine neue Karosserie aus sechs Modulen mit wiederverwendeten, weiterverarbeiteten oder
recycelten Teilen zu fertigen (Foto: iStock/leonello)

Seit Projektbeginn Anfang 2024 wurden wichtige Fortschritte erzielt – insbesondere bei der Entwicklung einer harmonisierten Bewertungsmethodik für die Kreislaufwirtschaft von Elektrofahrzeugen. Diese Methodik schafft eine gemeinsame Grundlage, um Entwicklungen vergleichbar und messbar zu machen und so den Weg zu zirkulären Fahrzeugkonzepten zu ebnen. Sie ist ein zentraler Bestandteil der ZEvRA-Schwerpunkte Digitale Werkzeuge, Material- und Bauteil-Use-Cases sowie Gesamtfahrzeugentwicklung.

Für die Circular Economy von morgen
Im Fokus steht die Frage, wie sich zentrale Werkstoffgruppen eines Elektrofahrzeugs – darunter Stahl, Aluminium, Kunststoffe, Glas, Reifen und Seltene Erden – vollständig in geschlossene Materialkreisläufe integrieren lassen. Diese Stoffe machen etwa 84 Prozent des Gesamtfahrzeuggewichts aus. Vorrang hat dabei die Nutzung von Recy­clingmaterialien, ergänzt durch alternative Strategien wie Repurpose. So wurden im Fallbeispiel Stahl gebrauchte Fahrzeugdächer bereits chemisch entlackt, analysiert und für eine zweite Nutzung aufbereitet – ermöglicht durch einen eigens entwickelten Prozess. Ergänzend unterstützt eine KI-gestützte Simulationssoftware künftig die Prozess­entwicklung und verkürzt Simulationszeiten von bisher bis zu 14 Wochen auf ein bis zwei Tage. Auch im Bereich Aluminium konnten drei Werkstoffvarianten mit nahezu 100 Prozent Sekundäraluminium für Guss-, Strangpress- und Schaumlegierungen realisiert werden. Digitale Zwillinge helfen dabei, Prozesse zu optimieren und die Qualität abzusichern. Kunststoffe und Verbundmaterialien mit bis zu 97 Prozent Recyclinganteil wurden zu ersten Demons­tratorbauteilen verarbeitet, etwa zu Batterieabdeckungen und Innenraumkomponenten. Beim Glas gelang es, durch gezielten Digitaldruck den Verbrauch von Emailfarbe um rund ein Viertel zu reduzieren – parallel laufen Arbeiten zur Integration von Photovoltaikzellen in Fahrzeugdächer. Ein neuer Reifenansatz nutzt bereits etwa 40 Prozent recycelte Materialien, ohne Kompromisse bei der Sicherheit einzugehen.

Digitalisierung als Enabler
Digitale Werkzeuge treiben die Entwicklung zirkulärer Fahrzeugkonzepte entscheidend voran. Ein weiteres, KI-basiertes und als Prototyp bereits verfügbares Simulationswerkzeug namens „Circular-Designer“ erlaubt es Konstrukteuren, Nachhaltigkeitsstrategien bereits während der Entwicklungsphase zu bewerten und das Design gezielt zu verbessern.

Gebrauchtes, chemisch entlacktes Dach mit verzinkter Oberfläche – bereit für eine zweite Nutzung (Foto: Fraunhofer IWU)

Design for Circular Economy bedeutet, die Kreislauffähigkeit eines Produktes, also die Weiter- und Wiederverwendung oder Weiterverarbeitung von Systemen und Komponenten, von Anfang an mitzudenken. Bei ZEvRA bilden virtuelle Zwillinge für Aluminium, Kunststoffe und Verbundwerkstoffe komplette Materialkreisläufe digital ab. Darüber hinaus wurde eine Architektur für den Digitalen Produktpass (DPP) entworfen, mit dem sich künftig Materialien und Bauteile über ihren gesamten Nutzungszyklus nachvollziehen lassen.

Zirkuläres Gesamtfahrzeug als Zielbild
Auf Basis des Referenzfahrzeugs Škoda Enyaq entstand ein modulares Fahrzeugkonzept mit sechs Hauptbaugruppen. Neue Verbindungstechniken, etwa Schraub- und Flanschsysteme, sollen die Demontagezeit künftig um mehr als die Hälfte verkürzen. So lassen sich wertvolle Ressourcen und Bauteile nicht nur einfacher montieren, sondern am Nutzungsende auch wieder wirtschaftlich zurückgewinnen. Gerade bei preisgünstigen Werkstoffen hängt die Rentabilität einer Kreislaufwirtschaft von einem solchen Paradigmenwechsel ab. ZEvRA wird in der zweiten Projektphase diese Konzepte und Prozesse um die Gestaltung von Interieur und Exterieur erweitern – als Grundlage für physische Demonstratoren, die die Praxistauglichkeit belegen sollen.

Wissen schafft Zukunft
Seit Projektbeginn wurden mehr als 420 Fachleute aus Industrie und Forschung über Workshops und Konferenzen eingebunden. Parallel richteten die Forschenden eine Lernplattform auf Basis von Moodle ein. Dort entstehen Trainingsangebote zu Themen wie Nutzungszyklusanalysen, digitalen Zwillingen und Recyclingprozessen. ZEvRA‘s „1st Annual Conference“ am 27. November 2025 beim Projektpartner Eurecat in Cerdanyola/Spanien versammelte führende Akteure der Mobilitäts- und Automobilbranche und zeigte praktische Wege zur Zirkularität von Elektrofahrzeugen auf. Im Fokus standen Innovationen bei Design, Materialien sowie Geschäftsmodellen.

zevraproject.eu

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2025, Seite 10, Foto: EDAG)