Statusbericht 2018: Das Standardwerk der gesamten Branche – mit Blick nach vorn

„Wir sammeln die Abfälle und bereiten sie zu wertvollen (Sekundär-)Rohstoffen so auf, dass sie für die gewerbliche und industrielle Produktion genutzt werden können. Ohne Raubbau an der Natur und klimafreundlich.“ Mit diesem Satz lassen sich Aufgabe und Ziel der deutschen Abfallwirtschaft zusammenfassen, die am 8. Mai 2018 ihren Statusbericht 2018 veröffentlichte.

Der Bericht – unterzeichnet von BDE, BDSV, bvse, ITAD, PlasticsEurope, VDM, VDMA, VHI und VKU – zeigt auf der Basis umfassender Analysen, wo die Branche heute steht und an welchen Stellen noch Regelungs- und Handlungsbedarf zur Schließung und Optimierung der Stoffkreisläufe besteht.

Ein bedeutender Wirtschaftsfaktor

Die Leistungen, die zur Entsorgung von rund 400 Millionen Tonnen Abfällen und zum Betrieb von rund 15.800 Anlagen notwendig sind, werden durch rund 10.800 Unternehmen der Kreislaufwirtschaft erbracht. Sie erzielt in Deutschland aktuell einen Umsatz von etwa 76 Milliarden Euro (+ 1,1 Prozent pro Jahr) und beschäftigt über 290.000 Erwerbstätige (+ 0,8 Prozent pro Jahr). In der Kreislaufwirtschaft sind bundesweit heute genauso viele Personen beschäftigt wie in der Energiewirtschaft und fast viermal so viele Personen wie in der Wasser und Abwasserwirtschaft. Mit einer Bruttowertschöpfung von rund 21,5 Milliarden Euro (+3,4 Prozent pro Jahr) ist die Branche zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden.
„Vor nicht allzu langer Zeit haben sich die Leistungen der Abfallwirtschaft noch auf das Sammeln, Transportieren und Deponieren von Abfällen konzentriert. Heute ist die Kreislaufwirtschaft ein System unterschiedlichster und aufeinander abgestimmter Anlagen, Technologien und Dienstleistungen mit vielen Wertschöpfungsstufen“, kommentierte der Verband kommunaler Unternehmen.

Diese Leistungen zeigt der Statusbericht in ausführlicher Weise, indem er nicht nur die Zusammensetzung der in Anlagen behandelten Materialien aufschlüsselt. Sondern indem er auch die verschiedenen Stoffströme aus Haushalten, Industrie und Gewerbe und ihre Entsorgungswege graphisch visualisiert. Indem er Auskünfte über Abfallimporte und -exporte sowie deren Herkunft beziehungsweise Empfänger benennt. Indem er den Park an unterschiedlichen Anlagen zu Sortierung, Aufbereitung und Recycling von Abfällen detailliert vorstellt. Und indem er Verwertungswege und Kreislaufführung von Abfallstoffen – von Altpapier und Kunststoffen über Fe- und NE-Metalle bis hin zu Altfahrzeugen, Mineralikabfällen, Klärschlamm Gefahrstoffen – im Einzelnen darlegt.

Mit der Konkurrenz mithalten

BDE-Präsident Peter Kurth bezeichnet den Statusbericht als „Standardwerk der gesamten Branche“. Denn der Bericht macht deutlich, dass und warum die innen- und außenwirtschaftliche Bedeutung der Kreislaufwirtschaft seit Jahren stetig steigt. Und dass zunehmend spezialisierte Arbeitsteilungen, kontinuierlich steigende Standards für die Kreislaufführung von Rohstoffen und die dafür notwendige Entwicklung von Technologien die Basis für eine dynamische Entwicklung der gesamten Branche liefern.

„Die komplexer werdende Zusammensetzung moderner Produkte erhöht den technologischen Aufwand für das Recycling“, heißt es im Bericht. Der unterstreicht, dass sich Deutschland „einer zunehmenden Konkurrenz aus China, den Vereinigten Staaten und Japan ausgerechnet in den Technologiebereichen gegenübersieht, die heute große Exportvolumina aufweisen“. Ein eigenes Kapitel zu Kreislaufwirtschaft 4.0 zeigt an Beispielen, welche Anstrengungen in Forschung und Wissenschaft auf der Suche nach neuen Technologien und Patenten unternommen werden müssen, um mit der internationalen Konkurrenz mitzuhalten.

Es fehlt die Entschlossenheit

Mit einem Blick auf die Zukunftsaufgaben der Kreislaufwirtschaft hinsichtlich Klimawandel endet der Statusbericht, doch nicht ohne auf zukünftige Notwendigkeiten hinzuweisen, damit gleichermaßen ein wachsender Absatzmarkt für die steigende Menge an Wertstoffen und Rezyklaten geschaffen und der Qualität von Wertstoffen und Rezyklaten Vorrang vor der reinen Quantität eingeräumt wird. Als Ergebnis des Dokuments wie auch Ausblick für die Branche spricht sich der Bericht aus für die Erarbeitung einer nationalen Rohstoffstrategie, die Einführung einer Substitutionsrate und ein stärkeres Engagement von Behörden beim Green Public Procurement. „Die öffentliche Hand muss viel stärker als bisher auf Recyclingprodukte setzen. Da fehlt die Entschlossenheit, die notwendig ist. Bund und Länder könnten ihre enorme Nachfragemacht nutzen und durch ihre Vorreiterrolle einen entscheidenden Anstoß geben“, fordert bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock.

Und VDM-Hauptgeschäftsführer Ralf Schmitz fügt hinzu: „Insbesondere was die Technik betrifft, können wir in Deutschland noch ein wenig optimieren. Das Stichwort Digitalisierung muss hier ebenso genannt werden wie Produktdesign. Die Materialen werden komplexer und die Geräte immer kleiner, deshalb ist ein sinnvolles Produktdesign ebenso wichtig wie eine Kennzeichnung der darin verbauten Stoffe.“

Verwertung grenzüberschreitend nutzen

Planungs- und Investitionssicherheit ist laut Statusbericht nur mit klaren, angemessenen Rahmenbedingungen und eindeutigen Zielsetzungen machbar. Mit den Worten von BDE-Präsident Kurth steht daher „auch die Politik in der Pflicht, nicht nur vernünftige gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, sondern auch für einen klaren Vollzug zu sorgen. Ebenso sind nationale Alleingänge bei Lösungen auf Produzentenseite nicht zielführend.“ Zu internationalen Maßnahmen zählt die notwendige EU-weite Einstellung der Deponierung: Die Verlängerung der europäischen Deponielaufzeiten bis zum Jahr 2040 sei kein gutes Signal gewesen. Ohnehin sollte auf europäischer Ebene stärker auf Kooperation gesetzt werden: Es müsse im nächsten Schritt darum gehen, „die hochwertigen Anlagen zur stofflichen und energetischen Verwertung in Europa grenzüberschreitend so lange zu nutzen, bis überall funktionierende und hochwertige Infrastrukturen geschaffen worden sind“, heißt es in dem Papier.

„Die (deutsche) Kreislaufwirtschaft ist eine Branche mit internationaler Ausstrahlung“, fasst der Bericht zusammen. Naemi Denz, Geschäftsführerin des VDMA Abfall- und Recyclingtechnik, warnte jedoch anlässlich der Vorstellung des Statusberichts in Berlin: „Deutschland droht die Weltmarktführung in der Recyclingtechnik zu verlieren.“ Eric Rehbock formulierte die Aussichten anders: „Im europäischen und internationalen Vergleich haben wir eine starke Recyclingindustrie in Deutschland. Das reicht aber nicht mehr.“

Der „Statusbericht 2018. Einblicke und Aussichten“ steht unter anderem unter www.bvse.de/images/pdf/Nachrichten_2018/Statusbericht_2018_Ansicht_und_Druck.pdf zur Verfügung.

(EU-Recycling 06/2018, Seite 18)

 

Anzeige