Näher am Markt – Lefort gründet Tochterunternehmen in Deutschland

Anders als in den Benelux-Ländern, Frankreich, Großbritannien, Kanada oder den USA zählt der belgische Hersteller von Schrottscheren und -pressen in Deutschland nicht zu den großen Marktteilnehmern. Das soll sich ändern. Lefort ist zuversichtlich, dass das Konzept der eigenen Tochtergesellschaften auch im deutschsprachigen Raum aufgeht. EU-Recycling hat das Unternehmen auf der IFAT 2018 in München besucht.

Lefort hat schon viel bewegt in der Branche. Seit über 70 Jahren steht der Name für innovative Anwenderlösungen im Metallrecycling. 1947 von Nestor Lefort in Gosselies, Belgien gegründet, entwickelte sich das mittelständische Familienunternehmen unter der Leitung von Yvon Lefort (1962 bis 1998 Geschäftsführer) und dessen Sohn Christian (seit 1998 Geschäftsführer) zu einem weltweit führenden Hersteller von Schrottscheren und -pressen, Verdichtungssystemen, Shreddern. Und die vierte Generation übernimmt bereits Verantwortung für den alteingesessenen Betrieb und seine Mitarbeiter. Denn das ist der Stolz der Inhaberfamilie Lefort und der Maßstab für höchste Qualität: das Werk am Stammsitz in Gosselies. Alle Maschinen werden ausschließlich dort gefertigt.

Was das Werk dabei besonders auszeichnet, ist die Fertigungstiefe – eine vollintegrierte Fertigung von der technischen Planung bis zur Auslieferung. Die Komponenten für die Scheren und Pressen werden zu 85 Prozent selbst hergestellt, darunter die hydraulischen Zylinder der kundenspezifischen Maschinen und Anlagen. „Das hat bei Lefort Tradition“, erläuterte Peter Wilbert, Geschäftsführer Lefort Deutschland GmbH i. G., im Gespräch mit EU-Recycling auf der IFAT 2018 am 16. Mai in München, anlässlich der Gründung der Tochtergesellschaft. „Lefort war zunächst eine einfache Schlosserwerkstatt, die sich auf die Wartung und Fertigung von hydraulischen Maschinen spezialisierte. Der Qualitätsanspruch und die Qualitätssicherung sind sehr ausgeprägt im Unternehmen. Jede Maschine im Portfolio wird vor der Auslieferung ab Werk an den Kunden auf Herz und Nieren getestet. Lefort ist zudem nach DIN ISO 9001 zertifiziert.“

Die Anforderungen besser bedienen

Auf der IFAT 2018 stellte Lefort eine Schrottschere Typ .Trax 600 vor (Foto: Lefort)

Die Gründung von Lefort Deutschland wird als „wichtiger Meilenstein in der Entwicklung des Unternehmens“ und „große Chance“ gesehen, sich im „europäischen Wirtschaftsraum Nummer 1“ stärker zu positionieren. Beim Besuch des IFAT-Messestandes von Lefort äußerte Marketing Manager Olivier Lefèvre, dass dadurch die Anforderungen der deutschen Kunden in der Schrottrecyclingindustrie besser bedient werden können. Etwa 20 Millionen Tonnen Metallschrott werden jedes Jahr in der Bundesrepublik recycelt. Lefort Deutschland wird Lefèvre zufolge das Geschäft mit Neumaschinen sowie das Ersatz-, Verschleißteil- und Servicegeschäft der gesamten Produktlinie des belgischen Herstellers verantworten. Mit Peter Wilbert als Geschäftsführer und Thomas Ressel als Vertriebsleiter konnten zudem zwei Experten aus der Recyclingszene gewonnen werden. Wilbert und Ressel bringen beide gut 30 Jahre Erfahrung bei namhaften Branchenakteuren mit und kennen sich mit Konzernstrukturen aus. Ein inhabergeführtes Familienunternehmen, das wachsen will, kann von diesem Wissen profitieren, ist Peter Wilbert überzeugt. Die Firmierung der deutschen Tochter ist allerdings noch nicht abgeschlossen. „Wir sind frisch am Start und müssen noch einigen Papierkram erledigen“, denn eine Unternehmensgründung in Deutschland kann drei und mehr Monate dauern. „Der Handelsregistereintrag wird möglicherweise erst im August erfolgen.“

Den Marktzugang selber enger bekommen

Bislang war Lefort in Deutschland durch ein ebenfalls in Belgien ansässiges Unternehmen vertreten. Das erwies sich als problematisch, um im Markt Fuß zu fassen. So war der Hersteller über die reale Kunden-Zufriedenheit mit den Produkt- und Serviceleistungen nur ungenau im Bilde. Diesbezügliche Informationen gelangten oft gefiltert an Lefort, weshalb das Unternehmen den Marktzugang jetzt selber direkter und ohne Vertretungen angehen will, wie es heißt. „Lefort Deutschland wird im deutschsprachigen Raum präsent sein und zum Teil auch Kunden in Österreich und in der deutschsprachigen Schweiz sowie Lichtenstein bedienen. Die Kunden betreut jetzt direkt ein Team von der Muttergesellschaft, die dann aus erster Hand Informationen erhält: „Wie tickt der Markt? Welche Trends und Einflüsse auf das Portfolio gibt es? Wo muss was wie verbessert werden?“, skizziert Peter Wilbert die Unternehmensstrategie. „Marktnäher agieren zu können, das ist im Wesentlichen die Intention. Und der Haupthintergrund: die Integration des Vertriebs in das Stammwerk.“

Wilbert spricht hier vom Konzept der eigenen Tochtergesellschaften, das erstmals 2002 in England und später auch in Frankreich, den USA sowie in ähnlicher Konstellation in Spanien erfolgreich umgesetzt wurde und auch eine enge Kooperation mit technischen Universitäten und Forschungseinrichtungen, Industrie- und Handelskammern und nicht zuletzt Verbänden enthält. Lefort UK, die „älteste Tochter“ mit Sitz in Bracknell, war 20 Jahre lang zuvor eine Vertretung für Maschinen des Herstellers, die dann übernommen wurde.

Auf kurzem Wege

Peter Wilbert weiß von einer mittleren zweistelligen Anzahl verkaufter Maschinen des Herstellers, die in der deutschen Schrottrecyclingindustrie eingesetzt werden. Doch anders als in mehreren europäischen und amerikanischen Ländern zählt Lefort in Deutschland nicht zu den großen Marktteilnehmern. Das soll sich ändern, und der Geschäftsführer von Lefort Deutschland GmbH i.G. ist zuversichtlich, dass das Konzept der eigenen Tochtergesellschaften auch im deutschsprachigen Raum aufgeht: „Wir werden zeigen, dass Lefort hochwertige und zuverlässige Maschinen produziert, die einen Vergleich mit Wettbewerbsmaschinen nicht scheuen müssen.“ Voraussichtlich im September 2018 wird Lefort ein neues Scheren-Modell herausbringen. Und bis dahin soll der neue Standort Mülheim an der Ruhr bezogen sein. „Wir haben einen Bürobereich angemietet und ein Lager, um auf kurzem Wege den Kunden Ersatzteile anbieten zu können“, freuen sich Peter Wilbert und Thomas Ressel auf spannende Aufgaben im Produktvertrieb und After Sales Service. Fünf bis sechs Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Bereichen werden sich anfangs in Mülheim an der Ruhr einrichten und dann auch im Außendienst unterwegs sein. Das Lefort-Werk in Gosselies ist in rund zweieinhalb Fahrstunden zu erreichen. Für die Lieferung von Scheren, Pressen, Shreddern, Ersatz- und Verschleißteilen innerhalb der DACH-Region ist diese Entfernung unerheblich. Und nicht nur in Deutschland wird ein Standort vorbereitet: Auch Italien ist für Lefort ein wichtiger Markt.

Von links: Gerard Niermann (Managing Director Recuperma B.V. – vertritt Lefort in Belgien/Flandern, Niederlanden, Skandinavien), Mart Verdonk (Sales Manager NL), Olivier Lefèvre (Commercial Director Lefort), Peter Wilbert (Geschäftsführer Lefort Deutschland GmbH i. G.) und Thomas Ressel (Vertriebsleiter Lefort Deutschland) – Foto: Melanie Stangl

Was das Sortiment umfasst

Lefort ist in der Recyclingindustrie vor allem für seine Guillotine-Schrottscheren bekannt. Das entsprechende Sortiment umfasst hier mobile, stationäre und portable Maschinen mit einer Scherkraft von bis zu 1.000 Tonnen. Bei den stationären Versionen der Schwerbaureihe beträgt die Scherkraft bis zu 2.000 Tonnen. In der Ausführung mit patentiertem Pressdeckelsystem (TS Box) und einer Scherkraft von 1.400 Tonnen wird der Schrott zuerst mittels zwei kräftig dimensionierter, gewölbter Deckeln vorverdichtet, bevor dieser mit dem Scherenkopf abgelängt – so der Fachbegriff – oder zu einem Ballen weiterverdichtet wird. Die Modelle der Serie Midway und der Schwerbaureihe von Lefort sind auch mit einer Verdichtung mittels Seitendruckkorb erhältlich.

Auch die Schrottpressen im Angebot des Herstellers erweisen sich als besonders leistungsfähige und robuste Maschinen, die mit einem Beladungskran und Fernbedienung ausgerüstet werden können und eine große Anzahl Pakete mit hoher Pressdichte produzieren. Optional werden die Pressen mit einem oder mit zwei Presszylinder geliefert. Lefort investiert außerdem in die Entwicklung von innovativen Shreddern, die komplexe Materialverbunde auftrennen können, und will zukünftig auch mit Partnern in das Geschäftsfeld „Komplette Anlagenlösungen“ – mit nachgeschalteter Sortier- und Separationstechnologie – einsteigen. Die ersten Shredder der Serie MTP in verschiedenen Größen wurden bereits ausgeliefert. Eine Vorführmaschine steht im Werk Gosselies interessierten Kunden zur Verfügung. Dort gibt es auch einen kleinen Schrottplatz zu Testzwecken, wie überhaupt alle Maschinen im Angebot ausprobiert werden können.

www.lefort.com

(EU-Recycling 07/2018, Seite 18)