Die ICBR-Länderreports 2018

Im Mittelpunkt standen das Batterierecycling im Vereinigten Königreich, den USA, Australien, Norwegen und Finnland.

Wie David Reynolds vom britischen Entsorgungsunternehmen WasteCare Group Ltd. berichtete, verfehlte das Vereinigte Königreich 2017 bei einer Quote von 44,89 Prozent (17.471 Tonnen) erneut seine Batterierecyclingziele – obwohl in Summe mehr Altbatterien gesammelt und einer Verwertung zugeführt wurden als in 2016: 17.252 Tonnen. Nach einem steilen Anstieg in den Jahren 2010 bis 2013 und dann noch mal im Jahr 2015 auf nahezu 11.000 Tonnen sind seitdem die Verwertungsquoten von Bleisäurebatterien wieder rückläufig.

Was dabei unstimmig und widersprüchlich ist: Die Statistik für den Zeitraum 2010 bis 2017 weist bei Bleisäurebatterien fünffach so hohe Recyclingmengen aus, als überhaupt im Markt verfügbar waren. So waren 2017 rund 1.800 Tonnen Bleisäurebatterien im Markt, recycelt wurden aber nahezu 9.000 Tonnen. Auffällig ist auch, dass 2016 deutlich mehr andere Batteriearten recycelt wurden als in den Vorjahren – über 7.500 Tonnen. Zum Vergleich: 2014 waren es etwa 3.000 Tonnen. 2017 ist dieser Anteil dann wieder auf 7.000 Tonnen gesunken. Bei Nickel-Cadmium-Batterien zeigt die Recyclingquote seit 2013 zwar nach oben, ist aber im Verhältnis zu anderen Batterien viel niedriger. 2017 wurden im Vereinigten Königreich circa 1.000 Tonnen Nickel-Cadmium-Batterien recycelt.

Als mögliche Gründe für diese „Diskrepanzen“ führte der Referent an, dass sogenannte Trittbrettfahrer-Produzenten (engl. free rider producer) in den Markt gebrachte Batterien nicht deklarieren. In der Wirtschaft spricht man von einem Trittbrettfahrerproblem (free rider problem), wenn Wirtschaftseinheiten den Nutzen eines Gutes ohne Gegenleistung erlangen (Wikipedia). Importierte Bleisäure-Altbatterien für das Recycling werden außerdem oft als im Land anfallende Abfälle angegeben und von der Statistik erfasst. Ähnlich wie in Deutschland wird auch im Vereinigten Königreich der Recycling-Input als Recycling-Output gezählt, was im Ergebnis die Recyclingquoten verfälscht.

USA: Markt im Umbruch

Todd R. Coy vertrat das Unternehmen Kinsbursky Brothers (KBI) Inc./Retriev Technologies, einer der ersten Batterierecycler in Nordamerika mit Hauptsitz in Anaheim, Kalifornien und zahlreichen Niederlassungen auf dem Kontinent. Bereits 2002 installierte KBI in Trail im kanadischen Bundesstaat British Columbia eine innovative Aufbereitungsanlage für Lithium-Ionen-Batterien; weitere folgten. Zur Anwendung kommen mechanische, hydrometallurgische und pyrometallurgische Verfahren. Die Zerkleinerung der Batterien findet in einer speziellen, gefluteten Kammer statt. Dafür müssen die Batterien nicht vollständig entladen sein. Die Materialkomponenten werden dann im weiteren Aufbereitungsprozess mittels optischen Sortiersystemen separiert.

Spezialisiert ist das Unternehmen auch auf das Recycling von Alkali-Mangan-Zellen; die patentierte Retriev-Technologie liefert ein Mangandioxid-Rohmaterial. Die Rückgewinnung von Zink, Stahl und NE-Metallen liegt den Angaben nach bei über 90 Prozent. Wie Todd R. Coy außerdem informierte, steht bei US-Batterierecyclern die Rückgewinnung von Kobalt aus Altbatterien sehr hoch im Kurs. Denn Primärkobalt ist ein Konfliktrohstoff und obliegt Handelsbeschränkungen. US-Unternehmen, die ein als Konfliktrohstoff eingestuftes Mineral einsetzen und verwenden, müssen nach dem Dodd-Frank Act einen gesonderten Bericht über die Herkunft abliefern. Der weltweit größte Produzent von Kobalt und Hochrisikogebiet ist die Demokratische Republik Kongo. Die Kobalt-Förderung findet dort vielfach illegal und außerhalb staatlicher Kontrolle statt, etwa durch Rebellen oder Milizen. Für die Gewinnung werden Menschen- und Völkerrechte verletzt.

Nach einer Studie der Organisationen Battery Council International (BCI) und Essential Energy Everyday, die der Experte zitierte, beträgt die Recyclingquote von Bleisäurebatterien in den USA 99,3 Prozent – ein Wert, der stark übertrieben und hochgegriffen scheint und – mehr noch – zu bezweifeln ist, da bekanntlich das Abfalltrennverhalten in der US-Bevölkerung und das Recycling allgemein in den Vereinigten Staaten im Vergleich zu Europa rückständig ist und hinterher hinkt. Todd R. Coy hielt dem entgegen, dass die Industrie in geschlossene Kreislauf-Sammel- und Recyclingsysteme investiere und dadurch jährlich bis zu 1,7 Millionen Tonnen Altbatterien nicht länger auf Deponien verbracht würden.

Den Batteriemarkt beschrieb Coy als einen Markt im Umbruch, in den neue Akteure hinein drängen. So wachse im aufstrebenden Elektromobilitätssektor die Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien mit hoher Reichweite, die neue Anforderungen an die Behandlung als Abfall und an das spätere Recycling stellten. Gesetze und Regularien über den Umgang mit Lithium-Ionen-Batterien wurden bereits geändert und verschärft und fordern Lösungen zur sicheren Lagerung sowie für den Transport. Überhaupt folgen immer mehr US-Bundesstaaten dem Beispiel Kaliforniens und Floridas und fördern eine fortschrittliche Entwicklung bei Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz, Erneuerbaren Energien und Kreislaufwirtschaft.

Australien: Geteilte Verantwortung als Modell

Der Länderreport von Libby Chaplin (Australian Battery Recycling Initiative) und Nick Florin (Institute for Sustainable Futures, University of Technology Sydney) machte deutlich, dass moderne Abfallbehandlung, -entsorgung und Recycling in Australien noch in den Kinderschuhen stecken und das Land speziell beim Batterie­recycling am Anfang steht. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Down Under nur rund 25 Millionen Einwohner zählt und sehr dünn besiedelt ist: Auf einen Quadratkilometer kommen statistisch drei Einwohner (Stand: 2017), weshalb die Einrichtung von Entsorgungssystemen eine Frage der Wirtschaftlichkeit und daher nicht einfach zu realisieren ist.

Ein Zukunftsszenario sieht das Recycling von heute verwendeten Batterien in Elektroautos und Energiespeichersystemen im Jahr 2050 bei einer Recyclingrate von 90 Prozent angekommen und bei Solarmodulen (mit einer Laufzeit von 30 Jahren) beispielsweise bei 80 Prozent. Gegenwärtig liegt die Recyclingrate bei WEEE schätzungsweise bei drei Prozent. Dabei boomt der Photovoltaikmarkt, haben immer mehr Haushalte in Australien eine Solaranlage zur Energieerzeugung auf dem Dach. Mehrere Gesetze, die zwischen 2013 und 2017 verabschiedet wurden, regeln mittlerweile den Umgang mit WEEE, gefährlichen Abfällen sowie Lithium-Ionen-Batterien und nehmen hier auch die Hersteller in die Produktverantwortung. An der Umsetzung mangelt es jedoch, gibt es kaum wirksame Kontrollmechanismen und werden WEEE und Altbatterien zur Entsorgung mengenmäßig nur unzureichend erfasst. Regelmäßig erhobene Daten über Aufkommen und Stoffstromwege, um verlässliche Aussagen zur Entwicklung des Marktes treffen zu können, sind kaum vorhanden.

Als Lösung des Problems – dass künftig mehr Batterien und WEEE ins Recycling gelangen und ein Kreislauf der Wiederverwendung geschaffen wird – schlagen Australian Battery Recycling Initiative und Institute for Sustainable Futures eine Aufteilung der Produktverantwortung zwischen Konsumenten, Systembetreiber, Händlern, Importeuren, Recyclern und der Regierung vor. Über ein eigenes Rücknahmesystem sollten Elektronikgeräte und Batterien grundsätzlich für eine Wiederverwendung aufbereitet werden. Der Verbraucher sollte nach dem Modell nur recycelfähige und wiederverwendbare Produkte kaufen. Der Systembetreiber ist für das Funktionieren des Systems verantwortlich, erhebt Gebühren zur Systemfinanzierung und kümmert sich um das Branding und Marketing. Auch gelte es, Anreize für eine Systembeteiligung zu schaffen.

Die Rücknahme der Batterien und deren Transport zu den Aufbereitungsbetrieben erfolgt über den Händler, der zugleich sicherstellt, dass diese entladen sind. Der Regierung obliegt die Daseinsvorsorge: dass Entsorgungs- und Verwertungsstrukturen vorhanden und finanziert sind. Dazu gibt sie den gesetzlichen Rahmen vor. Der Importeur erfasst importierte Batterien und meldet die Mengen an eine unabhängige Einrichtung, vergleichbar mit der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister in Deutschland. Und der Recycler schließlich ermittelt die Verwertungsquoten: Was kommt bei den Anlagen an, was am Ende des Prozesses raus, welche Materialien werden zerkleinert, sortiert und wie aufbereitet und vermarktet?

Mehr ELV in Norwegen und Finnland

Foto: pixabay

Jarkko Vesa (Not Innovated Here – Laboratory of Creative Destruction) reflektierte auf dem Internationalen Batterierecycling-Kongress (ICBR) in Berlin die Marktentwicklung bei Elektrofahrzeugen (electrical vehicle, ELV) in Norwegen und Finnland, die in beiden Ländern – wenn auch unterschiedlich – sehr dynamisch ist. So hatten im März 2018 in Norwegen Batterie-Elektrofahrzeuge (battery electrical vehicle, BEV) und Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEV, auch Steckdosenhybrid genannt, der Akkumulator kann sowohl über den Verbrennungsmotor als auch am Stromnetz geladen werden) zusammen einen Marktanteil von 64 Prozent – Tendenz weiter steigend (Quelle: Norwegian Electrical Trade Association). Anders der Trend in Finnland, wo mehr gewöhnliche Hybridfahrzeuge (HEV) verkauft werden und im Verkehr sind – rund 39.000 voraussichtlich zum Jahresende 2018. „Nur“ 10.500 PHEV und knapp 2.600 BEV könnten dann landesweit zugelassen sein.

Der Umstieg auf ELV wird in Norwegen und Finnland steuerlich begünstigt. Und Norwegen lockt Privatpersonen und Firmen mit zusätzlichen finanziellen Anreizen und Prämien. Trotz dieses „Hypes“ schätzte Jarkko Vesa die Anzahl der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen aber als noch relativ gering ein, weshalb das Thema Batterierecycling erst frühestens in fünf Jahren relevant werde. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von zwölf Jahren seien die ELV-Verwertungsmengen noch viel zu gering, als dass Investitionen in Anlagentechnik und Infrastrukturen schon jetzt nötig würden. Batterierecycling sei derzeit nicht wirtschaftlich. Die Recyclingkosten pro Kilogramm Lithium-Ionen-Batterien veranschlagte der Referent mit zwei Euro und pro Kilogramm Nickel-Metallhydrid-Akkumulatoren mit 0,50 Euro.

Foto: O. Kürth

(EU-Recycling 11/2018, Seite 28)

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