Demontage und Recycling von Windenergieanlagen: RDRWind wirbt für Netzwerke

Derzeit sind in Deutschland mehr als 27.000 Windenergieanlagen in Betrieb. Diese Zahl wird sich in den nächsten Jahren deutlich verringern, da die Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz Ende 2020 für viele Anlagen ausläuft. Wie werden die Windpark-Betreiber darauf reagieren?

Für mindestens 5.200 Windenergieanlagen endet die Förderung an Silvester 2020, und auf rund 8.000 Windenergieanlagen wird das bis Ende 2025 ebenfalls zutreffen. Eine Schätzung des Beratungsunternehmens Deutsche WindGuard Anlagen geht davon aus, dass damit rund vier Gigawatt aus der Förderung fallen. Die Betreiber sehen sich dann gezwungen, erneut zu kalkulieren: Sie können – erstens – ihre Anlage weiter betreiben und den Strom an der Börse vermarkten, können – zweitens – ihre Anlage repowern, also durch ein effizienteres Equipment ersetzen, oder können – drittens – die Anlage verschrotten.

Standardmäßig werden Windenergieanlagen komplett an Ort und Stelle demontiert, Rotorblätter zersägt und zerkleinert. Das Kupfer aus den Elektroelementen der Gondel lässt sich recyceln. Die stählernen oberen Segmente des Turms werden aufgetrennt und weiterverarbeitet. Beton aus Fundament und Turm findet geschreddert im Straßenbau Verwendung. Und Komponenten wie Getriebe oder Schaltschränke werden aufbereitet und als Ersatzteile verkauft.

Rückbau am Standort: wenig effizient

Den kompletten Rückbau an Ort und Stelle zu erledigen, ist jedoch wenig effizient. Schließlich muss die gesamte Infrastruktur auf die grüne Wiese gebracht werden und ist dort nicht immer optimal ausgelastet. Das macht die Demontage derzeit aufwändig und teuer: Der Abbau einer einzigen Windenergieanlage per Kran dauert gut zwei Wochen, summiert sich mit Vorbereitung und Weiterverarbeitung auf rund 1,5 Monate und schlug bereits 2016 mit 25.000 Euro zu Buche, die Einnahmen aus dem Verkauf der Rohstoffe schon mitgerechnet, meldete das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gGmbH in seinem damaligen Jahresbericht. Alternativ könnten die Einzelteile in Demontagefabriken transportiert und dort demontiert, zerlegt, geschreddert, aufbereitet und recycelt werden – vorausgesetzt, es besteht ein Netzwerk solcher Einrichtungen. Vor der Demontage muss demnach abgewogen werden, in welchem Umfang sie am Standort der Windkraftanlage und in welchem Umfang der Abtransport von Einzelteilen zu einer Demontagefabrik stattfinden soll. Dabei kommt es insbesondere auf die optimale Demontagetiefe an. Werden beispielsweise die Turmsegmente unbearbeitet zur Demontagefabrik gebracht, entstehen hohe Transportkosten. Werden sie dagegen vollständig am Standort zerkleinert, dann fallen hohe Personal- und Maschinenkosten an.

Grob zerlegen – spezialisiert demontieren

In einem DFG-Projekt zu „DemoNetXXL – Demontagenetzwerke für XXL-Produkte“ untersuchten Forscher, inwieweit es sinnvoll ist, Altanlagen am Standort nur grob zu zerlegen und die Einzelteile in spezialisierte Demontagefabriken zu bringen – beispielsweise zu Recyclingunternehmen oder auf Schrottplätze, wo das Material zerkleinert und verwertet werden kann. Bei diesem Ansatz würden zwar die Kosten für den Abtransport von Turmsegmenten, Gondel oder Stahlteilen steigen. Dafür sinken jedoch die Baustellenkosten, weil hier weniger Maschinen und Personal benötigt werden. In Netzwerken aus mehreren spezialisierten Demontagefabriken ließen sich Altanlagen kostengünstig und schnell demontieren, vermuteten die Wissenschaftler.

Verbindliche Standards zum Rückbau

Im Rahmen des Projektes entwickelte Martin Westbomke, Projektingenieur am IPH, ein mathematisches Wirkmodell, um einen zeit- und damit auch kosteneffizienten Rückbau zu ermöglichen und zugleich die Umweltbelastung zu reduzieren. Zeitgleich bildete sich in den letzten drei Jahren ein Netzwerk aus Repowering- und Demontage-Experten, die Handlungsempfehlungen für den Rückbauprozess entwickelten. Nach Abschluss des Forschungsprojektes schlossen sich am 7. Dezember 2018 zehn der beteiligten Unternehmen zur Industrievereinigung Repowering, Demontage und Recycling von Windenergieanlagen (RDRWind e.V.) zusammen, um den branchenübergreifenden Austausch zu fördern.

„Unser Ziel ist es, erstmalig verbindliche Standards für den nachhaltigen Rückbau der Windriesen zu erarbeiten“, erklärt Martin Westbomke, erster Vorsitzender des Vereins. Die RDRWind versteht sich als fokussierte Plattform für die Projektentwickler, Wartungs- und Serviceunternehmen, Demontage- und Recyclingunternehmen und Dienstleister, die in der Windenergiebranche tätig sind – mit Blick auf Kreislaufwirtschaft, Gesundheit, Sicherheit und Umwelt. Der Verein verfolgt für 2019 das Ziel, das vorhandene Wissen und die praktischen Erfahrungen in Kooperation mit weiteren Verbänden und Unternehmen zu einem neuen DIN-Standard für eine nachhaltige Demontage von Windkraftanlagen zusammenzuführen.

Die neue Industrievereinigung RDRWind e.V. ist offen für interessierte Unternehmen. Eine Anmeldung ist unter (0511) 279 76-447 oder per Mail an westbomke@iph-hannover.de möglich.

Foto: pixabay

(EU-Recycling 03/2019, Seite 11)