Wiedergewinnung von Superlegierungsschrotten – das etwas andere Recycling

Immer komplexere Materialverbunde machen alternative Verfahren notwendig, um ein mögliches Downcycling zu verhindern.

Superlegierungen definieren sich durch Hochtemperaturfestigkeit und Oxidationsbeständigkeit, die oberhalb der Schmelzpunkte der eingesetzten Metalle liegt. Daher eignen sie sich für Gasturbinen, Flugzeug- und Raketentriebwerke, Chemie- und Mineralölanlagen sowie Warmarbeitswerkzeuge. Sie behalten auch nach langen Nutzungszeiten bei Temperaturen von über 650 und teilweise über 1.000 °C – je nach Legierung – ihre Eigenschaften. Das macht auch ihr Recycling sinnvoll, zumal damit die für Primärmaterialien verlangten Prämien über Börsennotierung ebenso wie dortige Abschläge für Schrotte meist entfallen. Die Besonderheiten beim Recycling dieser Legierungen erläuterte Dr. Joachim Lüning von der Betriebsleitung Metallurgie und Qualitätswesen der Siegfried Jacob Metallurgie GmbH & Co. KG auf der letzten Berliner Recycling- und Rohstoff-Konferenz.

Im Wesentlichen setzen sich Superlegierungen je nach Verwendung aus Eisen, Nickel, Kobalt, Chrom und Molybdän unter Zusatz von Aluminium, Titan, Niob, Wolfram, Tantal und Hafnium zusammen. Da die Einsatztemperatur dieser Stoffe kleiner/gleich 40 Prozent ihrem Schmelzpunkt ist, erlauben allerdings lediglich Refraktärmetalle wie Molybdän, Tantal oder Wolfam die Verwendung bei Temperaturen über 1.000 °C. Als Superlegierung werden Legierungen bezeichnet, die auch bei Temperaturen oberhalb von 70 Prozent der Schmelztemperatur einsetzbar sind. So sind bis etwa 500 °C Aluminium-Legierungen und -Verbundwerkstoffe sowie konventionelle Titan-Legierungen sowie -Verbundstoffe üblich, werden bis etwa 1.000 °C konventionelle Superlegierungen und y-Titan-Aluminium-Basislegierungen verwendet, während ab 1.000 °C Einkristalle, ausscheidungsgehärtete Superlegierungen sowie abnehmend Hochtemperatur-Metalle und zunehmend Keramik und Graphit zur Stärkung der Oxidationsbeständigkeit zum Einsatz kommen. Von den vielfältigen Schrottsorten, die bei der Herstellung von Superlegierungen anfallen, kann ein großer Teil direkt als Kreislaufschrott wieder eingesetzt werden. Produktionsschrott, der beim Schmieden, Walzen, Drehen und Fräsen oder Gießen entsteht, muss einer qualitätsgesicherten Sortierung und Aufbereitung unterzogen werden, um wieder Verwendung im Schmelzbetrieb zu finden; hierzu besteht ein geschlossener Kreislauf zwischen Schmelzen, Legierungs-Herstellern und Schrottaufbereitern. Bei Revisionen und Abbrüchen anfallende Altschrotte bedürfen einer besonderen Analytik und mechanischen Bearbeitung, um Sortenreinheit zu erreichen. Neben diesen pyrometallurgischen Vorgehensweisen werden seit Jahrzehnten hydrometallurgische Behandlungsmethoden angewandt. Allerdings sind letztere sehr aufwändig, kostenintensiv und nur bei der Gewinnung von Rhenium, Tantal oder Platin wirtschaftlich.

Verfahren zur Qualitätsbestimmung

Zur Qualitätsbestimmung der in den Superlegierungen enthaltenen Materialien an Ort und Stelle sind im Wesentlichen drei Verfahren in Gebrauch: die optische Emissions-Spektroskopie (OES), die Stoffe ab Lithium aufwärts messen kann, jedoch lange Messzeiten benötigt; die Röntgenfluoreszenz-Spektroskopie (RFA), die das Objekt völlig zerstörungsfrei untersucht, aber einen Strahlenschutzbeauftragten erforderlich macht; und die laserinduzierte Plasma-Spektroskopie (LIPS), die sich durch äußerst kurze Messzeiten auszeichnet, aber eine ruhige Hand voraussetzt. Für OES und RFA stehen auch stationäre Verfahren zur Verfügung, machen aber eine aufwändige Vorbereitung zur Analyse notwendig.

Sortenrein und sauber – durch Vakuuminduktionsschmelze

Zu den nassanalytischen Verfahren gehören die Komplexometrie und die Elektrogravimetrie; kombinierte Analysen ermöglichen die Atomabsorptions-Spektroskopie und die optische Emissions-Spektroskopie. Anhand der Messdaten lassen sich Aussagen darüber treffen, inwieweit das Material die Anforderungen an erwünschte Legierungsbestandteile erfüllt und inwieweit ungewollte Nebenbestandteile enthalten sind. Je höher die Anforderungen an die Zusammensetzung der Legierung ausfallen, umso umfassender müssen weitere Spurenelemente analysiert und bestimmt werden. Das eigentliche Recyceln von Superlegierungsschrotten beginnt darin, das Material auf eine bestimmte Kleinstückigkeit zu reduzieren, um es für die Schmelzen in Vakuumöfen kontinuierlich nachfördern zu können. Darüber hinaus dürfen die Schrotte über keinerlei Anhaftungen von Farben, Ölen oder Beschichtungen verfügen. Auch Dreh- und Frässpäne müssen soweit zerkleinert werden, dass sie eine bestimmte Mindestschüttdichte erreichen, und von Öl- und Schmierstoff-Resten durch Zentrifugieren oder sonstige Endreinigung befreit werden, bevor man sie zu zylindrischen Briketts mit hoher Schüttdichte verpresst und wie stückigen Schrott weiterverarbeiten kann. Für Altschrotte, deren Oberflächen durch Oxidation oder Ähnliches verändert wurden, empfiehlt sich eine chemische Reinigung oder eine Behandlung durch Kugelstrahlen.

Anstelle des früheren Vakuumschmelzverfahrens zählt heute die Vakuuminduktionsschmelze zu den häufigsten Bearbeitungsweisen für sortenreine und saubere Superlegierungsschrotte. Für sortenreine, aber qualitativ weniger hochwertige Schrotte empfiehlt sich die Vorschmelze in Induktions- oder Lichtbogenöfen. Die weitere Raffination lässt sich durch ein Elektroschlacke-Umschmelzverfahren erzielen, durch das nichtmetallische Verunreinigungen durch hocherhitzte Schlacke abgeschieden werden. Dem schließt sich häufig eine Vakuum-Lichtbogen-Umschmelze an, mit der sich auf Wunsch weitere unerwünschte Spurenelemente separieren lassen. Als Endprodukt steht der Industrie ein geformtes oder gegossenes Stück Superlegierung zur Verfügung, „dem man nicht mehr ansieht und bei dem es auch analytisch nicht mehr nachweisbar ist, dass es aus Schrott hergestellt wurde“, resümiert Joachim Lüning. Er gibt aber zu bedenken, dass schon heute Legierungs-Altschrotte anfallen, die nicht mehr hergestellt werden und bestenfalls noch für andere Zwecke Verwendung finden. Um dieses mögliche Downcycling immer komplexer werdender Materialien zu verhindern, müssten alternative Verfahren zur Wiedergewinnung entwickelt werden. Ebenso sollten die Recyclingbetriebe neue Wege finden, um die hochreinen Metallpulver von 3D-Drucken oder Sintern rückzugewinnen und damit den Verbrauch von Primärmetallen reduzieren zu können.

Der vollständige Artikel ist nachzulesen im neuen Tagungsband Recycling und Rohstoffe, Band 12, hrsg. von Stephanie Thiel, Olaf Holm, Elisabeth Thomè-Kozmiensky, Daniel Goldmann und Bernd Friedrich, Neuruppin 2019, ISBN 978-3-944310-46-6.

Foto: Rigaku Analytical Devices

(EU-Recycling 06/2019, Seite 14)

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