Eisenhüttenschlacken im Verkehrsbau und in Bauprodukten

Auf dem diesjährigen bvse-Mineraliktag in Hamburg stellte Thomas Reiche vom FEhS-Institut für Baustoff-Forschung e.V. Einsatzmöglichkeiten von Sekundärprodukten aus der Erzverhüttung vor. Und erläuterte, welchen Beitrag Bau­stoffe aus der Stahlindustrie für Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung leisten.

Nach den Ausführungen von Thomas Reiche sind Hüttensand, Hochofenstück- und Stahlwerksschlacke als metallurgische Nebenprodukte natürlichen magmatischen Gesteinen hinsichtlich Entstehung und Zusammensetzung sehr ähnlich und verfügen über sehr homogene technologische Eigenschaften. Die Qualität schlackenbasierter Produkte ist hervorragend. Von weltweit 567 Millionen Tonnen erzeugter Eisenhüttenschlacken in 2015 wurden mehr als 90 Prozent in Bauprodukten wie Zement und Beton und als Gesteinskörnungen für den Verkehrbau sowie für Düngemittel verwendet. Bei fachgerechtem Einsatz sind Eisenhüttenschlacken für Böden, Wasser und Luft unbedenklich und damit umweltverträglich. Vor allem bei der Herstellung von Zement wird weniger Kohlenstoffdioxid ausgestoßen. Laut Reiche werden die spezifischen CO2-Emissionen sogar halbiert. Die Verwendung von Eisenhüttenschlacken spart nicht zuletzt Primärressourcen wie Naturstein und Sand ein.

Substitution mineralischer Ressourcen

Für industriell hergestellte Gesteinskörnungen außer kristalliner Hochofenstückschlacke, Hüttensand und Schmelzkammergranulat muss die Umweltverträglichkeit mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung nachgewiesen sein. Die kristallinen und inerten Eisenhüttenschlacken (Hochofenschlacke, LD-Schlacke, Elektroofenschlacke) werden klassisch im Straßen-, Gleis-, Wasser- und Erdbau eingesetzt. Glasiger Hüttensand oder Hüttensandmehl ist durch seinen Kalziumgehalt reaktiver (latent-hydraulisch) und erlaubt im Hinblick auf den früheren Festigkeitsbeitrag höhere Dosierungen. Er führt im Festbeton ebenfalls zu einer besseren Dauerhaftigkeit gegenüber dem Angriff aggressiver Medien. Beide Stoffe bieten die Möglichkeit, im Zement und Beton die Menge an Portlandzementklinker zu reduzieren. Dieser Aspekt bekommt vor dem Hintergrund der angestrebten CO2-Reduzierung zunehmende Bedeutung. Um die Zementeigenschaften zu verbessern, wird Hüttensand zusammen mit Flugasche eingesetzt.

2017 wurden in Deutschland rund 13,1 Millionen Tonnen Eisenhüttenschlacken erzeugt. 7,78 Millionen Tonnen wurden überwiegend in der Zementindustrie (90,1 Prozent) und im Straßenbau (9,9 Prozent) eingesetzt. Von den übrigen 5,36 Millionen Tonnen gingen 51,8 Prozent in die Baustoffherstellung und 7,5 Prozent in die Düngemittelproduktion. Zu 13,6 Prozent wurden Eisenhüttenschlacken für Kreislaufstoffe verwendet, 10,8 Prozent landeten auf Deponien und 16,3 Prozent in Zwischenlager. Im Zeitraum 1948 bis 2017 substituierten Eisenhüttenschlacken 610 Millionen Tonnen Natursteine im Straßenbau, 345 Millionen Tonnen Kalk, Ton, Sand (Portlandzementklinker) in der Zementherstellung und 85 Millionen Tonnen Naturkalkdüngemittel. Hüttensand-haltige Zemente liegen in Deutschland mit einem Marktanteil von 43 Prozent (2017) mittlerweile deutlich vor primärrohstoffbasierten Portlandzementen mit 28 Prozent.

Hoch tragfähig und unempfindlich

Wie Reiche auf dem bvse-Mineraliktag in Hamburg weiter ausführte, sind Eisenhüttenschlacken nach den technischen Regelwerken gleichberechtigt verwendbar. Die bautechnischen Kennwerte sind mit denen von Naturgestein mindestens vergleichbar. Eisenhüttenschlacken werden seit Jahrzehnten erfolgreich in Frostschutz- und Schottertragschichten eingesetzt. Sie sind unmittelbar nach Einbau und Verdichtung tragfähig und befahrbar und unempfindlich gegen Wassergehaltsschwankungen. Der Einbau ist auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen unproblematisch, versicherte der Referent.

Gesteinskörnungen aus Stahlwerksschlacke finden Anwendung im Bau von Straßen mit hochstandfesten Asphalten. Bei einer kubischen Kornform mit rauer Oberfläche weist das Material eine hohe Kornfestigkeit und Polierresistenz sowie eine geringe Wärmeleitfähigkeit auf – günstig bei hohen Außentemperaturen. Am Hamburger Flughafen zum Beispiel wird auf Stahlwerksschlacke gestartet und gelandet. Als Grundgestein wurde hier Quarzporphyr-Edelsplitt eingesetzt. Die Griffigkeit der Start- und Landebahn stellen zusätzlich Elektroofenschlacke, Edelbrechsand und Edelsplitt sowie gebrannter Flint sicher.

Die Abfall-/Nebenproduktdebatte sollte ein Ende haben

Auch beim Bau land- und forstwirtschaftlicher Wege, die immer schwerer werdende Nutzfahrzeuge aushalten müssen, überzeugt Stahlwerksschlacke aufgrund ihrer hohen Tragfähigkeit. Die ungebundenen Deckschichten sind dabei ausreichend wasserdurchlässig. Zum Abschluss seines Vortrags plädierte Thomas Reiche für eine bundesweit harmonisierte Regelung zum Einbau aller Baustoffe und dafür, dass Sekundärbaustoffe gleichermaßen in allen EU-Mitgliedstaaten zugelassen werden. Öffentliche Auftraggeber sollten dazu verpflichtet werden, in angemessenem Rahmen Sekundär- und Ersatzbaustoffe in Bauvorhaben einzusetzen. Die Abfall-/Nebenproduktdebatte sollte endlich ein Ende haben.

Foto: Dr. Jürgen Kroll

(EU-Recycling 06/2019, Seite 16)