Bergbaualtlasten – heute Umweltlast, morgen Rohstoffquelle

Firmennetzwerk zur Sanierung und Verwertung von Bergbaualtlasten startet im Erzgebirge.

Das Erzgebirge soll zu einer Modellregion für den zukunftsorientierten Umgang mit Reststoffen aus dem Bergbau werden. Bis zu 15 Millionen Euro fließen dafür in den nächsten fünf Jahren aus dem Förderprogramm „WIR! – Wandel durch Innovationen in der Region“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in das Verbundprojekt „rECOmine – Ressourcenorientierte Umwelttechnologien für das 21. Jahrhundert“.

Ziel ist die Förderung neuer Methoden für die Region und den Weltmarkt, mit denen Halden und metallreiche Wässer aus dem Bergbau nicht nur nachhaltig saniert, sondern die darin verbliebenen Wertstoffe wirtschaftlich verwertet werden können. Koordiniert wird das Vorhaben durch das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF), das zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf gehört; die TU Bergakademie Freiberg und die Saxonia Standortentwicklungs und -verwaltungsgesellschaft mbH sind am Management beteiligt und die Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH unterstützt das Projekt.

Wertstoffgewinnung und Schadstoffbeseitigung

Das „rECOmine“-Projekt bietet Unternehmen und Einrichtungen auf deutscher und tschechischer Seite des Erzgebirges eine Plattform, um sich miteinander zu vernetzen, Kompetenzen branchenübergreifend zu bündeln und innovative Technologien zur nachhaltigen Sanierung von und Rohstoffgewinnung aus Reststoffen des industriellen Bergbaus zu entwickeln. „Dazu wollen wir die Expertise in der Umwelt- und Ressourcenbranche in der Region mit dem vorhandenen Know-how in den Bereichen Automatisierung und Digitalisierung zusammenbringen“, erklärt HIF-Direktor und Projektkoordinator Dr. Jens Gutzmer, und fügt hinzu: „Reststoffe aus dem Bergbau haben zwei Seiten: Sie gehen zulasten der Umwelt, enthalten aber noch fein verteilte, niedrig konzentrierte Rohstoffe. Teilweise werden diese schon wiederaufbereitet. Aber nur in seltenen Fällen ist dies auch mit einer Sanierung verbunden. Hier setzen wir an.“ Wie im Umgang mit den Altlasten neuartige Konzepte aussehen könnten, bei denen die Gewinnung von Wertstoffen mit der Beseitigung von Schadstoffen verknüpft ist, haben in den vergangenen Monaten zahlreiche Experten gemeinsam diskutiert. Mehr als 60 Partner aus Industrie, Dienstleistung, Wissenschaft, Forschung, Bildung sowie von Vereinen sind dem Netzwerk bereits angeschlossen.

Erzgebirge als „Reallabor“

Drei weit verbreitete Reststofftypen aus dem Bergbau und der nachfolgenden Erzaufbereitung stehen im Mittelpunkt: Bergbau- und Aufbereitungsrückhalden, Schlacken und Aschen aus der Hüttenindustrie sowie Gruben- und Haldenwässer. Alle drei Varianten kommen durch die historische wie auch die moderne Rohstoffindustrie im Erzgebirge vor. Für Prof. Urs Peuker, Prorektor für Strukturentwicklung an der TU Bergakademie Freiberg ist das ein großer Vorteil für den Verbund: „Innovative Technologien können dadurch unter Praxisbedingungen getestet werden. Industriebetriebe und Eigentümer von geeigneten Reststoffen wollen ihre Standorte für Pilotversuche mit realen Halden, Schlacken und Wässern zur Verfügung stellen.“ Binnen fünf Jahren wollen die Verbundpartner marktreife Technologien entwickeln, die im Erzgebirge einsetzbar, aber auch international attraktiv sind. Damit eine wirtschaftliche Gewinnung von gering konzentrierten Rohstoffen möglich ist, sind vor allem kleine und dezentrale Anlagen geplant. Viele Anwendungen sind denkbar, von der Aufarbeitung bisher unsanierter Bergbauhalden bis zur Abtrennung von Wertmetallen aus Grubenwässern. Das neue Netzwerk soll zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Struktur des Erzgebirges beitragen sowie zur Sicherung und Gewinnung von Fachkräften im Rohstoffbereich. Weiterhin wollen die Koordinatoren durch Bürgerbeteiligung das öffentliche Bewusstsein für das Thema Rohstoffe stärken und die grenzübergreifende Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Tschechischen Republik verbessern.

Weltweit gesehen, ist das Potenzial für den Einsatz heimischer Rohstoff- und Umwelttechnologien geradezu enorm. So existieren nach Recherchen des rECOmine-Konsortiums zehntausende aktiver und historischer Bergbau- und Hüttenstandorte weltweit, an denen die entwickelten Konzepte und Technologien angewendet werden könnten.

www.hzdr.de

Foto: Saxonia Standortentwicklungs und -verwaltungsgesellschaft mbH

(EU-Recycling 06/2019, Seite 31)