EBS-Mitverbrennung im Zementwerk: Mehr als nur thermische Verwertung

Zu den wesentlichen Abnehmern von Ersatzbrennstoffen gehört neben Kraftwerken die Zementindustrie. Die österreichische Zementindustrie deckt 80 Prozent ihres thermischen Energiebedarfs mit qualitätsgesicherten EBS und anderen aus Abfällen gewonnenen Brennstoffen. Doch fällt auch die stoffliche Substitutionsrate dieser Materialien zunehmend ins Gewicht, fand eine österreichische Forschergruppe heraus.

Neben im wesentlichen Braunkohlestaub, Steinkohle und Petrolkoks kommen Premium-EBS für die Primärfeuerung und Medium-EBS zur Sekundärfeuerung in Mitverbrennung/Co-Processing zum Einsatz. Sie enthalten neben rund 15 Prozent Altreifen etwa 70 Prozent Kunststoffabfälle, aber auch geringe Anteile sonstiger Komponenten wie Sägemehl, Altholz oder heizwertreiche Fraktion. Die bei der Verbrennung entstehenden EBS-Aschen fließen als Rohmaterial in den Herstellungsprozess des Zementklinkers ein und substituieren dadurch primäre Rohstoffe.

Gemischte Verarbeitung gebilligt
Der Einsatz von Ersatzbrennstoffen wird von der EU-Kommission bislang als rein thermische Verwertung angesehen – ohne Anerkennung der stofflichen Eigenschaften. Einige wenige Länder billigen jedoch die gemischte – also teilweise thermische und teilweise stoffliche – Verarbeitung. In Ungarn beispielsweise ist in einzelnen Werken das Co-Processing von Altreifen zu 15 Prozent als stoffliche Verwertung akzeptiert. In Frankreich liegt der entsprechende Anteil bei 23,75 Prozent. Portugal hat sein Abfallgebührensystem so umgestellt, dass die Abgabe gemäß der in Mitverbrennung zurückgewonnenen und in das Endprodukt eingebundenen Materialmenge gemindert werden kann, die Genehmigung der zuständigen Behörde vorausgesetzt.

R-Index nicht nur 13 Prozent …
Die Untersuchung von 50 Premium-EBS-Proben und 30 Medium-EBS-Proben aus Österreich, Kroatien, der Slowakei und Slowenien ergab, dass die Aschen insgesamt durchschnittlich 76,6 ± 6,2 beziehungsweise 77,2 ± 6,7 Gewichtsprozent der vier Komponenten Calciumoxid (CaO), Siliciumdioxid (SiO2), Aluminiumoxid (Al2O3) und Eisen III-Oxid (Fe2O3) enthalten. Diese Verbindungen gelten als Hauptbestandteile für die Herstellung von Zementklinker und kommen –mit unterschiedlicher Verteilung und Gewichtung – auch in den primären fossilen Brennstoffen vor. Berücksichtigt man den Aschegehalt und die Masseanteile der Elementoxide in der Asche, lässt sich daraus ein durchschnittlicher R-Index von 13,3 Prozent für EBS Premium und 13,9 Prozent für EBS Medium ermitteln. Der R-Index zeigt den prozentualen Anteil der stofflich verwerteten Ersatzbrennstoffe an.

… sondern über 17 Prozent
Neben diesem Prozentsatz enthalten die Aschen von Ersatzbrennstoffen weitere chemische Verbindungen, die zur Spezifik von Zementklinker beitragen. Es sind dies Magnesia (MgO), Titandioxid (TiO2), Natriumoxid (Na2O), Kaliumoxid (K2O) sowie Schwefeltrioxid (SO3). Sie erhöhen den R-Index für EBS Premium um 2,6 Prozent auf 15,9 Prozent und den für EBS Medium um 2,3 Prozent auf 16,2 Prozent. Legt man zugrunde, dass die gesamte EBS-Asche und nicht nur einige Mineralien in die Herstellung von Zementklinker eingehen, entspricht der R-Index dem Aschegehalt, wodurch der stofflich verwertete Anteil von EBS Premium auf 17,6 Prozent und der von EBS Medium auf 17,7 Prozent ansteigt. Ob diese Ergebnisse, die sich auf qualitätsgesicherte Materialien beziehen, auch für anders zusammengesetzte Ersatzbrennstoffe gelten, müssten weitere Untersuchungen zeigen. Doch schon jetzt ist die österreichische Forschergruppe überzeugt: „Eine Anerkennung des Beitrags, den die Zementindustrie zum stofflichen Recycling leisten könnte, könnte EU-Länder, in denen EBS-Co-Processing bereits dem Stand der Technik entspricht, dabei unterstützen, die Recyclingziele des EU Kreislaufwirtschaftspakets zu erreichen.“

Der Artikel ist eine Kurzfassung eines Beitrags, der erschienen ist in: Energie aus Abfall, Band 17, hrsg. von S. Thiel, E. Thomé-Kozmiensky, P. Quicker und A. Gosten, Neuruppin 2020, ISBN 978-3-944310-50-3.

(EU-Recycling 06/2020, Seite 28, Foto: Dr. Jürgen Kroll)