Ersatzbrennstoffe – alternative Energiequelle für Österreichs Industrie

Die österreichische Zement-, Papier-, Faser- und auch Spanplattenindustrie verwendet zunehmend Ersatzbrennstoffe (EBS) zur Energieerzeugung. Führender EBS-Produzent im Land ist ThermoTeam, ein Joint Venture von Entsorgungsdienstleister Saubermacher und Zementhersteller Holcim, das 2003 gegründet wurde.

Am Standort Retznei in der Steiermark werden jährlich rund 100.000 Tonnen Ersatzbrennstoffe aus energiereichen Abfällen erzeugt. Die Nutzung in der (Zement-)Industrie hat seit der Inbetriebnahme vor 20 Jahren in Österreich circa 1,2 Millionen Tonnen fossiles CO2 eingespart, 1,4 Millionen Tonnen Steinkohle substituiert und den Abbau von bis zu 320.000 Tonnen mineralischer Rohstoffe – unter anderem Kalkstein – vermieden, bilanziert Saubermacher und beruft sich dabei auf Berechnungen der Montanuniversität Leoben. 2024 soll in Graz ein weiteres EBS-Werk in Betrieb gehen.

Mittel- und hochkalorische Qualitäten
In der bestehenden Anlage wird das Input-Material zunächst vorzerkleinert und über ein Kreisschwingsieb in Fein- und Grobfraktion getrennt. Die Feinfraktion geht zu einem Magnetabscheider, die Grobfraktion wird einer NIR-Sortiermaschine aufgegeben. Hier erfolgt die Separierung von PVC und PET. Ein Windsichter trennt dann schwere von leichten Stoffen. Die Schwerstoffe werden einem Fe/NE-Abscheider zugeführt und nachzerkleinert. Das Output-Material wird mit der Leichtfraktion aus dem Kreisschwingsieb gemischt und somit zum mittelkalorischen Ersatzbrennstoff als Endprodukt. Die Leichtstoffe aus dem Windsichter gelangen in einen Fe-Abscheider und werden nachzerkleinert. Dieser Ersatzbrennstoff ist dann von hochkalorischer Qualität.

Saubermacher versichert, dass nur Abfälle verarbeitet werden, die derzeit (noch) nicht recycelt werden können. „Wir haben einen neuen und globalen Standard für die sinnvolle Nutzung von nicht stofflich verwertbaren Abfällen gesetzt“, erklärt dazu Unternehmensgründer Hans Roth, und verweist auf den „enormen Umweltnutzen“ von Ersatzbrennstoffen. Zudem trage die Herstellung zur Verbesserung der Recyclingquote insgesamt bei: Seit 2003 wurden den Angaben nach bei ThermoTeam rund 35.000 Tonnen Altmetalle und PET aussortiert und dem Recycling zugeführt.

Substitutionsrate bei 95 Prozent
Österreichs Zementindustrie nimmt beim EBS-Einsatz weltweit eine Vorreiterrolle ein, gefolgt von Deutschland, Polen und Tschechien. Zum Großteil werden die Ersatzbrennstoffe aus dem ThermoTeam-Werk via Förderband direkt ins Holcim-Werk Retznei transportiert. Die bei der Verbrennung entstehenden EBS-Aschen fließen als Rohmaterial in die Herstellung des Zementklinkers ein – sog. Co-Processing. Laut Berthold Kren, CEO Holcim Central Europe, liegt die EBS-Substitutionsrate im Werk Retznei bei über 95 Prozent und damit weit über dem Österreich-Durchschnitt von mehr als 80 Prozent oder dem EU-Durchschnitt von über 40 Prozent.

Untersuchungen der Montanuniversität Leoben bescheinigen, dass derzeit bis zu 17 Prozent der EBS stofflich verwertet werden. Bei der Herstellung fielen keine neuen Abfälle an. „Das und der um bis zu 30 Prozent höhere Wirkungsgrad im Vergleich zur herkömmlichen Müllverbrennung zeigt deutlich den ökologischen Mehrwert der industriellen Nutzung“, meint Ralf Mittermayr, CEO Saubermacher AG.

Die ThermoTeam-EBS werden zunehmend auch in der österreichischen Papier-, Faser- und Spanplattenindustrie eingesetzt. Prof. Roland Pomberger, Lehrstuhlleiter Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft, Montanuniversität Leoben, erwartet, dass die Europäische Union den EBS-Einsatz nicht länger als rein thermische Verwertung ansieht, sondern anerkennt, welcher Beitrag zur Erreichung der Recyclingziele darüber hinaus geleistet werden kann. Die Montanuniversität Leoben arbeitet dazu an einer weltweit gültigen ISO-Norm.

thermoteam.at

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 10/2023, Seite 20, Foto: Saubermacher AG/APA-Fotoservice/Tanzer)