Chinesisches Importverbot für Stahlschrott: Über eine mögliche Neuklassifizierung wird diskutiert

Chinas Stahlschrott-Erzeugung wächst rasant, stellte Gastreferent Ian Roper (General Manager Shanghai Metals Market) im Webinar der BIR Ferrous Division fest: Im Jahr 2000 verbrauchte das Land rund 100 Millionen Tonnen Stahl. Seitdem sind es zwischen 800 und 900 Millionen Tonnen pro Jahr.

Roper rechnet damit, dass sich das Stahlschrott-Aufkommen in China um jährlich zehn bis 20 Millionen Tonnen erhöht. Bis zum Ende der 2020er Jahre könnte das Volumen auf über 350 Millionen Tonnen steigen. Wie der Experte in seinem Vortrag im Rahmen der BIR World Recycling Convention Week im Oktober weiter ausführte, baut die Volksrepublik die Kapazitäten an Lichtbogenöfen im Land massiv aus.

Obwohl Stahlschrott-Lieferungen nach China derzeit verboten sind, wird über eine mögliche Neuklassifizierung diskutiert, die eine Wiederaufnahme der Importe ermöglichen würde. Roper verwies in diesem Zusammenhang auf einen Umklassifizierungsprozess für bestimmte Nichteisenschrotte, der bereits begonnen habe. Eine offizielle Freigabe durch den Zoll stehe aber noch aus. Trotz der jüngsten gegenteiligen Medienberichte geht Roper nicht davon aus, dass Stahlschrott ab Anfang nächsten Jahres nach China darf. „Wir glauben, dass es letztendlich eine Änderung geben wird – eine Art Neuklassifizierung –, aber das ist für Ende nächsten Jahres wahrscheinlicher“, dämpfte der Experte die Erwartungen.

Weniger Stahlschrottexporte aus der EU
Rolf Willeke, Statistikberater der BIR Ferrous Division, präsentierte im Webinar ein Update seines „World Steel Recycling in Figures“-Reports für den Zeitraum Januar bis Juni 2020. So ist Chinas Stahlschrottverbrauch für die Rohstahlproduktion im ersten Halbjahr dieses Jahres von 101,13 auf 93,75 Millionen Tonnen gesunken. Im Vergleich zum ersten Quartal 2020 erhöhte sich der Stahlschrottverbrauch im zweiten Quartal jedoch um 25,7 Prozent.

Von Januar bis Juni 2020 verringerten sich die Exporte von EU-Stahlschrott gegenüber dem Vorjahr um 10,7 Prozent auf 9,776 Millionen Tonnen und die US-Auslandslieferungen um 2,3 Prozent auf 8,401 Millionen Tonnen. Anders Japan: Das Land widersetzte sich mit den Worten von Willeke dem allgemein rückläufigen Trend und verzeichnet ein Exportwachstum gegenüber dem Vorjahr von 38,2 Prozent auf 4,884 Millionen Tonnen.

Schwierigen Bedingungen standgehalten
In einer Reihe von Marktberichten prognostizierte Zain Nathani (Nathani Group of Companies), dass die Nachfrage nach Eisenschrott in Indien für den Rest des Jahres verhalten bleiben werde. Exporte aus den USA, Großbritannien und Japan gingen vielmehr und regelmäßig nach Pakistan und Bangladesch. Denis Reuter (TSR Recycling GmbH & Co. KG) stellte fest, dass die Schrottpreise Anfang Oktober in den meisten europäischen Ländern im Allgemeinen stabil waren, während die türkischen Werke einige Erfolge bei der Senkung der Preise erzielten. Tom Knippel (SA Recycling) informierte über die Entwicklung im US-Markt und dass dort die Schrottsammlung auf einem ähnlich hohen Stand wie vor der Corona-Krise ist. Die Auslastungsraten der schrottverarbeitenden Betriebe sind allerdings von rund 82 Prozent im Jahr 2019 auf unter 70 Prozent gesunken.

Quintin Starkey, der die südafrikanische Metal Recyclers Association (MRA) vertrat, bestätigte, dass die südafrikanische Regierung ein modifiziertes Vorzugspreissystem für Schrott eingeführt hat, das bis zum Inkrafttreten einer Exportsteuer im Jahr 2021 bestehen bleiben soll: Ad-Valorem-Zoll von zehn Prozent auf Eisenschrott und fünf Prozent auf Nichteisenschrott mit einem zollfreien Rabattsystem für Metalle, die nicht vor Ort verbraucht werden und/oder wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt. Greg Schnitzer, Präsident der BIR Ferrous Division von Schnitzer Steel Industries Inc. in den USA, resümierte, dass der Schrottsektor im Laufe des Jahres 2020 einigen schwierigen Bedingungen standgehalten hat.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2020, Seite 36, Foto: PublicDomainPictures / Pixabay)