BIR-Tagung in Amsterdam: Sekundärkunststoffe zu teuer?
Nach den Erkenntnissen von Henk Alssema (Vita Plastics, Niederlande), Vorsitzender des BIR-Kunststoffkomitees, ist der Markt für Recyclingkunststoffe aufgrund der günstigen Preise von Primärware unter Druck geraten.
Viele Unternehmen nutzten die Gelegenheit, auf die Recycling-Option zu verzichten, informierte er. Diese Meinung teilte auch Sally Houghton (Plastic Recycling Corporation of California, USA); ihrer Ansicht nach gefährdet die Verfügbarkeit preisgünstiger Alternativen zum Recyclingmaterial den Kreislauf.
Nach den Erkenntnissen von Max Craipeau (Greencore Resources Ltd, China) ist rPET wegen der Verfügungen zu Recyclinganteilen die Ausnahme. In diesem Zusammenhang konstatierte er, dass trotz dieser Verpflichtungen die Markenartikler auf Neuware zurückgreifen. Der frühere Vorsitzende des BIR-Komitees Surendra Patawari Borad (Gemini Corporation NV, Belgien), zeigte sich besorgt, dass – abgesehen davon – die Recyclingraten von Kunststoffen einstellig sind und weiter abnehmen.
Gastrednerin Caroline van der Perre (RAFF Plastics, Belgien) berichtete ebenfalls von einem geringeren Interesse an Recyclingware. Manche Unternehmen, die jahrelang Sekundärkunststoffe genutzt hatten, würden jetzt wieder zu Primärkunststoffen wechseln. Wie die Geschäftsführerin der belgischen Firma erläuterte, wurden bei RAFF Plastics viel in die Recyclingkapazität investiert; derzeit kämpfe das Unternehmen darum, alle Produktionslinien am Laufen zu halten.
In ihrem Vortrag gab Frau van der Perre Hinweise, wie sich die Bedingungen für die Recyclingunternehmen verbessern ließen. Dabei nannte sie unter anderem die Standardisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen innerhalb Europas und die Ausweitung der Pflicht, Recyclingmaterial einzusetzen.
Darüber hinaus forderte sie, das mechanische Recycling zu fördern trotz der aktuellen Zunahme von Unternehmen, die chemisches Recycling betreiben. Da sie bezweifelt, dass chemisches Recycling im Vergleich zur mechanischen Alternative nachhaltig ist, befürchtet sie Marktstörungen durch die Materialbeschaffung dieser Unternehmen.
Alev Somer, stellvertretende Direktorin für Handel und Umwelt des BIR, informierte die Anwesenden über die Teilnahme des Weltrecyclingverbands an verschiedenen Initiativen. Dazu gehörten unter anderem das Basler Übereinkommen wie auch die „Plastic Waste Partnership“ der Vereinten Nationen. Dabei zitierte sie auch Zahlen aus dem Report „Global Plastics Outlook: Policy Scenarios to 2060“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Danach soll der weltweite Kunststoffverbrauch von 460 Millionen Tonnen im Jahr 2019 auf 1,231 Milliarden Tonnen im Jahr 2060 anwachsen. Deshalb werde das Abfallaufkommen wahrscheinlich die Verbesserungen im Abfallmanagement überholen, hieß es.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2023, Seite 22 von Brigitte Weber, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)