Kleider-Entsorgung: Rückgabe beim Händler lohnt sich

Britische Verbraucher tun sich schwer, ihre getragenen oder überschüssigen Kleidungsstücke zum Händler zurückzubringen. Was in Deutschland seit neuestem bei Elek­trogeräten gesetzlich geregelt ist, stößt im Vereinigten Königreich bei Textilien noch auf Skepsis. Doch das Händler-basierte Rücknahmesystem gewinnt Anhänger.

„Die Einrichtung von Re-Use- oder Rückkauf-Möglichkeiten an Orten, wo die meisten neuen Verkäufe stattfinden, kann es dem Kunden leicht machen, das Leben seiner eigenen, nicht mehr gewollten Kleidung zu verlängern“, heißt es einleitend im „Leitfaden zur Kleider-Rücknahme beim Händler“. Im Februar dieses Jahres von der britischen Umweltschutzorganisation WRAP herausgegeben, beleuchtet das Papier die Hintergründe für ein mögliches besseres Rückgabe- beziehungsweise Rücknahmesystem für Kleider beim Handel.

Hauptsächlich für wohltätige Zwecke
Im Jahr 2017 landeten auf der Insel 920.000 Tonnen gebrauchter Textilien im Restmüll, davon 336.000 getragene Kleidung. Allerdings wurden im folgenden Jahr auch 620.000 Tonnen gebrauchter Textilien für Wiederverwendung und Recycling gesammelt. 48 Prozent der Menge ging an Wohltätigkeits-Läden, 37 Prozent wurden in Kleider-Containern für kommerzielle oder wohltätige Zwecke entsorgt. Tür-zu-Tür-Sammlungen ergaben neun Prozent, während über die Rückgabe im Geschäft nur ein Prozent erfasst wurde.

Wie eine Befragung im November 2019 ergab, ist der Hauptgrund für das Wegwerfen von Kleidung, dass sie meist aufgrund von Gewichtsänderungen nicht mehr passt (62 Prozent), aufgetragen ist (43 Prozent) oder nicht mehr gemocht wird (31 Prozent). Darüber hinaus legte die Umfrage offen, dass weiterhin rund die Hälfte der Kleiderrückgaben für wohltätige Zwecke gedacht ist und nur drei Prozent von Händlern zurückgenommen wurden. Beim Online-Shopping behält ein Viertel ein oder zwei Kleidungsstücke zurück, wobei 44 Prozent davon für Wohltätigkeiten abgegeben und 27 Prozent im Kleiderschrank aufgehoben werden.

Vor allem wegen des Gutscheins
Dieses Verhalten könnte sich angesichts der Tatsache ändern, dass 49 Prozent der Befragten, die ein Rücknahmesystem benutzten, angaben, es vor allem wegen der Vergünstigungen – besonders eines Gutscheins – zu tun. 40 Prozent machen es, um die Umweltbelastung zu senken, und 32 Prozent sind diesen Entsorgungsweg gewohnt. Außerdem kaufen, während sie ungewollte Kleidung zum Händler zurückbringen, 15 Prozent der Befragten immer und 20 Prozent öfters Neues zum Anziehen.

Eine andere Untersuchung ergab, dass ein bargeldloses Gutscheinsystem für Kunden interessant sein könnte: 17 Prozent äußerten, dass sie sehr wahrscheinlich ein Gutscheinsystem im Tausch gegen nicht mehr benötigte Kleider benutzen würden, während 29 Prozent dieses ziemlich wahrscheinlich tun würden. Über die Hälfte der Befragten (58 Prozent) zeigte sich außerdem sehr oder ziemlich besorgt über den Umwelteinfluss von Kleidung.

Von Händler-Rückgabe nichts gewusst
Die Gründe, warum Kunden ihre überschüssigen Kleidungsstücke nicht zum Händler bringen, sind vielfältig. Rund zwei Drittel der Befragten gaben an, von einer solchen Rückgabe nichts gewusst zu haben; die restlichen Gegenargumente lieferten zu fast gleichen Teilen wenig Bequemlichkeit, fehlende finanzielle Anreize, die Wahl anderer Entsorgungswege und die Aussage „Ich habe daran gedacht, aber es nicht versucht“. Für eine Rücknahme durch den Händler sprachen finanzielle Vergünstigungen (49 Prozent), Umweltaspekt (40 Prozent), Zweckmäßigkeit (32 Prozent), Wiederverwendungsaspekt (28 Prozent) und Gewöhnungseffekt (24 Prozent).

Händler, die ein Sammelsystem begonnen oder ausgebaut haben, konnten dabei folgendes lernen: „Die Übernahme durch ein Spitzenmanagement wird als Vorbedingung gesehen. Training im Laden ist wichtig. Logistik und Koordination der Aktivitäten sind Grundvoraussetzungen, die interne Zusammenarbeit und feste Partnerschaft erfordern. Und schließlich sind permanente Gesprächsbemühungen notwendig: zur Schulung der Kunden und um Aufmerksamkeit zu erregen.“

Aus Kommerz oder Wohltätigkeit
Auf dieser Grundlage sind mehrere kommerzielle Partnerschaften entstanden, so zum Beispiel das weltweite Kleidersammel-Programm von H&M mit I:Co, das I:Co-Modell, das mittlerweile 40 Händler übernommen haben, oder der Tesco F&F Rücknahme-Versuch, dem sich vor zwei Jahren 80 Läden anschlossen. An Partnerschaften zu wohltätigen Zwecken ist die Kleidertausch-Kampagne von M&S und Oxfarn zu nennen, die 2012 als Shwopping neu aufgelegt wurde und überschüssigen Kleidern ein zweites Leben ermöglicht.

Abb.: wrap / take-back guide

Hierzu gehört auch das von WRAP ans Laufen gebrachte REBus-Vorhaben, das zusammen mit IKEA nach einem Vierteljahr als Pilotprojekt den Beweis erbrachte, dass binnen eines Jahres 4,4 Tonnen an Textilien gesammelt, 1,1 Tonnen vor der Deponie gerettet und rund 7.500 Euro durch Wiederverkauf eingenommen werden könnten. Das Zara ‚Life‘ Kleider-Sammelprogramm brachte weltweit zwölf Non-Profit-Organisationen mit 24 Märkten zusammen und belohnte sich 2018 mit 14.824 Tonnen Kleidung, Schuhwerk und Accessoires.

reGain, Thrift+ oder Stuffstr
Zu erwähnen sind auch Händler wie Patagonia, Eileen Fisher oder Filippa K, die fremde anerkannte Textilien zusätzlich zu den eigenen Markenprodukten in ihr Rücknahmesystem aufgenommen haben. Als neuer Kommunikationsweg zur Rückgabe von Kleidungsstücken stehen eigene Apps wie reGain, Thrift+ oder Stuffstr zur Verfügung.

Zu den erfolgreichen Rückgabesystemen zählt der auf Einzel- wie Online-händler ausgerichtete Reskinned-Shop, der Einzelhandels-Kunden die Möglichkeit gibt, Kleidungsstücke zu einem festen Gutschriftswert zu handeln. Der Verwertungskreislauf von Reskinned bevorzugt die Wiederverwendung von Textilien (Ziel 70 Prozent; erreicht 63 Prozent); der Rest geht ins Recycling (Ziel: 30 Prozent; erreicht 37 Prozent). Dass auch ein interaktiver Rückgabepunkt inmitten beispielsweise eines Einkaufszentrums funktioniert, belegt Landsec: Hier können Kunden Kleidung und Schuhe jeder Art in gutem Zustand spenden.

Der WRAP-Leitfaden endet mit einer Übersicht, in der die verschiedenen Rücknahmesysteme mit ihren Stärken, Herausforderungen und Risiken miteinander verglichen werden können. Die dazu logistischen, finanziellen, personellen sowie kommunikativen Notwendigkeiten finden ebenso Berücksichtigung wie die möglichen Kundenanreize und die Zahl der unabdingbaren Sammelstellen.

Der Ratgeber kann unter https://wrap.org.uk/sites/default/files/2021-02/Retailer-clothing-take-back-guide-Feb21.pdf heruntergeladen werden.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2021, Seite: 40, Foto: Rusty / stock.adobe.com/)

 

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