Schrottmarktbericht: Schwacher Export belastet Markt

Die Vertragsverhandlungen zwischen Lieferanten und Abnehmern waren im letzten Monat des Jahres von Zurückhaltung geprägt. Einigen Verbrauchern gelang es im November Mengen zur Lieferung im Dezember zu beschaffen wodurch sich deren Nachfrage im laufenden Monat entsprechend verringerte. Die Rohstahlproduktion der Elektrostahlwerke ist im Berichtsmonat wegen unterschiedlich langer Produktionsstopps aus unterschiedlichen Gründen uneinheitlich und schwächer als im Vormonat.

Die Abschwächung im Exportmarkt, die sich bereits Ende November abzeichnete, beeinflusste das Preisgeschehen in Deutschland. Im Durchschnitt ließen die Verbraucher je nach Werk und Sorte ihre Einkaufspreise gegenüber dem Vormonat unverändert oder erhöhten sie um bis zu €10 pro Tonne. Das Neuschrottangebot ist nach wie vor nicht ausreichend, während sich bei den Altschrottsorten insbesondere durch einen Anstieg regionaler Abbruchtätigkeiten in den vergangenen Monaten eine leichte Entspannung abzeichnet. Logistische Engpässe auf der Straße und der Schiene erschwerten dem Handel die verkauften und abgerufenen Mengen pünktlich im In- und Ausland auszuliefern.

Im Norden ließen die Werke im Berichtsmonat die Schrottpreise bis auf die Scherenschrottpreise, die sie um €5 pro Tonne erhöhten, unverändert. Bei den ostdeutschen Stahlwerken war der Bedarf eines Verbrauchers wegen des Stillstands einer seiner Werke über den Jahreswechsel reduziert, während für die übrigen, die ohne größere Unterbrechungen produzieren, die Nachfrage als gut beschrieben wurde. Die Schrotteinkaufspreise blieben je nach Sorte, Werk und Zeitpunkt des Abschlusses unverändert oder stiegen bis zu €10 pro Tonne an. Wegen des hohen Schrottbedarfs der polnischen und tschechischen Stahlhersteller, versuchten diese über kräftige Preiserhöhungen den Schrott im eigenen Zulauf zu halten. Händler berichteten von verstärkten Lieferungen aus Deutschland nach Polen, sodass die sonst üblichen hohen Schrottimportmengen aus diesen beiden Ländern im Dezember niedriger als gewöhnlich waren. Davon betroffen waren zum Teil Verbraucher im Nordwesten Deutschlands. Bei unterschiedlich langen Produktionsstopps im laufenden Monat blieben die Preise bei einem Verbraucher unverändert, bei dem anderen lag der Aufpreis je nach Sorte und Frachtentfernung des Lieferanten bei €5 bis €15 pro Tonne. Die Werke an der Ruhr passten ihre Einkaufspreise je nach Sorte bei vermindertem Bedarf um €0 bis €10 pro Tonne an. Andere Verbraucher im Westen hatten ebenfalls nur einen geringen Zukaufbedarf und kündigten verstärkte Zukäufe vom Handel erst wieder für Januar an. Die Nachfrage der Saarwerke war bei unveränderten Preisen gut. Wegen Ofenarbeiten erzeugt der Verbraucher im Südwesten vom 03.12.2021 bis zum 17.01.2022 keinen Rohstahl und wird wohl erst ab Februar wieder mit beiden Öfen Schrott einschmelzen. Dennoch hatte er einen reduzierten Mengenbedarf und die Einkaufspreise bewegten sich je nach Sorte bei unverändert bis zu einem Aufschlag von €8 pro Tonne. Die per LKW bestellten Mengen können während der Stillstandzeiten angeliefert werden, denn die Zustellung von Waggons ist wegen umfangreicher Gleisarbeiten im nächstgelegenen Bahnhof aktuell nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich ist. Bei einem am Monatsbeginn angekündigten geringen Bedarf und unveränderten Preisen dehnte der Verbraucher im Süden seine Nachfrage in der KW 48 auf bessere Schrottqualitäten mit um €10 pro Tonne höheren Preisen als im Vormonat aus. Insgesamt war seine Nachfrage schwach verbunden mit Anlieferprobleme sowohl per Schiene als auch auf der Straße.

Nachbarländer
Die italienischen Spezialstahlhersteller fragten im Dezember von deutschen Lieferanten mehr Schrott als im November nach und versuchten zügig die im Oktober und November vorhandene Preislücke zum süddeutschen Markt durch entsprechende Preiserhöhungen zu schließen. Die Baustahlhersteller hatten dagegen einen geringeren Importbedarf, sodass die Angebotspreise von unverändert bis zu einer Erhöhung von €10 bis €15 pro Tonne reichten. Um den Schrott im Inland zu halten, boten die polnischen und tschechischen Werke ihren inländischen Lieferanten je nach Sorte €25 bis €30 pro Tonne bzw. €20 bis €24 pro Tonne mehr als im Vormonat an. Die Lieferleistung Richtung Deutschland schwächte sich wie oben erwähnt ab. Bei geringem Bedarf und unveränderten Preisen gegenüber den inländischen Lieferanten erhöhte ein Verbraucher in der Schweiz sein Preisangebot gegenüber Lieferanten aus Deutschland um €5 pro Tonne. In Österreich blieben die Altschrottpreise unverändert, während für Neuschrotte je nach Werk die Preise ebenfalls unverändert blieben bzw. ein Aufschlag von €10 pro Tonne angeboten wurde. Noch am Monatsanfang signalisierte der Verbraucher aus Luxemburg einen hohen Bedarf verbunden mit höheren Preisen. Im Monatsverlauf wurden die ursprünglich veranschlagten Beschaffungsmengen reduziert und als Folge der schwächeren Exportnotierungen ließ der Verbraucher seine Einkaufspreise unverändert. Der Bedarf der französischen Werke war sehr unterschiedlich. Es wurden zusätzliche Mengen aus Deutschland zu wettbewerbsfähigen Preisen beschafft. Die Neuschrottpreise blieben in der Regel unverändert.

Gießereien
Die Auslastung vieler Gießereien insbesondere derjenigen, die für den Nutzfahrzeugbau, den Maschinenbau oder den Energieanlagenbau produzieren ist erfreulich hoch. Zumindest für das kommende halbe Jahr scheinen zudem die wirtschaftlichen Aussichten positiv zu sein. Die benötigten Neuschrottqualitäten sind mit dem aktuellen Aufkommen kaum zu decken, sodass die Nachfrager bereit waren auf die Preisforderungen der Schrottanbieter einzugehen. Die Bandbreite der Preiserhöhungen für an keinen Index gebundene Gießereien lag im Dezember je nach Sorte und Abnehmer bei €10 bis zu €40 pro Tonne. Bei der möglichen Rohstoffalternative Roheisen kommt es laut der internationalen Fachpresse nur vereinzelt zu Abschlüssen, da bspw. der wichtige russische Anbieter kaum Mengen anbietet, weil er darauf wartet, dass ab dem 01. Januar 2022 die Zölle auf die Roheisenausfuhr wegfallen. Außerdem liegen die Forderungen der Roheisenhersteller noch über dem, was die Verbraucher bereit sind zu zahlen.

Tiefseemarkt
Seit Mitte November ist es den türkischen Verbrauchern mit ihrer üblichen Taktik gelungen die Preise im Tiefseemarkt schrittweise um rund US-$30 pro Tonne zurückzunehmen, wobei sie ihre Margen stabil halten konnten. Die türkischen Hersteller stehen jedoch vor wachsenden Herausforderungen. Eine davon ist der Umgang mit der immer weiter abstürzenden türkischen Lira beim Ver- und Einkauf im Inland. Bis zum Redaktionsschluss hatte die Lira rund 60 Prozent ihres diesjährigen Wertes verloren. Die recht eigenwillige Zinspolitik des Regierungspräsidenten, die weltweit ihresgleichen sucht, trifft vor allem die eigene Bevölkerung, da die Inflation unaufhörlich an Fahrt aufnimmt und durch die Vernichtung von Existenzen Armut erzeugt. Die finanzielle Abwicklung der Stahlexportgeschäfte und der Rohstoffimporte erfolgt auf Dollarbasis. Dennoch wächst die Unsicherheit der Marktteilnehmer über die Folgen der Entwicklung auf andere Märkte. Die europäischen Exporteure konnten durch den im Dezember festen innereuropäischen Schrottmarkt nur eingeschränkt auf die kontinuierlich schwächer werdenden Preisangebote der türkischen Werke reagieren. Sie reduzierten im Dezember ihre Preise frei Lager je nach Sorte bis zu €20 pro Tonne. Sie hatten Mühe Mengen auf diesem Niveau zu beschaffen, da der Zulieferhandel nicht bereit war, diese Preisanpassungen zu akzeptieren. Laut der Fachpresse müssen die türkischen Verbraucher noch Mengen für Januar eindecken. Da sie ihre Kaufentscheidungen aber hinauszögern, steht der Markt weiter unter Druck.

Schlussbemerkungen
Das Schrottjahr 2021 wird von den meisten befragten Marktteilnehmern als wirtschaftlich zufriedenstellend beschrieben. Laut dem ifo-Konjunkturspiegel für das verarbeitende Gewerbe für Dezember sehen die Marktbeteiligten außerdem die Entwicklung im ersten Quartal 2022 überwiegend positiv und erwarten verbesserte Absatzmöglichkeiten sowie steigende Verkaufspreise. Vor allem die im Konjunkturspiegel befragten Gießereien blicken positiv in die Zukunft. Bei den Stahlwerken, die für die Automobilindustrie produzieren, scheint die Auftragslage ebenfalls gut zu sein, obwohl sich nach wie vor die Abrufe nicht mit den bestellten Mengen decken. Von einigen Automobilherstellern war zu hören, dass sich die Situation rund um die fehlenden Halbleiter zu entspannen beginnt, andere scheinen noch länger mit Beschaffungsproblemen kämpfen zu müssen. Die von vielen Schrottverbrauchern eingeräumten Möglichkeiten trotz Produktionsstillstandzeiten Schrott anliefern zu können, bestärkt die Hoffnung auf einen guten Start im neuen Jahr.

Unter den derzeitigen Bedingungen rechnen die meisten der befragten Marktteilnehmer für den kommenden Monat mit seitwärts gerichteten Preisen. Die Neuschrottpreise sehen sie stabil, während es bei den Altschrottpreisen zu kleineren Korrekturen kommen kann. Es gibt auch Stimmen, die leichte Preiserhöhungen für wahrscheinlich halten.

Redaktionsschluss 20.12.2021, BG-J/bvse (Foto: O. Kürth)