PERC-Solarzellen aus 100 Prozent recyceltem Silizium
In Deutschland landen schätzungsweise jährlich circa 10.000 Tonnen Silizium in alten Photovoltaikmodulen auf dem Recyclingmarkt; ab 2029 sind mehrere hunderttausend Tonnen pro Jahr prognostiziert. Aktuell werden von Altmodulen nur das Aluminium, Glas und Kupfer neu aufbereitet, nicht aber die Silizium-Solarzellen.
Um auch dieses Material weiter nutzen zu können, haben Forscher des Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle (Saale) und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE gemeinsam mit dem größten deutschen Recyclingunternehmen für PV-Module, der Reiling GmbH & Co. KG, eine Lösung entwickelt: Das Silizium der Module wurde im industriellen Maßstab wiederverwertet und zur Herstellung neuer PERC-Solarzellen genutzt.
Die meisten PV-Anlagen wurden in Deutschland in der ersten Ausbauwelle zwischen 2009 und 2011 installiert. „Auf diese wird nach Ende der zwanzig Jahre dauernden Einspeisevergütung ab 2029 absehbar eine erste Entsorgungswelle folgen“, erwartet Prof. Dr. Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE. „Es müssen daher im Vorfeld vernünftige Prozesse und Verfahren zur Rückgewinnung des Siliziums aus ausgedienten Modulen aufgebaut werden.“ Nach Schätzungen betrug 2021 die insgesamt installierte Menge an PV-Modulen in Deutschland ungefähr fünf Millionen Tonnen, mit einem Siliziumanteil von 150.000 Tonnen. Silizium ist als Halbleiter-Material Hauptbestandteil der Solarzellen.
Unabhängig von Hersteller und Herkunft
Das am Fraunhofer CSP mit Reiling entwickelte Verfahren ermöglicht das Recycling sämtlicher kristalliner Silizium-PV-Module, unabhängig von Hersteller und Herkunft. Laut Projektleiter Prof. Dr. Peter Dold wäre das sonst für die Recyclingunternehmen ein viel zu großer Aufwand: „Es war uns wichtig, einen skalierbaren Prozess zu entwickeln, der auch wirtschaftlich Sinn macht. Im Labor ist vieles möglich, aber unser neues Verfahren sollte sich für die Recyclingindustrie in der Praxis bewähren.“
Für das Verfahren werden aus Nebenprodukten des bereits etablierten mechanischen Aufbereitungsprozesses die Solarzellenbruchstücke abgetrennt und gesammelt. Diese Bruchstücke im Größenbereich von 0,1 bis 1 Millimetern werden am Fraunhofer CSP im ersten Schritt durch verschiedene Sortierverfahren von Glas und Kunststoff befreit. Danach erfolgt durch nasschemisches Ätzen die schrittweise Entfernung des Rückseitenkontaktes, der Silberkontakte, der Antireflexschicht und letztendlich des Emitters. Das derart aufgereinigte Silizium wird in Standardprozessen zu monokristallinen oder quasi-monokristallinen Ingots verarbeitet und anschließend zu Wafern weiterprozessiert. Die Kristallisation erfolgt den Angaben zufolge mit 100-prozentigem Recycling-Silizium.
Die Wafer wurden am Fraunhofer ISE im PV-TEC zu PERC-Solarzellen verarbeitet, deren Zellwirkungsgrad im ersten Versuch bei 19,7 Prozent lag. Das liegt nach den ersten Ergebnissen unter dem Wirkungsgrad heutiger Premium PERC-Solarzellen mit circa 22,2 Prozent Wirkungsgrad, aber mit Sicherheit über dem von Solarzellen in den alten, ausgemusterten Modulen, schließt Peter Dold.
www.reiling.de
www.ise.fraunhofer.de
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 04/2022, Seite 20, Foto: Fraunhofer ISE)