IFAT Munich 2022 – Ein starker Branchen­auftritt kündigt sich an

Die Weltleitmesse für Umwelttechnologien bringt Entscheider, Experten und Marktakteure zusammen, um die großen Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam anzugehen. Mehr als 2.500 Aussteller aus 50 Ländern belegen die 18 Messehallen und sind auf dem Freigelände vertreten. Neben Live-Demoshows von Maschinen, Anlagen und Technologielösungen hat das Branchenevent des Jahres auch wieder ein spannendes Rahmenprogramm zu bieten.

Der nachhaltige Umgang mit Ressourcen – und damit der Klimaschutz – ist das zentrale Thema der IFAT Munich 2022. Die Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft macht Umwelttechnologien erlebbar. Nach dem Aussteller- und Besucherrekord im Jahr 2018 und Corona-bedingter Pause dazwischen kündigt sich wieder ein starker Branchenauftritt an. Dabei erwartet Geschäftsführer Stefan Rummel von der Messe München GmbH, dass sich – verbunden mit weiteren Lockerungen – die Pandemielage entspannt. Ohnehin gibt es ein Schutzkonzept, das sich schon bei anderen Fachmessen des Veranstalters bewährt hat.

In gewohnter Weise und mit Start-ups
Alle Ausstellungsbereiche sind bereits gut gebucht. Im Bereich „Kreislaufwirtschaft und Entsorgung“ sind mit dabei: Remondis, Veolia, PreZero, EEW, Doppstadt, Komptech, Arjes, Sutco, Eggersmann, Lindner, Zeppelin, Sennebogen, Liebherr, Komatsu und Zöller-Kipper. Im Bereich „Wasser und Abwasser“ haben sich beispielsweise angemeldet: Wilo, Huber, Invent, Grundfos, KSB, Sulzer, Xylem Europe, Endress+Hauser, Gea Westfalia Seperator Group, Kaeser Kompressoren, Enviro Chemie, Otto Graf, Aerzener Maschinenfabrik, Veolia Warer Technologies, AVK Armaturen, Hawle, Talis, Siemens und Hermann Sewerin. Die „Kommunaltechnik“ ist vertreten durch: Faun, Bucher Municipal, Aebi Schmidt, Küpper-Weisser und Fayat. Und die „Fahrzeuge“ mit: Iveco, Scania, Volvo, DAF, Daimler Truck und Mercedes Benz. Dazu kommen internationale Gemeinschaftsstände aus Belgien, China, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, den Niederlanden, Österreich, Südkorea, der Schweiz, der Tschechischen Republik, der Türkei, Ungarn sowie den USA.

In gewohnter Weise gestalten wieder zahlreiche Verbände das Messeprogramm aktiv mit – als Aussteller, mit Sonderschauen, Live-Demonstrationen, Besichtigungstouren und Vorträgen. Besonderen Zuspruch erfährt dabei die Start-up-Fläche: „Es ist hochspannend zu sehen, wie groß das Interesse von Start-ups an der Messe ist. Sie brauchen dringend den Zugang zu den Märkten, um ihre innovativen Lösungen in die Welt zu tragen“, beobachtet Philipp Eisenmann, Projektleiter der IFAT Munich. „Alle relevanten Marktteilnehmer treffen sich von Angesicht zu Angesicht an einem Ort, bauen ihr Netzwerk aus und treiben ihren Geschäftserfolg voran.“

Foto: Messe München GmbH

Ein Kernthema: Zero Liquid Discharge (ZLD)
Wasserknappheit gehört zu den Faktoren, die abwasserarme oder gar abwasserfreie industrielle Prozesse in Zukunft noch notwendiger machen werden. Auf der IFAT werden die dafür erforderlichen Technologien präsentiert und die Marktbedingungen diskutiert. Der Wasserverbrauch der deutschen Industrie ist seit über drei Jahrzehnten rückläufig. Entnahmen Bergbau und Verarbeitendes Gewerbe in 2016 in Summe noch rund 5,8 Milliarden Kubikmeter, waren es in 2019 nur noch 4,7 Milliarden Kubikmeter. Die Fortsetzung dieses Trends ist auch in Zukunft richtig und wichtig, denn durch sich häufende Dürreperioden kann das „blaue Gold“ in manchen Regionen des an sich wasserreichen Deutschlands zu einem knappen Gut werden. „Vor dem Hintergrund der sich dadurch abzeichnenden, zukünftig verstärkten Nutzungskonflikte liegt es im eigenen Interesse der Wirtschaft, noch intensiver über den richtigen Umgang mit Wasser nachzudenken“, regt Uli Paetzel an. Dem Präsidenten der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) zufolge könnten Unternehmen wassersparende Technologien, Regenwasser oder gereinigtes Abwasser noch konsequenter nutzen.

Was technologisch machbar wäre
Zumindest theoretisch ist das Maximalziel dabei eine gänzlich abwasserfreie Produktion. Technologisch wäre das machbar. So ging im Jahr 2016 in San José Chiapa/Mexiko ein Audi-Werk in Betrieb, das diese Leistung für sich beansprucht. Nach Angaben des Automobilherstellers wird dort das entstehende Abwasser zu hundert Prozent aufbereitet und anschließend als Betriebswasser, in der Produktion und zum Bewässern der Grünflächen des Werksgeländes eingesetzt.

Neben vielen weiteren schon realisierten Lösungen in diversen Branchen werden immer neue Anwendungsfelder für Zero Liquid Discharge (ZLD) erschlossen. Aktuell entwickelt ein Konsortium unter Beteiligung der Technischen Universität Dresden im Förderprojekt „Med-zeroSolvent“ Methoden für eine abwasserfreie Herstellung von Dialyse-Membranen.

„Wirtschaftlich lohnt sich die Installation einer abwasserfreien Lösung allerdings nur unter bestimmten Rahmenbedingungen“, stellt Elmar Billenkamp, Abteilungsleiter Projektierung & Vertrieb bei der EnviroChemie GmbH, fest. Die Firma mit Sitz in Roßdorf/Hessen ist ein international agierender Systemanbieter für industrielle Wasseraufbereitung und -behandlung. Laut dem Experten gehört Wasserknappheit zu den möglichen unternehmerischen Triebfedern: „Wo Wasser günstig und gut verfügbar ist, spielt ZLD in der Regel keine Rolle. In Regionen, in denen Wasser Mangelware ist, kann es sich hingegen häufig lohnen, den Wasserkreislauf zu schließen.“ Billenkamp führt als Beispiel einen Hersteller von Solarpanels in Katar an, bei dem salzhaltige Abwässer so aufbereitet werden, dass sie wieder in den Wasserkreislauf der Produktion eingespeist werden können.

Foto: Messe München GmbH

Chance, sich unabhängiger zu machen
Ein weiterer Anlass für eine aufwändige betriebsinterne Abwasseraufbereitung sind Probleme mit dem örtlichen Kanalanschluss – sei es durch behördliche Beschränkungen bei der Einleitung oder weil an der Produktionsstätte die entsprechende Infrastruktur ungenügend ist oder gänzlich fehlt. „ZLD ist auch eine Chance, sich von administrativen Entscheidungen unabhängig zu machen. So hat sich ein Automobilhersteller in seinem Motorenwerk in Kasachstan für seine ölhaltigen Abwässer für eine Zero Liquid Discharge-Lösung entschieden, weil er die Kosten der Abwasserbehandlung unter Kontrolle halten wollte“, berichtet Billenkamp.

Hinzu kommt der Trend, dass sich vor allem große Unternehmen zunehmend eigene Umweltziele setzen, die sie im Rahmen von Nachhaltigkeitsstrategien erreichen wollen. Dabei kann ZLD eine wichtige Rolle spielen. „Deutsche Automobilhersteller gehören hier zu den Vorreitern, die sich oftmals sehr strikte Vorgaben für die Entsorgungsmengen ihrer industriellen Abwässer auferlegen“, sagt Thomas Dotterweich, Senior Projektingenieur Vertrieb H2O GmbH. Das Unternehmen in Steinen/Baden-Württemberg ist auf die Aufbereitung von Industrieabwasser spezialisiert. Je nach Inhaltsstoffen des behandelten Abwasserstroms können durch ZLD-Verfahren außerdem konzentrierte Feststoffe, Schlämme und Flüssigkeiten entstehen, die sich nicht nur sicher entsorgen, sondern unter Umständen mit einem wirtschaftlichen Vorteil verwenden oder verkaufen lassen. „Beispielsweise ist es bei Salzbadhärtereien möglich, das Konzentrat einer Vakuumdestillationsanlage erneut im Produktionsprozess einzubinden, sodass wertvolle Rohstoffe eingespart werden“, beschreibt Dotterweich. Ein wirtschaftliches Konzept realisierte ein Automobilzulieferer in Mexiko. Die dort über ZLD anfallenden, hoch ölhaltigen Konzentrate lassen sich zur Energieerzeugung verbrennen. Das Unternehmen verdient mit dem Verkauf der Konzen­trate.

Schwammstädte als Zukunftsaufgabe
Unsere Städte müssen in Zukunft voraussichtlich ein Wechselspiel von Starkregen und Trockenphasen meistern. Dazu ist ein durch das Schlagwort „Schwammstädte“ umrissener Paradigmenwechsel beim Umgang mit dem Niederschlagswasser nötig. Auf der IFAT werden Herausforderungen und Hemmschuhe diskutiert sowie Lösungen und Best-Practice-Beispiele präsentiert.

Hinter dem Konzept der „Sponge-City“, also der Schwammstadt, steht die stadtplanerische Idee, möglichst viel Regenwasser durch urbane Grünzonen, Feuchtgebiete, Wasser- und Überflutungsflächen sowie Multifunktions-Speicherräume aufzunehmen, statt es sofort und direkt in Kanäle und Vorfluter abzuleiten. Im Idealfall gelingt es dadurch, nicht nur die Folgen von Unwettern abzudämpfen, sondern Regenwasser für nachfolgende Trockenzeiten zu speichern. Mit dem kostbaren Nass lassen sich dann Bäume und Grünflächen am Leben erhalten, die zusammen mit begrünten Dächern und Fassaden zur Kühlung und Luftverbesserung der Stadt beitragen.

Kopenhagen und Wien zum Vorbild
Nach asiatischen Vorreitern wie Singapur und diversen südchinesischen Metropolen gibt es mittlerweile auch etliche europäische Städte, die ambitionierte Schwammstadt-Projekte vorweisen können. Als Pioniere gelten hier Kopenhagen und Wien. In der dänischen Hauptstadt wird bereits seit dem Jahr 2014 eine entsprechende Wasserbewirtschaftung umgesetzt. Dazu gehört zum Beispiel ein Netzwerk aus unterirdischen Entlastungstunneln oder die Bewässerung von Stadtgrün mit Wasser aus zentral gelegenen Kläranlagen.

In der österreichischen Kapitale entsteht auf dem ehemaligen Flugfeld Aspern ein neuer Stadtteil namens Seestadt. Zu den hier realisierten wasserbewussten Maßnahmen zählen unter anderem großzügige, zusammenhängend gestaltete Wurzelräume, die Niederschlagswasser speichern und über lange Zeiten an die Stadtbäume abgeben. Außerdem agieren in die Baumgruben integrierte und mit streusalzresistenten Stauden bepflanzte Sicker-, Filter- und Absetzbecken wie dezentrale Kleinstkläranlagen.

In Deutschland ist Hamburg ein prominentes Beispiel. In der Hansestadt konnten nach Angaben des Wasserversorgungsunternehmens Hamburg Wasser in den letzten Jahren zum Beispiel Neubaugebiete geschaffen werden, in denen das Regenwasser fast komplett abgekoppelt ist von der Kanalisation.

Damit dieser Wandel in Zukunft in möglichst vielen weiteren Städten und Gemeinden gelingen kann, ist es wichtig, dass die verschiedenen Fachabteilungen der jeweiligen Kommune – neben der Stadtentwässerung vor allem die Raum- und Verkehrsplanung sowie das Grünflächenamt – eng kooperieren. Diese Zusammenarbeit beginnt für Johannes Lohaus, Sprecher Bundesgeschäftsführung der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), idealerweise bereits in der Phase Null, also vor dem eigentlichen Projektbeginn. Auch die möglichen Investoren sollten seiner Einschätzung nach schon zu diesem Zeitpunkt ins Boot geholt werden.

Rechtlicher Rahmen verbesserungsfähig
Juristisch sind entsprechende Projekte auf der Grundlage des geltenden Rechts bereits heute möglich. Das Abwasserrecht des Wasserhaushaltsgesetzes und der Landeswassergesetze sowie das Baugesetzbuch erkennen der dezentralen Niederschlagswasserbewirtschaftung Priorität zu. „Der rechtliche Rahmen muss aber noch weiter im Sinne einer wasserbewussten Zukunftsstadt optimiert werden“, weist Lohaus hin. Unter anderem müsse im Wasserhaushaltsgesetz ein klarer gesetzlicher Auftrag zur Entwicklung der dezentralen Niederschlags-Bewirtschaftung normiert werden. Ergänzend sollten die Bundesländer wasserrechtlich Möglichkeiten der Entgelt- oder Gebühren(mit)finanzierung des Starkregen-Risikomanagements schaffen. Diese Möglichkeit sehen die Landesgesetze nach Einschätzung des DWA-Experten derzeit noch nicht ausreichend vor.

Die wasserwirtschaftliche Anpassung von Städten und Gemeinden an den Klimawandel ist ein Kernthema der IFAT Munich 2022. So werden Partnerinstitutionen der Messe, wie das Bayerische Umweltministerium, die DWA und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), dazu passende Veranstaltungen im Konferenzprogramm der Messe organisieren. Zusätzlich plant der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), bei Messe-Touren gezielt Lösungen zu Starkregen und Überflutungsvorsorge zu präsentieren.

Impulse für mehr Kreislaufwirtschaft bei Kunststoffen
Die globale Plastikflut ist ungebrochen – mit deutlichen Folgen für Umwelt und Klima. Es gilt, den gigantischen Materialstrom zu einem Kreislauf umzuformen. Die dafür erforderlichen politischen Pläne, gesetzlichen Regelungen und technologischen Lösungen bilden einen weiteren Schwerpunkt des IFAT-Informationsangebots.

Foto: Messe München GmbH

Der derzeitige „Lebenszyklus“ von Kunststoffen ist alles andere als zirkulär. Das ist eine der Botschaften des Reports „Global Plastics Outlook: Economic Drivers, Environmental Impacts and Policy Options“, den die Industriestaatenorganisation OECD Ende Februar dieses Jahres vorlegte. Demnach haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten weltweit sowohl die Jahresproduktion von Kunststoffen als auch die Menge an deren Abfällen mehr als verdoppelt. Letztere betrugen im Jahr 2019 rund 460 Millionen Tonnen. Nur neun Prozent davon wurden recycelt, während 19 Prozent verbrannt und fast 50 Prozent auf Mülldeponien entsorgt wurden. Die restlichen 22 Prozent landeten auf unkontrollierten Deponien, wurden in offenen Gruben verbrannt oder gelangten in die Umwelt.

Neben den vieldiskutierten Umweltproblemen mit Mikro- und Makroplastik haben Kunststoffe auch einen beträchtlichen Kohlenstoff-Fußabdruck: Sie tragen während ihres gesamten Lebenszyklus‘ zu 3,4 Prozent der globalen Treib­hausgasemissionen bei. Die Schließung von Materialkreisläufen könnte diesen Fußabdruck erheblich verringern.

Doch welche Impulse und Maßnahmen sind für mehr Kreislaufwirtschaft bei Kunststoffen notwendig? Dazu veröffentlichte zum Beispiel die deutsche Kunststoff- und Recyclingindustrie im vergangenen Oktober ein gemeinsames Positionspapier. Dieses vereinigt die Standpunkte des Verbandes Plastics Europe Deutschland, des GKV Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende Industrie, des VDMA-Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen, des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. (BDE) sowie des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse). Als zielführende Ansatzpunkte nennen sie eine recyclinggerechte Produktgestaltung, den Umgang mit Exporten von Altkunststoffen, das EU-weite Ende der Deponierung von Kunststoffabfällen sowie die Ausweitung von Entsorgungs- und Verwertungsstrukturen. Außerdem müssten die Marktbedingungen für den Einsatz von Rezyklaten weiter verbessert werden. Dafür brauche es einen klaren politischen Fahrplan und die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen.

Viele richtige Punkte im Koalitionsvertrag
Als einer dieser politischen Fahrpläne kann der Ende November 2021 von der neuen deutschen Bundesregierung vorgestellte Koalitionsvertrag gesehen werden. Er führte den Begriff einer „Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie“ ein. Zu den dort genannten Zielen gehört unter anderem ein gesetzlich verankertes Fondsmodell, das ressourcenschonendes und recyclingfreundliches Verpackungsdesign sowie den Rezyklateinsatz belohnen soll. Außerdem wollen die Koalitionsparteien höhere Recyclingquoten sowie eine produktspezifische Mindestquote für die Verwendung von Rezyklaten und Sekundärrohstoffen auf europäischer Ebene festschreiben.

Die Verbände der deutschen Entsorgungswirtschaft begrüßen generell die politische Wertschätzung des Themas Kreislaufwirtschaft – und sehen auch viele richtige Punkte im Vertrag. Gleichzeitig sind sie gespannt auf die konkrete gesetzgeberische Umsetzung – zum Beispiel bei der geplanten Aufnahme der chemischen Verwertung als Recyclingoption in das Verpackungsgesetz. Für den bvse beispielsweise kann die chemische Umwandlung von Kunststoffen in ihre chemischen Grundbausteine oder Basischemikalien nur eine ergänzende Funktion zum werkstofflichen Recycling haben. „Es darf nicht dazu kommen, dass dem Kunststoffrecycling die qualitativ hochwertigen Verpackungsströme entzogen werden“, mahnt bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock.

Der Fingerzeig der Kommission
Hohe Lenkungswirkung auf EU-Ebene wird dem im Jahr 2019 von der Europäischen Kommission ausgerufenen Green Deal zugeschrieben. Laut dem ehrgeizigen Plan soll die Gemeinschaft bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein. Unter den dafür anvisierten Maßnahmen nimmt die Kreislaufwirtschaft eine zentrale Rolle ein. Es ist vorgesehen, in der EU bis zum Jahr 2030 nur noch wiederverwendbare oder rezyklierbare Verpackungen herzustellen. Außerdem soll ein neuer Rechtsrahmen für biologisch abbaubare und biobasierte Kunststoffe geschaffen werden. Wo Abfall nicht vermieden werden kann, muss dessen wirtschaftlicher Wert zurückgewonnen werden. Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel sind zu verhindern oder zu minimieren.

„Der European Green Deal ist definitiv ein Fingerzeig der Kommission, der allen Branchen noch einiges abverlangen wird“, ist sich Dr. Sarah Brückner, Geschäftsführerin des VDMA Fachverband Abfall- und Recyclingtechnik, sicher. Nach ihren Worten haben in den letzten Jahren viele neue Technologien dafür gesorgt, dass mehr Verpackungen recycelt werden können. „Aber auch die besten Verfahren kommen an ihre Grenzen, zum Beispiel bei der Verwertung von Materialverbunden“, weiß Brückner. Insofern befürworte die Branche grundsätzlich den Vorschlag der Kommission, die Rezyklierbarkeit schon bei der Herstellung der Verpackungen einzufordern. „Jedoch erachten wir die Umsetzung – sprich die Definition von ‚recyclingfähig‘ – als schwierig bis nahezu unmöglich. Denn was heute nicht recycelbar ist, kann es morgen bereits sein“, gibt die Expertin zu bedenken.

Die globale Plastikverschmutzung beenden
Eine internationale Perspektive auf den zukünftigen Umgang mit Kunststoffen lieferte Anfang März dieses Jahres die Resolution der fünften UNO-Umweltversammlung in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Nach dem Willen der Vertreter von 175 Staaten soll bis Ende 2024 eine weltweit rechtsverbindliche Konvention erarbeitet werden, die die globale Plastikverschmutzung beenden soll. In dem geplanten Vertrag sollen auch Standards und Maßnahmen festgelegt werden, die den gesamten „Lebenszyklus“ von Kunststoffen abdecken. In diesem Kontext betont die Resolution die Bedeutung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. „Eine unabdingbare Voraussetzung im globalen Kampf gegen die Vermüllung von Landschaften und Weltmeeren ist der Aufbau einer Entsorgungsinfrastruktur“, kommentiert BDE-Präsident Peter Kurth und fährt fort: „Deponien – ob legal oder illegal – sind generell keine gute Lösung, schon gar nicht bei leichten Kunststoffabfällen. Die Technologien zur Sammlung und Verwertung von Kunststoffen sind da – nun gilt es, sie weltweit zum Einsatz zu bringen.“

Circular Design, chemisches Recycling und politische Marktsteuerung – diese hier angerissenen Schlagworte und viele weitere Aspekte aus den Themenfeldern Kreislaufwirtschaft generell und Kunststoffrecycling im Besonderen finden sich im Fachvortragsprogramm der IFAT wieder. Der VDMA Fachverband Abfall- und Recyclingtechnik organisiert außerdem die „Prozesswelt Kunststoffrecycling“, während der BDE und die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen auf einer Sonderfläche Best-Practice-Beispiele gelebter Kreislaufwirtschaft präsentieren. Und auch auf einer vom bvse unterstützen Messepräsentation stellen Kunststoffrecyclingunternehmen ihr Leistungsspektrum vor.

www.ifat.de

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2022, Seite 12, Foto: Messe München GmbH)

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