EU-Textilstrategie: Ziele sind nur mit den Schlüsselakteuren der Recyclingbranche zu erreichen

Der bvse-Fachverband Textilrecycling sieht in der am 30. März 2022 von der EU-Kommission veröffentlichten EU-Textil-Strategie eine echte Chance, das in Deutschland gut etablierte Alttextil-Sammelsystem weiter zu fördern und auszubauen.

Ziele der Strategie sind unter anderem, die in der EU auf den Markt gebrachten Textilerzeugnisse bis zum Jahr 2030 „langlebig“ und recycelbar zu gestalten und unter Wahrung der sozialen Rechte und des Umweltschutzes herzustellen.

Die richtigen Anreize gesetzt
Die EU-Kommission sieht ein erhebliches Potenzial zur Verringerung von Textilabfällen und zur Sicherstellung einer weiteren Wertschöpfung, indem die Vorbereitung für Wiederverwendung und Recycling verbessert wird. In diesem Zusammenhang plant die Kommission im Rahmen der bevorstehenden Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie im Jahr 2023, harmonisierte EU-Vorschriften zur erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien mit einer Öko-Modulation der Gebühren vorzuschlagen. „Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Kommission voraussetzt, dass die Hersteller für die von ihren Produkten verursachten Abfälle die Verantwortung übernehmen, um das Aufkommen von Textilabfällen vom Wachstum des Sektors abzukoppeln“, führte der bvse-Vizepräsident und Vorsitzende des Fachverbandes Textilrecycling, Stefan Voigt, aus: „Die deutschen Unternehmen in der Alttextilbranche finanzieren seit Jahren das etablierte und für die Bürgerinnen und Bürger kostenlose System der Altkleiderabgabe. Eine erweiterte Herstellerverantwortung bringt die Chance, die Wirtschaft für Sammlung, Sortierung, Wiederverwendung, Vorbereitung zur Wiederverwendung und Recycling im Sinne der zirkulären Wirtschaft und des Klimaschutzes weiterzuentwickeln.“

Umdenken und Zusammenarbeit unerlässlich
Der europäische Textilverbrauch stellt eine der größten Ursachen von Umweltbelastungen dar und ist mitverantwortlich für den Klimawandel. „Allein in Deutschland werden jährlich circa 1,3 Millionen Tonnen Altkleider und -schuhe gesammelt. Das sind über 15 Kilogramm pro Einwohner – mit steigender Tendenz“, weiß Voigt.

Die EU-Kommission will mit der Textilstrategie das Problem der Schnelllebigkeit der Mode bekämpfen. Aktuelle Modetrends haben in den letzten Jahren zu einem „Fast-Fashion“-Verhalten und zu einer Wegwerfmentalität geführt. „Modeketten bieten pro Jahr mehrere Kollektionen an. Zudem hat die übliche Nutzungsdauer von Textilien in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Billigwaren aus Materialmixen und Synthetik-Fasern haben zugenommen. Dieser Umstand führt dazu, dass die Qualität der Textilien gesunken ist, was negative Folgen für die Reparierbarkeit und die „Langlebigkeit“ der Kleidung hat. Damit setzt die Strategie hier an der richtigen Schnittstelle an. Aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher bleiben zu einem Umdenken im Konsumverhalten aufgefordert.“ Für Stefan Voigt ist es an der Zeit, dass alle Akteure entlang der textilen Wertschöpfungskette ihrer Verantwortung nachkommen.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2022, Seite 7, Foto: FWS GmbH)

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