Personenzüge für Zustellungsdienste

Güter- und Personenverkehr – in Zukunft könnte man beides verbinden: Die Technische Universität Wien und die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) prüfen in einem Forschungsprojekt, welche Logistikmöglichkeiten sich ergeben, wenn Personenzüge für Zustellungsdienste genutzt werden. Welche Voraussetzungen müssten dafür geschaffen werden?

Manchmal muss es schnell gehen: „Stellen wir uns vor, wir verreisen und haben ein wichtiges Dokument vergessen“, veranschaulicht Marcel Weber vom Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien das Vorhaben. „Wenn ich es mir per Post zuschicken lasse, bekomme ich es vielleicht am nächsten Tag. Aber wenn man die Eisenbahninfrastruktur optimal nützt, dann könnte das auch viel schneller gehen.“ Innerhalb großer Städte gibt es Fahrrad-Botendienste, die solche kurzfristigen Lieferaufgaben übernehmen. Doch ein österreichweites Hochgeschwindigkeits-Zustellsystem fehlt bisher noch.

„Wir haben bereits ein Sondierungsprojekt zu diesem Thema abgeschlossen“, fährt Weber fort, „und festgestellt: Der Personenzugverkehr hätte großes Potenzial, nicht nur Personen, sondern auch kleinere Güter zuzustellen.“ Möglich wäre eine Kooperation mit anderen Logistikunternehmen. So könnte etwa ein Fahrradbotendienst ein Paket übernehmen und zum Zug bringen, das dann am Zielbahnhof wieder von Fahrradboten übernommen und zugestellt wird. Oder man könnte das Paket auch einfach zu einer Abholstation am Bahnhof transportieren lassen, wo es vom Adressaten selbst abgeholt wird.

„Das ließe sich relativ leicht ändern“
Bedarf dafür gäbe es jedenfalls – das wurde vom Forschungsteam am Institut für Verkehrswissenschaften bereits erhoben. Allerdings müsste noch die nötige Infrastruktur geschaffen werden. „Die Züge selbst sind derzeit natürlich nicht auf Warentransport ausgelegt, aber das ließe sich relativ leicht ändern“, ist Weber zuversichtlich. „Man müsste etwa Regale oder Transportboxen in Personenzügen installieren und möglicherweise den Platz etwas umstrukturieren.“ Ab 2026 könnten bei der bestehenden ÖBB-Railjet-Flotte neue Logistik-Anforderungen mitberücksichtigt werden.

An den Bahnhöfen müssten ebenfalls die nötigen Einrichtungen geschaffen werden. Und nicht zuletzt wäre auch ein intelligentes IT-System erforderlich, das die Warentransporte managt. „Nach unseren Voruntersuchungen sind wir davon überzeugt, dass das funktionieren würde und dass dieses Konzept auch wirtschaftlich sinnvoll ist“, konstatiert Marcel Weber. In einem Nachfolgeprojekt soll nun noch eine Reihe wichtiger Details geklärt werden. Es müssen noch rechtliche Rahmenbedingungen analysiert und realistische Zustellzeiten berechnet werden. Geplant sind zudem Unternehmensbefragungen, um eine bessere Vorstellung des Bedarfs an schnelleren Zustell-Optionen zu bekommen.

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(Erschienen im EU-Recycling Magazin 09/2022, Seite 31, Foto: Rudy and Peter Skitterians / pixabay.com)