Abfallwirtschaft in Mittel- und Osteuropa: Haushaltslücke der EU bremst Reformen
Ein neuer Bericht von Bankwatch, Za Zemiata und Zelena Akcija in Zusammenarbeit mit Zero Waste Europe zeigt, dass die derzeitigen Haushaltsmittel der EU für Maßnahmen zur Kreislaufwirtschaft und kommunalen Abfallbewirtschaftung nicht ausreichen, um den mittel- und osteuropäischen Ländern dabei zu helfen, die Dekarbonisierungsziele der EU zu erreichen.
Der Bericht analysiert die Verwendung von EU-Fördermitteln für die Abfallwirtschaft in neun mittel- und osteuropäischen Ländern: Bulgarien, Kroatien, Rumänien, Ungarn, Tschechische Republik, Slowakei, Estland, Lettland und Polen. Er kommt zu dem Schluss, dass viele dieser Länder weit hinter optimalen Abfallwirtschaftspraktiken zurückliegen, insbesondere bei der Trennung und Wiederverwertung von Bioabfällen. Dies sei größtenteils auf einen Mangel an gezielten Fördermitteln für höherwertige Abfallwirtschaftslösungen wie Abfallvermeidung, -reduzierung und -recycling zurückzuführen.
Gezieltere Investitionen erforderlich
Während im Investitionszeitraum 2014 bis 2020 Verbesserungen beim Recycling und der Reduzierung von Deponien erzielt wurden, sind die Fortschritte bei der Reduzierung der Methanemissionen aus Deponien langsam und bleiben aufgrund der ineffizienten Ableitung von Bioabfällen aus gemischten Abfallströmen eine Herausforderung.(*) Im Jahr 2020 stammten 27 Prozent der gesamten Methanemissionen der EU aus dem Abfallwirtschaftssektor, wobei Deponien einen großen Beitrag leisteten. Die Dekarbonisierung des Abfallsektors erfordert gezieltere Investitionen in die Behandlung von Bioabfällen, Methanabscheidungstechnologien und die Kreislaufwirtschaft – einschließlich gezielter Unterstützung der lokalen Behörden bei der Verbesserung der Systeme zur Sammlung und Wiederverwertung von Bioabfällen und inklusive der Finanzierung lokaler Kommunikation und Humanressourcen.
Das Budget für Abfallwirtschaft und Kreislaufwirtschaft 2021 bis 2027 ist 39 Prozent höher als im Zeitraum 2014 bis 2020 und progressiver. Dabei wird Vermeidung, Minimierung, Sortierung, Wiederverwendung und Recycling Vorrang eingeräumt. Insbesondere sind 60 Prozent der Gesamtzuweisung für die Bewirtschaftung von Haushalts- und Industrieabfällen vorgesehen, vor allem für das Recycling. Dieser Wandel hin zu nachhaltigeren und ressourcenschonenderen Verfahren wird durch die neuen Finanzierungsregeln der Kohäsionspolitik und den Grundsatz „Vermeidung erheblicher Schäden“ im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität verstärkt, die die Finanzierung von Verbrennungs- und Deponieprojekten beschränken und Investitionen in höherwertige Abfallwirtschaftslösungen lenken.
Eine große Herausforderung
Saša Jovanović, Kampagnenleiter von Cities for People bei Bankwatch, kommentiert: „Eine Erhöhung der geplanten Budgets für Abfallwirtschaft und Kreislaufwirtschaft in den neun mittel- und osteuropäischen Ländern um 39 Prozent für den aktuellen Finanzierungszeitraum klingt zwar ermutigend, doch die tatsächlichen Ergebnisse hängen davon ab, wie zeitgerecht und effizient die Länder diese Mittel einsetzen. Fallstudien aus dem Finanzierungszyklus 2014 bis 2020 – wie die neue Infrastruktur für die Bewirtschaftung biologisch abbaubarer Abfälle im bulgarischen Blagoevgrad oder die Bewirtschaftung von Bioabfällen auf der kroatischen Insel Krk – zeigen, dass proaktive Kommunen und Regionen einen Weg finden können, ihren Abfall nachhaltig zu bewirtschaften, wenn sie sich auf die Umleitung von Deponien und die ordnungsgemäße Behandlung von Bioabfällen konzentrieren.“
Iva Dimitrova, Aktivistin für wirtschaftliche Gerechtigkeit bei Za Zemiata, bemerkt: „Die Bewirtschaftung von Bioabfällen bleibt in den untersuchten Ländern Mittel- und Osteuropas eine große Herausforderung. Im Jahr 2020 wurden nur zehn Prozent des Hausmülls getrennt als Bioabfall gesammelt. In Bulgarien ist die Situation noch alarmierender: Dort werden nur drei Prozent gesammelt; der Großteil verrottet auf Mülldeponien und setzt Methan frei. Es sind dringend Investitionen in die Infrastruktur für die getrennte Sammlung erforderlich, kombiniert mit wirtschaftlichen Anreizen wie höheren Steuern auf Deponien und Verbrennung sowie der Einführung eines Pay-as-you-throw-Systems, um die Deponierung zu reduzieren und die Abfallvermeidung zu fördern.“
Marko Košak, Programmkoordinator von Zero Waste Cities bei Zelena Akcija, pflichtet bei: Progressive Städte in Europa zeigen, dass eine effiziente Bewirtschaftung von Bioabfällen möglich ist und dass EU-finanzierte Projekte eine wertvolle Rolle spielen können. Leider könnten die für diese Finanzierung zuständigen Ministerien in den EU-Ländern bei der Verteilung der Mittel und der Unterstützung der Kommunen bei der Erreichung ihrer Ziele zur Reduzierung von Bioabfällen auf Deponien viel effektiver sein.“
Janek Vahk, Zero Waste Europe‘s Zero Pollution Policy Manager, macht deutlich: „Deponiemethan ist eine der größten Klimabedrohungen, doch die EU-Finanzierung für die Abfallwirtschaft reicht immer noch nicht aus. Da Deponien für 27 Prozent der europäischen Methanemissionen verantwortlich sind, sind dringend Investitionen erforderlich, um die Sammlung von Bioabfällen, Kompostierung und Vorbehandlungstechnologien wie die biologische Behandlung auszubauen, um die Methanbildung an ihrer Quelle zu stoppen. Ohne entschlossenes Handeln laufen wir Gefahr, unsere Klimaziele zu verfehlen und zuzulassen, dass Abfall die Klimakrise beschleunigt.“
Der vollständige Bericht „Waste management and the circular economy in central and eastern Europe: An analysis of EU cohesion policy funding“ steht hier zur Verfügung:
https://zerowasteeurope.eu/library/waste-management-and-the-circular-economy-in-central-and-eastern-europe-an-analysis-of-eu-cohesion-policy-funding/
(*) Die Gesamtmenge an Deponieabfällen in den analysierten Ländern belief sich im Jahr 2020 immer noch auf fast 19 Millionen Tonnen, was bedeutet, dass die Reduzierung des CO2e im Vergleich zu 2014 weniger als sechs Prozent beträgt.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 04/2025, Seite 10, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)