Chemisches Recycling: Greenwashing oder Durchbruch?

Immer mehr Unternehmenspartnerschaften aus dualen Systemen, Chemieunternehmen und Verpackungs- oder Lebensmittelkonzernen melden einen Durchbruch beim chemischen Recycling.

Auf deutliche Kritik stößt diese Darstellung jedoch beim bvse-Fachverband Kunststoffrecycling. Bei solchen Pressemitteilungen werde, bemängelt der bvse, die Materialausbeute bei der chemischen Behandlung der Abfälle, meist Pyrolyse-Verfahren, nicht quantifiziert. Zudem werde auch nicht mitgeteilt, wie hoch der Anteil des Pyrolyseöls anschließend bei der Herstellung der neuen Verpackungen und Produkte überhaupt ist.

Das würde auch das positiv gemalte Bild deutlich trüben, mutmaßt der Recyclingverband, weil der Pyrolyse-Prozess nicht nur äußerst energieaufwändig ist, sondern auch die Prozessverluste enorm hoch sind. Am Ende erhalte man zwar Pyrolyseöl, aus dem dann, wenn es denn tatsächlich dafür geeignet ist, in weiteren Verfahrensschritten und nur zu einem geringen Anteil auch Polyethylen und Polypropylen zurückgewonnen werden kann. „Hier von einem Closed-Loop-Verfahren zu sprechen, ist nichts anderes als Schönfärberei oder neudeutsch Greenwashing“, meint Dr. Dirk Textor, Vorsitzender des bvse-Fachverbands Kunststoffrecycling.

„Zeit, dass die Fakten auf den Tisch kommen“
Es werde auch nicht deutlich gemacht, dass Sortierreste, Schredderleichtfraktionen oder Rejects aus dem Recycling für die chemische Aufbereitung im Grunde überhaupt nicht geeignet sind. Kunststoffe mit Sauerstoff, Stickstoff oder Chlor, wie PET, PA, PC, PVC und PU, seien für dieses Verfahren ebenfalls kein einsetzbares Input-Material. „Im Grunde bleiben nur die Polyolefine, und genau die eignen sich hervorragend für das werkstoffliche Recycling“, erklärt Textor.

bvse-Experte Dr. habil. Thomas Probst bemängelt zudem, dass weder die Verfahrenskosten noch der Energieaufwand und schon gar nicht der CO2-Ausstoß des Pyrolyseverfahrens thematisiert werden. Probst: „Wir sind offen für neue Verfahren, aber es wäre jetzt wirklich einmal an der Zeit, dass die Fakten auf den Tisch kommen, damit objektiv geklärt werden kann, wo wir verfahrenstechnisch stehen und ob wir es hier wirklich mit einem ökologischen Projekt der Kreislaufwirtschaft zu tun haben.“ Solange dies nicht geschehe, ergänzt Textor abschließend, „muss man davon ausgehen, dass es in erster Linie darum geht, die Bemühungen für effizientes Design for Recycling zu konterkarieren.“

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2022, Seite 55 -Meinung-, Foto: bnorbert3 / stock.adobe.com)