Seltene Erden: Europas wohl größte bekannte Lagerstätte

Das schwedische Bergbauunternehmen LKAB hat im Gebiet von Kiruna bedeutende Vorkommen – über eine Million Tonnen – an Seltenerdelementen in Form von Oxiden entdeckt.

LKAB spricht von einem Sensationsfund in der Per-Geijer-Erzlagerstätte, der die Abhängigkeit Europas von China langfristig verringern werde. Jan Moström, President und Group CEO: „Das sind gute Nachrichten – nicht nur für unser Unternehmen, die Region Kiruna und Schweden, sondern auch für Europa und das Klima. Dies ist die größte bekannte Lagerstätte von Seltenerd­elementen in unserem Teil der Welt, und sie könnte ein wichtiger Baustein für die Produktion der kritischen Rohstoffe werden, die für den grünen Übergang absolut entscheidend sind.“ Seltenerdmetalle seien unerlässlich unter anderem für die Herstellung von Elektrofahrzeugen und Windkraftanlagen.

Frage der Wirtschaftlichkeit
In Europa werden derzeit keine Seltenen Erden abgebaut; gleichzeitig wird die Nachfrage aufgrund der Energie- und Mobilitätswende voraussichtlich dramatisch steigen, was zu einer weltweiten Unterversorgung und zunehmenden geopolitischen Spannungen führen könnte. Nach Einschätzung der Europäischen Kommission soll sich die Nachfrage nach Seltenen Erden unter anderem für Elektroautos und Windkraftanlagen bis 2030 mehr als verfünffachen. Europa ist heute auf Importe dieser Mineralien angewiesen, wobei China mit schätzungsweise 44 Millionen Tonnen an Seltenerdmetall-Reserven den Markt vollständig dominiert – ein Faktor, der die Anfälligkeit der europäischen Industrie erhöht.

Gegenüber der „Tagesschau“ äußerte Thomas Hillebrandt, Geowissenschaftler und Wissenschaftsredakteur beim „Südwestrundfunk (SWR)“, Zweifel an der wirtschaftlichen Bedeutung der Seltenerdmetall-Vorkommen in Schweden: „In Deutschland gibt es meines Wissens nach Vorkommen fast in einer ähnlichen Größenordnung, die aber einfach nicht wirtschaftlich sind. Solange man dann vielleicht den Faktor 100 an Produktionskosten braucht – im Vergleich dazu, das ganze aus China zu importieren –, solange wird sich das nicht lohnen. Über den Preis wird sich entscheiden, aus welchen Quellen man Seltene Erden bezieht.“

Das sieht die schwedische Ministerin für Energie, Wirtschaft und Industrie, Ebba Busch, anders: „Die Elektrifizierung, die Selbstversorgung der EU und die Unabhängigkeit von Russland und China werden in der Mine beginnen. Wir müssen die industriellen Wertschöpfungsketten in Europa stärken und echte Chancen für die Elektrifizierung unserer Gesellschaften schaffen. Die Politik muss der Industrie die Voraussetzungen geben, auf eine grüne und fossilfreie Produktion umzustellen. Hier hat die schwedische Bergbauindustrie viel zu bieten. Der Bedarf an Mineralien zur Bewältigung der Umstellung ist groß.“

Ein langer Weg zur Mine
Der Weg zu einem möglichen Abbau der Lagerstätte wird als lang beschrieben. Als erstes gilt es, eine Abbaukonzession für die Lagerstätte Per Geijer bei Kiruna – die nördlichste Stadt in Schweden (Provinz Norrbottens Iän) – zu beantragen. Zugleich werden die Bedingungen für den Abbau untersucht. LKAB plant, im Jahr 2023 einen Antrag auf eine Nutzungskonzession stellen zu können. Es wurde bereits damit begonnen, einen mehrere Kilometer langen Stollen in etwa 700 Meter Tiefe in der bestehenden Kiruna-Mine in Richtung der neuen Lagerstätte vorzubereiten, um diese tiefgehend und detailliert untersuchen zu können. In der Region Kiruna wird seit mehr als 130 Jahren Erz abgebaut.

Jan Moström geht davon aus, dass es zehn bis fünfzehn Jahre dauern wird, bis mit dem Abbau begonnen und die gewonnenen Rohstoffe auf den Markt gebracht werden können: „Entscheidend ist dabei die Fokussierung der EU-Kommission auf dieses Thema, den Zugang zu kritischen Materialien zu sichern, und das Kritische-Rohstoffe-Gesetz, an dem die Kommission derzeit arbeitet.“ Moström fordert in diesem Zusammenhang, die Genehmigungsverfahren zu ändern, um einen verstärkten Abbau dieser Art von Rohstoffen in Europa gewährleisten zu können. „Der Zugang ist heute ein entscheidender Risikofaktor sowohl für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie als auch für den Klimawandel“, konstatiert Moström.

Siebenmal so viel Phosphor
Im Frühjahr 2022 stellte LKAB vielversprechende Ergebnisse der laufenden Exploration in Kiruna und Gällivare vor. Die Lagerstätte Per Geijer (sie ist benannt nach dem schwedischen Mineralogen und Geologen Per Adolf Geijer, 1886 bis 1976) befindet sich in unmittelbarer Nähe zu bestehenden Betrieben in Kiruna. Umfangreiche Untersuchungen zeigen einen Anstieg von 400 Millionen Tonnen an Mineralressourcen mit hohem Eisengehalt auf über 500 Millionen Tonnen und dass die Lagerstätte Per Geijer bis zu siebenmal so viel Phosphor enthält wie die Erzkörper, die LKAB heute in Kiruna abbaut. Phosphor ist einer von drei Nährstoffen in Mineraldüngern, die für die Lebensmittelproduktion notwendig sind, und steht auf der EU-Liste kritischer Mineralien.

Das Vorkommen an Seltenerdmetallen in Form von Seltenerdoxiden in der Per Geijer-Lagerstätte wird auf eine Million Tonnen geschätzt. Laut LKAB würde diese Menge ausreichen, um einen Großteil des zukünftigen EU-Bedarfs zur Herstellung von Permanentmagneten zu decken, die für Elektromotoren unter anderem in Elektrofahrzeugen und Windkraftanlagen benötigt werden. Die Ergebnisse werden gemäß dem Berichtsstandard PERC 2021 dargestellt, der für das Bergbauunternehmen der vorherrschende internationale Standard ist. Die Seltenerdelemente in Per Geijer kommen zusammen mit Phosphor im Mineral Apatit vor, das als Nebenprodukt in Erzlagerstätten anfällt. Bei Luleå soll ein Industriepark zur Verarbeitung von Phosphor, Seltenerdelementen und Fluor entstehen. Produktionsstart ist voraussichtlich 2027.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2023, Seite 18, Foto: wikimedia)