Wie Seltene Erden aus Elektronikschrott effizient und nachhaltig rückgewonnen werden können
Die auf Mikrobiologie basierenden Methoden Biolaugung und Bioakkumulation stellen eine vielversprechende „grüne“ Technologie zur Rückgewinnung kritischer Rohstoffe aus Elektronikschrott dar. Sie ist kosteneffektiv, erzeugt keine gefährlichen oder umweltschädlichen Folgeabfälle und verbraucht weniger Energie, sagen die Entwickler. Die beteiligten Forschungsteams der BOKU University Tulln und IMC University of Applied Sciences Krems in Österreich haben sich hierfür zu einer Kooperation zusammengeschlossen.
Die grundlegenden Prinzipien der Recyclingverfahren für Seltene Erden beruhen auf der Säureproduktion durch bestimmte Mikroorganismen, die in der Lage sind, bestimmte Metalle wie Eisen, Kupfer oder Aluminium aus dem Elektronikschrott zu „laugen“. Diese Metalle stören den Aufnahmeprozess der Seltenen Erden in der darauffolgenden Bioakkumulation. Beide Methoden sind bereits seit längerem Forschungsthemen der beiden Partner, BOKU Tulln und IMC Krems.
„Training für Mikroben“
Für die biologische Laugung werden die Bakterien Acidithiobacillus thiooxidans und Alicyclobacillus disulfidooxidans verwendet, die aus einem sauren Bergbausee (pH 2,6) in Tschechien stammen und dann im Labor gemischt kultiviert wurden. Diese acidophilen und chemolithotrophen Organismen gedeihen hervorragend in saurer Umgebung und beziehen ihre Energie aus der Oxidation von anorganischen Verbindungen. Für die Bioakkumulation konnte sich Escherichia coli, das allseits bekannte Darmbakterium, als erfolgreichster Anreicherer von Seltenen Erden durchsetzen.
Die Herausforderung in der Praxis besteht für das Anreicherungsverfahren, mit dem Seltene Erden rückgewonnen werden können, vor allem im dem hohen Gehalt anderer für Elektroschrott typischer Metalle. Speziell Eisen, Kupfer und Aluminium stören den biotechnologischen Prozess. Um alle Möglichkeiten bei der Problembewältigung auszuschöpfen, entwickelten die Forscher ein „Training für Mikroben“. Mit Hilfe eines am IST-Klosterneuburg entwickelten Gerätes namens Morbidostat werden die Organismen schrittweise an höhrere Metallkonzentrationen gewöhnt. Dabei muss aber speziell für die Bioakkumulation behutsam vorgegangen werden, damit die Organismen nicht ihre Fähigkeit zur Anreicherung der Wertstoffe verlieren.
In Stufen zur Effizienz
Die aktuell angewandten Methoden zur Gewinnung Seltener Erden basieren auf chemischen Verfahren, die mit der Entstehung umweltschädlicher Nebenprodukte und der Generierung neuer Problemstoffe einhergehen. Eine Kombination biotechnologischer Verfahren weist gegenüber chemischen Methoden klare Vorteile auf, da sowohl die Laugung als auch die Akkumulation in den Zellen der Bakterien umweltfreundlich und nachhaltig sind und in keiner Phase des Prozesses gefährliche oder umweltschädliche Stoffe entstehen.
Allerdings sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um die großen Unterschiede in der Zusammensetzung von Elektroschrott zu überwinden. Auch bei einer Veränderung der Konzentration von störenden Metallen wie Aluminium, Eisen oder Kupfer muss die Technologie so funktionieren, dass die Ergebnisse reproduzierbar und zuverlässig sind.
Die Forschenden von BOKU Tulln und IMC Krems verfolgen dazu mehrere Strategien. Eine weitere Vorgehensweise ist die Gewöhnung der für die Biolaugung und Bioakkumulation verantwortlichen Bakterien an hohe Konzentrationen störender Metalle. Dies wird durch den Einsatz eines Systems namens Morbidostat ermöglicht. In diesem System werden die Mikroorganismen einer allmählich ansteigenden Konzentration von Störmetallen ausgesetzt. Anschließend wird abgewartet, bis die Akkulturation einsetzt und die Organismen anfangen, weiter zu wachsen.
Zusammen mit der Konditionierung der Mikroorganismen werden Systeme getestet, die eine Verringerung der Konzentration von Störmetallen auslösen können. Zu den untersuchten Materialien gehören die sogenannten Ligninhydrogele, die an der BOKU entwickelt wurden. Die Kombination dieser Strategien zielt darauf ab, die Effizienz und Nachhaltigkeit der innovativen Kombination von Biolaugung und Bioakkumulation zu gewährleisten, um eine neue, umweltfreundliche Methode für das Recycling Seltener Erden zu entwickeln. Bei diesem Bioakkumulationsschritt konnten bis zu 85 Prozent Metallrückgewinnungsraten aus Elektronikschrott erzielt werden.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Kombination der biotechnologischen Verfahren. Die vielversprechenden Grundlagen für diese in Entwicklung befindlichen Methoden wurden kürzlich im Fachjournal „Frontiers in Microbiology“ veröffentlicht.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 08/2024, Seite 28, Foto: IMC Krems University of Applied Sciences)