Rückbau & Recycling von Windkraftanlagen: Probleme gelöst?
Die Bundesregierung will den Ausbau der Windenergie vorantreiben: Bis 2030 soll eine Leistung von 115 Gigawatt an Land und 30 Gigawatt auf See realisiert werden. Was aber passiert, wenn diese Windkraftanlagen eines Tages das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben?
Nach Ansicht des BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e. V. müssen beim Rückbau der Anlagen große Mengen an Materialien behandelt werden, für die es im Moment noch keine adäquaten Verwertungswege gibt. Es sei daher an der Zeit, die ambitionierten Ziele einer nachhaltigen Energiegewinnung aus Sicht der Kreislaufwirtschaft zu analysieren, meinte der Verband und lud Ende Juni zu einem Online-Diskussionsabend ein.
Bei dieser Gelegenheit informierte Dr. Petra Weißhaupt, Fachstelle für den Rückbau und das Recycling von Windenergieanlagen im Umweltbundesamt (UBA), dass von den rund 34.500 Windkraftanlagen derzeit nahezu 31.000 in Betrieb sind. Mehr als 1.040 wurden bereits stillgelegt, 39 vorübergehend. In Planung sind fast 2.460 neue Anlagen. Neben der Errichtung neuer Windkraftanlagen werde auch die Zahl der Rückbauten in der Zukunft ansteigen.
Den Angaben zufolge sind Regelwerke entweder vorhanden, in Vorbereitung oder werden erarbeitet. Darüber hinaus seien Erlasse der Länder fortzuschreiben, beispielsweise mit Blick auf Rückstellungsleistungen, Rückbauumfang sowie emissionsmindernde Maßnahmen. Gleichzeitig gebe es abfalltechnische Herausforderungen. Voraussichtlich würden Demontageanlagen für Rotorblätter und Maschinenhäuser notwendig. Dies bedinge eine Änderung der Abfallverzeichnisverordnung. Und auch eine jährliche und systematische Auswertung von Stilllegungsanzeigen im Marktstammdatenregister sowie die Erfassung von Havarien sei notwendig.
Laut Andrea Fehr von der TSR Recycling GmbH & Co. KG lassen sich 90 Prozent der Masse einer Windkraftanlage problemlos in den Materialkreislauf zurückführen. Das gilt für den Turm (Grobbleche) ebenso wie für das Maschinenhaus (Generator und Getriebe), Aluminium sowie Kabel. Dafür ständen der Recyclingindustrie entsprechende Technologien (Shredder, Scheren oder Kabelaufbereitungsanlagen) zur Verfügung.
Das Metallrecycling allein reicht aber nicht aus. Nach den Angaben sind für ein maßgeschneidertes Rückbaukonzept technische und anlagenspezifische Daten der Hersteller maßgeblich. Es gebe keine Rückbauverpflichtung für parkinterne Verkabelung und externe Kabeltrassen des Windparks. Hier gingen wertvolle Ressourcen verloren.
Die Rotorblätter bildeten jedoch eine Herausforderung, denn die Verbundwerkstoffe – carbonfaserverstärkte bzw. glasfaserverstärkte Kunststoffe (CFK bzw. GFK) – benötigen eine aufwändige Behandlung, je nach Verfahren. Sie werden oft thermisch verwertet, wofür die Kontingente begrenzt seien. Die stoffliche Verwertung erfolge in der Zementindustrie oder als Composite-Werkstoff in Terrassendielen, Lärmschutzwänden und Möbeln, berichtete Frau Fehr. In diesem Zusammenhang wies sie auch darauf hin, dass unvollständige Daten bezüglich des Aufbaus sowie der verwendeten Materialien für die Rotorblätter ein effizientes Recycling erschweren. Ihrer Ansicht nach sind in Deutschland regulatorische Maßnahmen der Politik für diese Composite-Materialien und deren stoffliche Verwertung nötig.
Nach Auffassung von Dr. Rupert Schnell, Head of Circularity of Bulk Plastics bei der Evonik Operations GmbH, erlauben chemische Recyclingverfahren die Wiederverwertung von Kohlenstoff, wobei er der Solvolyse eine höhere Effizienz im Hinblick auf die Kohlenstoffwiederverwertungsquote im Vergleich zur Pyrolyse einräumt. Eine Lösung sei nur im Verbund und mit Partnern entlang der gesamten Wertschöpfungskette möglich.
Hersteller sind gefordert
Deutschland stelle seit Jahrzehnten Windanlagen auf die Felder, die nicht vernünftig verwertbar sind, wurde BDE-Präsident Peter Kurth Anfang Juli von der dpa (Deutsche Presse-Agentur) zitiert. Die mit Carbon oder Glasfasern durchsetzten Rotoren seien für das Recycling ein Problem. Diese Verbundwerkstoffe landeten am Ende in der thermischen Verwertung oder im Ausland auf Deponien. Das sei eine ärgerliche Ressourcenverschwendung. Die Hersteller sollten ihre Windräder so bauen, dass diese nach ihrer etwa zwei Jahrzehnte währenden Nutzungszeit gut in verschiedene Bestandteile zerlegt und wiederverwertet werden können. „Die Wertstoffe müssen zurück in den Kreislauf, anstatt sie einfach nur zu verbrennen.“
Wie die dpa weiter berichtete, findet Kurth es bedauerlich, dass dieses Abfallproblem bei der Energiewende nicht mitbedacht worden sei. Er hoffe darauf, dass die Bundesregierung im kommenden Jahr harte Vorgaben in einer Strategie zur Kreislaufwirtschaft macht. Kurth halte es für denkbar, „dass Hersteller eine Übergangsfrist bekommen und danach nur noch gut recycelbare Rotorblätter auf den Markt bringen dürfen“.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 09/2023, Seite 6 -von Brigitte Weber-, Foto: Erich Westendarp / pixabay.com)