Schrottmarktbericht Dezember 2023: Punktuell rasante Tempoaufnahme durch internationale Nachfrage

Die Erwartungshaltung und die Anzeichen sprachen dafür, dass 2023 das Jahr der Erholung werden könne. Doch die Rahmenbedingen bleiben schwierig, nicht zuletzt durch die geopolitischen Konflikte und den schwelenden Haushaltsstreit. Besonders die anhaltenden Spannungen um den Bundeshalt verunsichern die Bürger. Viele Unternehmen stellen ihre Investitionsentscheidungen erstmal zurück. Staatsausgaben in Höhe von 20 Mrd. Euro sind plötzlich gestrichen.

Das Bruttoinlandsprodukt wird demnach um 0,5 Prozent nach unten gedrückt. Im schlimmsten Fall erhalten wir einen Rückgang von einem Prozent. Nach dem BIP-Rückgang im dritten Quartal deuten aktuelle Konjunkturdaten auch im vierten Quartal auf eine schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung hin. Der seit Sommer zu beobachtende rückläufige Trend beim Produzierenden Gewerbe setzt sich weiter fort. Positive Entwicklungen bei den Investitionen dürften sich spürbar abschwächen, während sich der private Konsum erfreulicherweise stabilisiert. Die Inflationsrate belief sich im November auf 3,2 Prozent, der niedrigste Wert seit Juni 2021.

Schrottmarkt
Der Schrottmarkt startete zunächst verhalten in den neuen Monat. Stahlwerke versuchten im November bereits Dezembermengen miteinzukaufen, da sie von einem stabilen Markt ausgingen. Längere Stillstandzeiten kündigten viele Werke an. Die Ausweitung der Stillstandzeiten als probates Mittel, um Produktionskürzungen vorzunehmen, wurde bereits im November intensiv diskutiert. Allerdings drangen in den ersten Dezembertagen erhöhte internationale Schrottabschlüsse in den Markt, die den Preisdruck massiv vorantrieben. Insgesamt kam es zu zwei aufeinanderfolgenden Einkaufskampagnen türkischer Importeure. Schrottmengen flossen so in den internationalen Exportmarkt ab, obwohl die Verfügbarkeit auf dem Binnenmarkt ohnehin nicht sehr gut aussah. Saisonbedingt lag die Materialverfügbarkeit um ca. 35 Prozent unter dem eines normalen Handelsmonats. Dieser begrenzte Materialeingang war durchweg über alle Qualitäten zu beobachten. Wenig Vormaterial lief zu den Bearbeitungsaggregaten, bei denen die Auslastung ein großes Problem darstellte. Die Mengen aus den Entfallstellen liefen verhältnismäßig gut, aber der Exportmotor sorgte für einen großen Druck, der sich in steigenden Schrottpreisen von 20-30 €/t äußerte, bei denen sich die Alt- und Neuschrotte preislich wieder angeglichen haben.

Schrott in den Regionen
In der nördlichen Region war die Nachfrage nach Schrotten unterschiedlich. Während einige Werke keinen Bedarf signalisierten, kauften andere Werke erwartete Mengen ein. Die Preise stiegen dennoch aufgrund des Exportdrucks um 20-30 €/t. Im Osten waren die Preiserhöhungen etwas kräftiger und lagen zwischen 25-30 €/t. Ein Werk soll über die Feiertage weitestgehend durchproduzieren und hat bis in den Dezember hinein Schrotte gekauft. Im Westen lagen die Preisanstiege zwischen 20-25 €/t. Ein Werk kaufte bereits Januar-Menge mit einem Preisaufschlag von 20 €/t. Im Süden lagen die produzierten Jahresmengen ca. 20-30 Prozent hinter den ursprünglichen Erwartungen. Die Preisaufschläge lagen aber dennoch im ähnlichen Bereich zu den anderen Regionen zwischen 20-30 €/t. Auch im Südwesten haben Marktteilnehmer nicht mit den hohen Preisaufschlägen gerechnet. Die Zukaufmengen waren normal, wobei anliegenden Lieferanten die geforderten Mengen bereitstellen konnten. Durch den Preisdruck aus Luxemburg wurden auch hier Preissteigerungen von 25-30 €/t gezahlt. Die Saar schloss sich diesen Preiserhöhungen mit 20-30 €/t an, da der französische Markt mit plus 30 €/t etwas kräftiger als der deutsche Markt ausgeprägt war.

Schrott in den Nachbarländern
In Frankreich sind die Preise im Dezember für Stahlschrotte um 30 €/t gestiegen. In Luxemburg lagen die Preiserhöhungen zwischen 20-30 €/t, bei verhältnismäßig guten Zukaufmengen. In Österreich wurden sowohl bei den Altschrotten als auch bei den Neuschrotten Aufschläge von 20 €/t gezahlt. Das Materialaufkommen bei den Alt- und Neuschrotten ist sehr knapp, auch weil die Produktion der Werke bei niedrigen 60 Prozent liegt. In der Schweiz haben die Werke teilweise bereits für den Januar miteingekauft. Die Werke klagen über eine schwierige Auftragslage seitens des Fertigmaterials. Anfang des Monats sind die italienischen Käufer in Panik verfallen, nachdem die Schrottnachfrage höher ausfiel als ursprünglich erwartet. Eigentlich wollten viele Werke aufgrund der schwachen Stahlnachfrage die Weihnachtsferien verlängern, aber nach neuen Informationen hat sich dieses Vorhaben geändert. Im Gegensatz wollen jetzt einige Werke ihre Produktion so gut wie möglich aufrechterhalten und überwiegend in den Neujahrsferien durchproduzieren. Die Schrottpreise haben sich im Vergleich zum deutschen Markt auf einem höheren Preisniveau eingependelt, je nach Qualität bei plus 30-40 €/t. Dies ist der Tatsache zu schulden, dass die Werke einem Nachholbedarf aus den vergangenen Monaten hinterherliefen. Italienische Schrottlieferanten konnten die nachgefragten Schrottmengen nicht vollständig decken. Auf dem polnischen Markt haben die Schrottpreise um 10-15 €/t zugenommen. Marktteilnehmer gehen von einem sehr festen Markt für Januar aus. Der tschechische Markt hat ebenfalls um 10-15 €/t zugenommen.

Schrottmarkt international
Die Überlastung des Panamakanals und die starke Beeinträchtigung der Trockenmassengüter verschärfte die saisonal knappe Schiffsverfügbarkeit in den USA. Die Frachtkosten stiegen innerhalb einer Woche rasant um 20 Prozent auf über 40 $/t an und befinden sich weiter in einer Aufwärtsbewegung. Die türkischen Schrottimportpreise sind in den ersten Dezembertagen sprunghaft angestiegen, nachdem vorausgehende gestiegene Tiefseeverträge bekannt wurden. Inländische Werke zogen nach und erhöhten daraufhin ihre Einkaufspreise zunächst zwischen 6-18 $/t. Der erhöhte Importpreis ließ auch die türkischen Sammelschrotte steigen. Kaum ein Marktteilnehmer hatte mit so hohen Mengenabschlüssen auf dem Importmarkt gerechnet.

Nach einer schwachen Kaufaktivität auf dem Importschrottmarkt in den letzten Monaten, beschlossen türkischen Stahlwerke Ende November ihre Lagerbestände vor den Feiertagen aufzustocken. Gestützt wurde die Situation durch eine grundlegende optimistische Haltung und durch einen sehr starken US-Inlandsmarkt mit steigenden Frachtraten und demzufolge höheren Angeboten von Exporteuren. Der inländische US-Schrottverkauf wurde schnell aktiv und die Schrottgebote in Detroit für Shredderschrotte und Bonusmaterial stiegen um 50 $/t an, P&S um 30 $/t. Die Angebote der US-Exporteure stiegen zunächst auf 425 $/t CFR Türkei für die HMS 1/2 (80:20) danach sogar auf bis zu 430 $/t. Daraufhin kletterten die Hafenpreise an der amerikanischen Küste für die HMS 1/2 (80:20) auf 330-335 $/t frei geliefert.

Teure Verkäufe von Tiefseeschrotten veranlassten einige türkische Werke verstärkt über die Dauer des Aufwärtstrends nachzudenken. Sie agierten daraufhin verhalten angesichts der rasanten Tempoaufnahme am Markt. Preislich etwas reduziertere Angebote lehnten sie ab. Andere Stahlwerke suchten währenddessen Schrottladungen und kauften Ware aus den USA und von kontinentaleuropäischen Lieferanten. Nach Auffassung von Marktbeobachtern könnte der stetige Anstieg der Schrottpreise nur durch den Widerstand türkischer Bewehrungsstahlkäufer gedämpft werden. Diese Käufer haben sich überwiegend zurückgezogen und warten auf klare Signale. Die Aktivitäten auf dem türkischen Schrottimportmarkt zeigten sich nach einem regen Auftrieb durch eine zweite große Einkaufskampagne gedämpft. Die Preise stiegen durch die zweite große Einkaufskampagnen, da mehr als 10 Ladungen verkauft wurden, wodurch sich die Gesamtzahl auf 33 Januar-Verschiffungen erhöhte. Somit haben türkische Stahlwerke fast ihre gesamten Bedarfe für Januar gedeckt und beginnen bereits Ausschau nach Februar-Verladungen zu halten.

Das Marktbild bei den Gießereien war sehr unterschiedlich. Einige Gießereien kauften bereits in den ersten Dezembertagen Schrotte ein, andere Gießereien hatten nach wie vor mit Kurzarbeit zu kämpfen. Das Thema möglicher Insolvenzen im Gießereimarkt wird immer noch ausführlich diskutiert. Verkäufer klagen, dass die Kreditversicherung von Gießereien schwieriger geworden ist. Seit dem Sommer haben Gießereien, die für den Maschinen- und Anlagenbau produzieren, zunehmend Nachfrageschwierigkeiten bekommen. Dennoch lagen die Preisaufschläge für den Monat Dezember zwischen 20-30 €/t.

Ausblick
Jüngste Stimmungsindikatoren, wie das ifo Geschäftsklima, die ZEW Konjunkturerwartungen oder der Einkaufsmanagerindex (EMI) der Industrie in Deutschland, lassen auf eine optimistischere Zukunft blicken. Auch die privaten Haushalte scheinen im Zuge der rückläufigen Inflationsraten und steigender Realeinkommen optimistischer gestimmt zu sein. Auf dem Stahlmarkt und damit auch auf dem Schrottmarkt zeigt sich ein uneinheitliches Bild.

Der Schrottmarkt wurde im Dezember sowohl von der Exportnachfrage, die überwiegend aus der Türkei stammte, als auch von der für diesen Monat ungewöhnlich hohen inländischen Schrottnachfrage überrascht. Das Auffüllen der Lagerbestände stand bei der Auslands- und Inlandsnachfrage oftmals im Fokus. Die Werke wollten nicht mit ihren niedrigen Lagerbeständen in das neue Jahr gehen. Von den türkischen Verbrauchern war zu vernehmen, dass sie bereits Schrottmengen für die Februar-Verladung gekauft haben, was Nachfragedruck aus dem Januarmarkt nimmt. Jedoch ist die Materialverfügbarkeit zurzeit schwierig und wird sich vermutlich auch nicht im Januar merklich verbessern. Viele Stahlwerke haben in Deutschland nicht, wie vorher angekündigt, das Instrument der ausgeweiteten Stillstandzeiten für die Verkürzung der Produktionszeiten in Anspruch genommen. Inwiefern mit einer Nachfragebelebung im Januar zu rechnen ist oder ob die Stahlwerke durch eine Ausweitung der Produktion lediglich ihre Fixkosten auffangen möchten, ist schwer einzuschätzen. Für große Nachfrageimpulse Anfang Januar scheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings keine Grundlage zu bestehen.

Redaktionsschluss 18.12.2023, Johannes Hanke, bvse (Alle Zahlen ohne Gewähr), Foto: O. Kürth