Werkstoffentwicklung bei Trimet: Aluminiumlegierungen als CO2-Bremse

Eine günstige Klimabilanz wird zunehmend zum Qualitätskriterium für Industriegüter. Damit gewinnen die nachhaltige Herstellung und Verarbeitung von Werkstoffen an Bedeutung.

Der Aluminiumhersteller Trimet hat sich frühzeitig auf die Nachhaltigkeitsanforderungen der verarbeitenden Industrie eingestellt. Das Familienunternehmen setzt auf die Minimierung von CO2-Emissionen im gesamten Produktlebenszyklus. Neben dem Ausbau des Geschäftsbereichs Recycling und der Entwicklung einer Technologie zur emissionsfreien Erzeugung von Primäraluminium gehört dazu die Werkstoffentwicklung. Die Trimet-Forschungslabors entwickeln Aluminiumlegierungen, die eine ressourcenschonende Verarbeitung erlauben und einen hohen Recyclinganteil aufweisen. Sein Know-how bringt der Aluminiumspezialist in ein aktuelles Forschungsprojekt ein, das die Grundlage für eine ökologische und wirtschaftliche Optimierung von Aluminiumwerkstoffen im Fahrzeugbau schaffen soll.

Neben den Klimaschutzzielen treiben steigende Energiepreise die Verarbeiter von Werkstoffen dazu an, durch Energieeinsparung Kosten zu senken und damit gleichzeitig Emissionen zu reduzieren. Eine von Trimet entwickelte Aluminiumlegierung zeigt, dass Energie- und Kosteneffizienz mit der Optimierung von Stoffkreisläufen Hand in Hand gehen können. Die Druckgusslegierung trimal-38 (AlSi8ZnMn) ermöglicht es, den Energiebedarf zu senken und die Kosteneffizienz zu steigern. Die Legierung erfordert nach dem Abgießen keine Wärmebehandlung und weist trotzdem hervorragende mechanische Eigenschaften und ein sehr gutes Crash-Verhalten auf. Der Werkstoff erfüllt die höchsten Standards der Automobilindustrie. Er eignet sich für Batteriegehäuse oder Strukturbauteile, insbesondere von Elektrofahrzeugen, ist aber auch für andere Industriezweige von Interesse. Im Vergleich zu herkömmlichen Druckgusslegierungen bietet trimal-38 eine optimale Duktilität im gegossenen Zustand. Dies zeigt sich in der hohen Dehnungsrate und der hervorragenden Umformbarkeit.

Neue Forschungen von Trimet liefern den Nachweis, dass trimal-38 einen höheren Anteil an Recyclingmaterial mit Bestandteilen an Eisen und Kupfer aufnehmen kann, ohne die mechanischen Eigenschaften zu beeinträchtigen. Die Legierung trägt so zu einer weiteren Reduktion des CO2-Fußabdrucks bei. Denn gegenüber Primärmetall spart die Verwendung von Recyclingaluminium bis zu 85 Prozent CO2 und 95 Prozent Energie ein. Trimet hat diesen Effekt bereits bei der Legierung trimal-04 (AlSi10MnMg) genutzt. Fahrzeugbauer und andere Anwender setzen diese Recyclinglegierung erfolgreich als Alternative zur Primärlegierung trimal-05 (AlSi10MnMg) ein.

Forschungsprojekt „SUPA-Wheel“
Seine Erfahrungen bei der Werkstoff­entwicklung bringt Trimet in das Forschungsprojekt „SUPA-Wheel“ ein. Das Verbundprojekt der Fachhochschule Dortmund verfolgt das Ziel, ein Aluminiumrad zu entwickeln, das die technischen, ökonomischen und ökologischen Anforderungen von Herstellern für unterschiedliche Antriebsstränge erfüllt. Die Projektbeteiligten erarbeiten eine branchen- und materialübergreifende Entwicklungs- und Konstruktionsmethodik, die die CO2-Bilanz eines Produktes berechnet und bei der Verarbeitung berücksichtigt. Damit sollen CO2-Emissionen reduziert und nach Möglichkeit sogar vermieden werden.

Neben Kleinstschmelz- und Wärmebehandlungsaggregaten betreibt Trimet eine Versuchsgießanlage im produktionsnahen Maßstab

Trimet übernimmt in dem Projekt die Entwicklung, Charakterisierung und Produktion von recyclingfähigen und auf Recyclingmaterial basierenden Materialien zur Produktion von Rädern im Niederdruckgussverfahren. Mittels einer Entwicklungsmethodik, die auf der sogenannten statistischen Versuchsplanung (englisch: Design of Experiment, DoE) basiert, werden dabei Gleichgewichts-, Gefüge- und Eigenschaftssimulationen, Laborabgüsse und spezifische Wärmebehandlungen bewertet. Mit einem anschließenden Eigenschaftsscreening gelingt es so, sich der Legierung, die den Anforderungen optimal entspricht, iterativ zu nähern.

Mit der Charakterisierung und Bewertung der Laborwerkstoffe verfolgt Trimet vor allem den Zweck, einen möglichst hohen Anteil an Recyclingaluminium einzusetzen. Neben entsprechenden Vorbehandlungs- und Reinigungsmaßnahmen des Recyclingmaterials werden die unterschiedlichen Entwicklungslegierungen erschmolzen und der maximal mögliche Rezyklatanteil ermittelt. Darüber hinaus untersuchen die Trimet-Spezialisten legierungstechnische Maßnahmen, um das geforderte Eigenschaftsprofil möglichst kosteneffizient zu erreichen. Die aussichtsreichsten Legierungen stellt das Unternehmen im Vorserien- und Produktionsmaßstab auf seinen Versuchsanlagen her. Die Projektpartner verarbeiten diese Legierungen dann im entsprechenden Maßstab mittels Niederdruckguss weiter.

Trimet verfolgt mit diesem Teilvorhaben das Ziel, ein fundamentales Verständnis der relevanten Wechselwirkungen zwischen Prozessparametern und deren Auswirkungen auf die technologischen Eigenschaften der Sekundärmaterialien entlang der gesamten Prozesskette zu gewinnen. Neben Trimet sind die Unternehmen Borbet und Jordan Spritzgusstechnik sowie das Forschungsinstitut Fraunhofer IGCV Verbundpartner von „SUPA-Wheel“. Das bis Ende 2025 laufende Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aus Mitteln des Technologietransfer-Programms Leichtbau gefördert.

In seinen Forschungslabors entwickelt Trimet neben neuen Legierungen auch recyclingfähige Varianten handelsüblicher Primärlegierungen

Legierungen mit hohem Recyclinganteil
Wenn es um Werkstoffe geht, die Ansprüche der Nachhaltigkeit erfüllen, verfügt Trimet über umfassende Erfahrungen. So entwickelt die Abteilung Forschung und Entwicklung des Unternehmens recyclingfähige Legierungsvarianten von handelsüblichen Primärlegierungen. Dabei ist sichergestellt, dass die neuen Legierungen keine wesentlich veränderten Eigenschaften gegenüber ihren Pendants aus Primärmetall aufweisen. Dies gilt für Strukturbauteile und Rahmen im Maschinenbau ebenso wie für Fenster- und Türprofile im Baubereich, für Stromleiter in der Energiewirtschaft, für Strukturbauteile in Windkraft- und Photovoltaikanlagen sowie für Stoßstangen und Batteriekästen im Fahrzeugbau. Beispiele für nachhaltige Werkstoffalternativen sind die Knetlegierungen trimal-52 und trimal-53. Sie vereinen höchste Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit mit der für die Verwendung in Strukturbauteilen geforderten Crasheignung. Neben Standardwerkstoffen entwickelt das Unternehmen in enger Zusammenarbeit mit seinen Kunden Sonderlegierungen für spezielle Anwendungen. Dafür stehen neueste rechnergestützte Simulationstechnik wie die CalPhaD-Methode und eine Gieß-/Erstarrungssimulation nach der Finite-Elemente-Methode sowie eine Laborausstattung zur Verfügung, die mechanische Prüfungen, Mikrostrukturuntersuchungen (LiMi, REM, XRD) sowie die Bestimmung elek­trischer und korrosionschemischer Eigenschaften erlaubt. Hinzu kommen Kleinstschmelz- und Wärmebehandlungsaggregate für Formate von fünf bis 40 Kilogramm sowie eine Versuchsgießanlage im produktionsnahen Maßstab. So kann Trimet Sonderlegierungen in Versuchsmengen von bis zu fünf Tonnen in exakt jenen Geometrien abgießen, die der Verarbeiter unter realen Bedingungen auf seinen Produktionsanlagen einsetzt.

trimet.eu

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 01/2024, Seite 34, Fotos: Trimet)