Experten lehnen Papierverbunde ab

Bereits im April 2021 wies eine Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung im Auftrag der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen darauf hin, dass Papierverbunde der Kreislaufwirtschaft schaden. Dafür wurden drei Gründe angeführt.

Zum einen benötigen Papierverbunde durchschnittlich 40 Prozent mehr Material, sodass 2025 mit 25.000 Tonnen an zusätzlichen Abfall zu rechnen sein wird. Zum anderen liege der Faseranteil von Verbundverpackungen bei rund 70 Prozent, sodass die restlichen 30 Prozent – hauptsächlich Kunststoffbeschichtungen – in die energetische Verwertung gingen. Und schließlich würden Papierverbunde auch nicht oder nur begrenzt recyclingfähige Kunststoffverpackungen ersetzen.

Mit welchen Änderungen mittelfristig zu rechnen sein wird, skizzierte Gunda Rachut, Chefin der Stiftung der Zentralen Stelle Verpackungsregister, auf der bvse-Jahrestagung im Herbst 2021. So führe ein Trend zur Umstellung der Verpackung auf faserbasierte Verbunde mit einem Kunststoffanteil von über fünf Prozent, ein anderer bewirke die Umstellung auf faserbasierte Verpackungen für flüssige und pastöse Füllgüter mit einem Kunststoffanteil von unter fünf Prozent. Die erste Verpackungsart werde als Leichtverpackung unter PPK recycelt, ergäbe somit ein heterogenes papierhaltiges Gemisch von schlechter Qualität, mit Geruchsbelastung und späterer Schimmelbildung. Die zweite Version lasse sich in der PPK-Sammlung nicht vollständig reinigen, enthalte kontaminierte Papiersorten und sei daher schlechter vermarktbar. Die Verwertbarkeit werde bei beiden Lösungen durch materielle Neuentwicklungen zusätzlich erschwert.

„Ganz klar der falsche Weg“
Laut einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung im Auftrag der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen könnte sich der Einsatz an Papierverpackungen bis 2030 im Vergleich zu 2020 von 241.000 Tonnen auf knapp 600.000 Tonnen mehr als verdoppeln. Durch eine „Plastiksteuer“ sei sogar eine jährliche Mengensteigerung auf 700.000 Tonnen zu erwarten. Der GVM-Studie nach sind zwei Drittel solcher Verbunde zu weniger als 90 Prozent recyclingfähig – im Gegensatz zu Kunststoffverpackungen, die zu rund zwei Dritteln 95-prozentige Recyclingfähigkeit besitzen. Zusätzlich steigt bei Papierverbunden durch die Substituierung des Kunststoffs durch Papier die Abfallmenge um mindestens 35 bis 40 Prozent, da diese deutlich schwerer wiegen: „Kunststoffverpackungen sind in 79 Prozent der untersuchten Fälle leichter als ihre Pendants aus Papierverbunden.“

Vor einem Mehr an papiernen Verbundverpackungen warnt jetzt auch Dr. Wolf Karras, Experte für Ökodesign bei Eko-Punkt, dem Dualen System von Remondis. Seiner Ansicht nach lässt sich in Papierverbunden eingesetzter Kunststoff nicht und der Papieranteil bestenfalls anteilig recyceln.
Karras befürchtet steigende Abfallmengen sowie sinkende Recyclingfähigkeit und prognostiziert: „Der Schuss geht nach hinten los!“ So würden die abfallwirtschaftlichen Zielsetzungen Abfallvermeidung und Kreislaufführung konterkariert. „Inverkehrbringer von Verpackungen sollten daher schon heute den Grad der Recyclingfähigkeit kennen und bei Bedarf optimieren“, betont der Wertstoffexperte. Papierverbundverpackungen seien „ganz klar der falsche Weg“. Deutlich sinnvoller seien nach seiner Meinung Monokunststoff-Verpackungen aus Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE).

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 08/2024, Seite 29, Foto: Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM))