Schiffsrecycling: Wie der Rechtsrahmen verbessert werden könnte
Der Verband für Schiffsbau und Meerestechnik e.V. (VSM) legt Handlungsempfehlung vor.
Das Recycling von Schiffen ist inzwischen europäisch und international weitgehend geregelt. Doch in Deutschland war bisher das fachgerechte Verwerten von Altschiffen nur unter unverhältnismäßig hohen Hürden möglich, teilt der VSM in einer Presseaussendung mit: „Deutsche Betriebe standen in diesem Zusammenhang bisher vor großen genehmigungsrechtlichen Herausforderungen. In der deutschen Schiffbauindustrie bestand und besteht weiterhin Interesse, Schiffe nach dem Ende ihrer Betriebszeit nachhaltig zu verwerten, doch die aufwändigen Genehmigungen und Zertifizierungen sind bis heute ein Hindernis für Schiffsrecycling.“
Eine zielführende Lösung
Um die Vorteile der Kreislaufwirtschaft auch durch nachhaltiges Schiffsrecycling hierzulande zu nutzen, sollten diese rechtlichen Hürden überprüft und auf ein zielführendes Maß abgebaut werden.
Der VSM schlägt daher Anpassungen an der vierten Bundesimmissionsschutzverordnung (4. BImSchV) vor, indem das fachgerechte Recycling beziehungsweise die Demontage von Schiffen in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von Werften ergänzt wird. „Außerdem plädieren wir für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach Paragraph 19 Bundesimmissionsschutzgesetz für den Rückbau von Schiffen größer 500 Bruttoraumzahl (BRZ) sowie für einheitliche Handlungsempfehlungen für Genehmigungsbehörden vor Ort“, erklärt der Verband und hofft auf einen Einbezug des Vorschlags im Rahmen des Revisionsverfahrens. VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken kommentiert wie folgt: „Die Anforderungen für Schiffsrecycling in Deutschland sind ein Beispiel für überbordende Bürokratie, die sinnvolles wirtschaftliches Handeln erschwert oder gar verhindert. Wir sehen in unseren nun vorgelegten Vorschlägen eine zielführende Lösung, die auch den Anforderungen an die Umwelt gerecht wird und gleichzeitig Hürden abbaut.“
Hintergrund
Als Werften zugelassene Unternehmen recyceln und verwerten Teile von Schiffen bereits heute im Rahmen von Reparaturen und umfangreichen Umbauten. Es ist für den VSM unverständlich, dass dies für das fachgerechte Verwerten von ganzen Schiffen nicht beziehungsweise nur unter deutlich erhöhtem Aufwand möglich ist. Insofern müssten die rechtlichen Grundlagen für das fachgerechte Verwerten von Schiffen in Deutschland deutlich attraktiver werden. Die aktuellen Regelungen blockieren nach Ansicht des Verbandes sinnvolle Initiativen der Schiffsbauindustrie unnötig.
Recycling von maritimen Anlagen schließt auch den Offshore-Sektor ein. Beim Rückbau von Anlagen der Öl- und Gasförderung ist das bereits ein großer Markt: „Perspektivisch müssen wir uns auch bereits heute Gedanken machen, wie die Offshore-Windgeneratoren recycelt werden. Schon in wenigen Jahren werden die ersten Anlagen zum Repowering anstehen, zudem haben wir ambitionierte Ausbauziele – doch noch keine flächendeckende Recyclingstrategie. Hier ist der VSM bereit, an Maßnahmen mitzuwirken.“
Vor allem für das Recycling von Küsten- und Binnenschiffen sowie von Behördenschiffen besteht in Deutschland größeres Potential – insbesondere unterhalb der Schwelle von 500 BRZ. Allerdings zeigt die Praxis der letzten Jahre, dass Werften keine Recyclinggenehmigung erhalten oder die Zulassung ein langwieriges (ca. 18 Monate) und aufwändiges Zulassungsverfahren erfordert. Dabei dürfen Werften heute bereits 70 Prozent eines Schiffes abschweißen und fachgerecht entsorgen beziehungsweise dem Recyclingprozess zuführen. Zu 100 Prozent dürfen sie jedoch nicht fachgerecht entsorgen, weil sie sich dadurch genehmigungstechnisch zu weit vom Schiffbau entfernen und als Abfallentsorgungsbetrieb tätig werden würden, weiß der VSM.
Der Verband schlägt im aktuellen Evaluationsverfahren der 4. BImSchV des Bundesumweltministeriums die folgenden dringlichen Anpassungen vor:
- In Nummer 3.18 des Anhangs 1 der 4. BImSchV auch das fachgerechte Recycling beziehungsweise die Demontage von Schiffen zu ergänzen, sodass hierfür keine gesonderten weiteren Genehmigungen mehr einzuholen sind.
- Erweiterung um einen neuen Unterpunkt unter Nr. 8 (Verwertung und Beseitigung von Abfällen und sonstigen Stoffen) im Anhang 1 der 4. BImSchV zu schaffen: „Anlage zum Rückbau von Schiffen größer 500 BRZ und maritimen Anlagen vergleichbarer Größe“ auf Basis eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 19 BImSchG. Dies ermöglicht die Zusammenarbeit von qualifizierten Betrieben (Rückbau als Vorstufe der Verwertung und Beseitigung) und Entsorgungsfachbetrieben (Fachgerechte Verwertung und Beseitigung).
Der VSM hält es für erforderlich, dass der Bund Handlungsempfehlungen an zuständige und exekutive Ämter wie die Unteren Umweltbehörden und Gewerbeaufsichtsämter gibt, die den politischen Willen verdeutlichen und die technische Realisierbarkeit ermöglichen.
Das Positionspapier des VSM kann hier heruntergeladen werden: https://www.vsm.de/sites/default/files/dokumente/3792831b4c43d5af3569f423235dfa98/positionspapier_des_vsm_-_schiffsrecycling.pdf
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 01/2025, Seite 9, Foto: hit1912 / stock.adobe.com)