Rechtliche Änderungen für Abfallverbrennungsanlagen durch das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024
Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Hendrik Müller-Lankow, LL.M. (UCL).
Anlagen zur Abfallverbrennung (auch: Müllverbrennung oder thermische Abfallbehandlung) sind bereits für seit dem Jahr 2024 entstandene Emissionen in das nationale Brennstoffemissionshandelssystem (nEHS) einbezogen. Mit dem TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 werden nun Anlagenbetreiber teilweise auch in das europäische Emissionshandelssystem (EU-EHS 1) überführt. Dies beruht aber nur teilweise auf europarechtlichen Vorgaben. Der Bundestag hat das Gesetz am 31. Januar 2025 beschlossen. Die Zustimmung des Bundesrats steht jedoch noch aus.
Bisherige Rechtslage
Abfallverbrennungsanlagen unterliegen aufgrund des zweiten Gesetzes zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) aus dem Jahr 2022 für Emissionen seit dem Jahr 2024 dem nationalen Brennstoffemissionshandelssystem (nEHS). Für Anlagenbetreiber gelten drei Kernpflichten: erstens die Einreichung eines genehmigungsbedürftigen Überwachungsplans bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt), zweitens die Ermittlung von Brennstoffemissionen und Berichterstattung hierüber und drittens die Abgabe einer entsprechenden Menge an nEHS-Zertifikaten bis zum 30. September des Folgejahres.
Änderungen für große Anlagen zur Verbrennung von Siedlungsabfällen
Ab Inkrafttreten des TEHG-Europarechtsanpassungsgesetzes 2024 werden große Abfallverbrennungsanlagen zur Verbrennung von Siedlungsabfällen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung über 20 MW parallel zu ihren Pflichten im nEHS – ebenfalls für Emissionen seit dem Jahr 2024 – zumindest teilweise auch dem im Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) geregelten europäischen Emissionshandelssystem (EU-EHS 1) unterfallen, was letztendlich auf den Vorgaben der EU-Emissionshandelsrichtlinie beruht.
Der Pflichtenumfang für Anlagenbetreiber erstreckt sich auf die Einreichung eines genehmigungsbedürftigen Überwachungsplans, die Ermittlung von Emissionen und die Berichterstattung hierüber. Für große Siedlungsabfallverbrennungsanlagen besteht somit die Verpflichtung, Emissionen sowohl nach dem BEHG als auch nach dem TEHG zu überwachen und hierüber Bericht zu erstatten. Die jeweils anzuwendenden Methoden unterscheiden sich jedoch, was einen Mehraufwand der Anlagenbetreiber nach sich zieht.
Zwar besteht vorerst keine Pflicht zur Abgabe von EU-Emissionsberechtigungen (EU-EHS 1), sondern weiterhin zur Abgabe von nEHS-Zertifikaten. Die Bundesregierung plant jedoch den nationalen Opt-in von großen Abfallverbrennungsanlagen ins EU-EHS 1 ab dem Jahr 2027 bei gleichzeitigem Austritt aus dem nEHS. Die vollständige Einbeziehung in das EU-EHS 1 muss jedoch noch von der Europäischen Kommission anerkannt werden. Billigt die Kommission den Opt-in nicht, bleibt es, jedenfalls nach aktueller Gesetzeslage, vorerst bei einer nEHS-Abgabepflicht.
Kritik am geplanten nationalen Opt-in gibt es zuhauf. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) kritisiert etwa, dass Abfälle vermehrt klimaschädlich deponiert oder in günstigere Drittländer exportiert werden könnten. In jedem Fall würden jedoch deutsche Anlagen einen massiven Wettbewerbsnachteil erleiden. Unabhängig jedoch vom möglichen nationalen Opt-in kann es zu einer EU-weiten Begründung von Abgabeverpflichtungen für Abfallverbrennungsanlagen kommen. Der europäische Gesetzgeber wird bis Mitte 2026 entscheiden, ob eine solche umfassende Einbeziehung ab dem Jahr 2028 erfolgen soll.
Die teilweise Einbeziehung von großen Abfallverbrennungsanlagen in das EU-EHS 1 gilt für Siedlungsabfälle, nicht jedoch auch für gefährliche Abfälle (Sonderabfälle). Auch werden Abfallverbrennungsanlagen nicht in das europäische Brennstoffemissionshandelssystem (EU-EHS 2) einbezogen.
Änderungen für große Anlagen zur Verbrennung von gefährlichen Abfällen (Sonderabfällen)
Für große Anlagen zur Verbrennung von gefährlichen Abfällen (Sonderabfällen) gelten vorerst die Pflichten im nationalen Brennstoffemissionshandelssystem (nEHS) fort. Das TEHG begründet insoweit, anders als bei Siedlungsabfällen, keine Überwachungs- und Meldepflichten nach dem EU-EHS 1. Europarechtlich ist das auch nicht vorgesehen. Jedoch soll das geplante Opt-in auch für Anlagen zur Verbrennung gefährlicher Abfälle greifen. Billigt also die Europäische Kommission den Opt-in, würden diese Anlagen ab dem Jahr 2027 vollständig in das EU-EHS 1 überführt. Wird die Anerkennung nicht erteilt, verbleiben sie im nEHS.
Rechtslage für kleine Abfallverbrennungsanlagen
Die Zuordnung von kleinen Abfallverbrennungsanlagen (Gesamtfeuerungswärmeleistung bis 20 MW) für Siedlungsabfälle und für gefährliche Abfälle (Sonderabfälle) zum nEHS wird durch das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 nicht berührt. Sie sind nicht Gegenstand des für 2027 geplanten Opt-in. Würde es jedoch zu einem Opt-in für große Anlagen kommen, verblieben Betreiber von kleinen Abfallverbrennungsanlagen ab dem Jahr 2027 als einzige Regelungsadressaten im nEHS. Denn ab dem Jahr 2027 werden die übrigen Verantwortlichen im Sinne des BEHG in den Regelungsbereich des europäischen Brennstoffemissionshandelssystems (EU-EHS 2) überführt. Für diesen Fall sieht das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 vor, das die Bundesregierung durch Rechtsverordnung die Anwendung des nEHS für kleine Anlagen außer Kraft setzen kann.
Fazit
Der deutsche Gesetzgeber sieht sich beim sogenannten Klimaschutz als „Vorreiter“. Es verwundert daher nicht, dass er diesem Selbstverständnis folgend nicht nur europäische Vorgaben umsetzt, sondern auf nationaler Ebene freiwillig sogar verschärft. Die Einrichtung des nationalen Brennstoffemissionshandelssystems (nEHS), einschließlich der Einbeziehung von Abfallverbrennungsanlagen, ist das beste Beispiel hierfür.
Für Betreiber von großen Verbrennungsanlagen für Siedlungsabfälle werden sich durch das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 nicht nur aufgrund der doppelten Überwachungs- und Berichtspflicht Mehrkosten ergeben. Sollte es ab 2027 zu einem Opt-in kommen, kann zudem mit höheren Kosten für EU-Emissionsberechtigungen, welche an die Stelle von nEHS-Zertifikaten treten, gerechnet werden.
Auch wenn es sich rechtlich nicht um Steuern handelt, wie das BVerfG festgestellt hat, ist der Emissionshandel dennoch ein System der faktischen Zusatzbesteuerung. Dies schadet der deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb erheblich. Und Anlagenbetreiber werden die Mehrkosten auf den Bürger abwälzen, der letztendlich in den sauren Apfel beißen muss.
Autor: Dr. Hendrik Müller-Lankow
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 03/2025, Seite 14, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)