Schrottmarktbericht Juni 2024: Das Buhlen um Schrottmengen – flexibel gehaltene Preisaufschläge

Aktuelle Indikatoren zeichnen ein verhaltenes Bild der deutschen Wirtschaft zu Beginn des Sommers ab. Die spürbare Stimmungsaufhellung in den Bereichen: Industrie, Bau und Dienstleistungen verbessern sich nur schrittweise. Kurzfristig wirken die schwache Auslandsnachfrage und Produktionskürzungen dämpfend. Im verarbeitenden Gewerbe tendierte die Auftragslage, einschließlich der erhaltenen Großaufträge, zu einer abwärtsgerichteten Dynamik.

Der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex, der seit der Coronakrise arbeitstäglich aktualisiert wird und einen guten Überblick über die monatlichen und täglichen Fahrleistungen verschafft, gab im Mai merklich nach. Spürbare Wachstumsimpulse sind daher vorerst noch nicht auszumachen. Die Auflockerung der Geldpolitik und die daraus resultierenden günstigeren Finanzierungsbedingungen, sowohl für Unternehmen als auch für private Haushalte, dürften die Nachfrage nach deutschen Produkten aber erst langfristig gesehen ankurbeln.

Schrottmarkt
Nachdem der Mai sich als ein sehr verhaltener Produktionsmonat mit vielen Stillständen gezeigt hat, wuchs die Hoffnung, dass insbesondere das metallverarbeitende Gewerbe im Juni Aufwind verspürt. Allgemein offenbarte sich aber ein gegensätzliches Bild. Schrotthändler beklagten im Juni besonders vehement den Eingang von Blechabfällen insbesondere den Materialzulauf von Stahlspänen. Viele metallverarbeitende Unternehmen haben nach Aussage von Marktbeobachtern weniger produziert. Die Neuschrottmengen aus den Entfallstellen brachen um bis zu 30-35 Prozent ein. Immer wieder wurde beispielhaft das gesunkene Mengenaufkommen aus der Automobilwirtschaft aufgeführt. Die Zinssenkungen durch die europäische Zentralbank zeigen aktuell noch keine Wirkungen. Bis zur Sommerpause, bei der viele Stahlhersteller in ihren turnusmäßigen Werksstillstand übergehen, wird sich vermutlich kaum etwas an der Auftragslage und der Materialverfügbarkeit verändern. Neuabfälle wurden aufgrund ihrer knappen Verfügbarkeit mit bis zu 10 €/t höher bewertet als noch im Vormonat.

Bei den Altschrotten war die Situation nicht ganz so prekär. Während fertig bearbeitete Altschrotte überwiegend zu unveränderten Preisen bewertet wurden, lagen die Preise für Vormaterialien mit leichten Aufschlägen im Bereich von 5 €/t über dem Vormonat. Besonders die Aufbereitung von Altschrotten durch Aggregatbetreiber wie bspw. von Shredderbetreibern scheint heruntergefahren zu sein. Hohe Eingangspreise und gestiegene Verarbeitungskosten verhindern bei vielen Aggregatbetreibern auskömmliche Geschäfte.

Allgemein zeigt sich der Schrottmarkt sehr fest, der sich in den letzten drei Monaten kaum preislich bewegt hat. Die Schrottpreise blieben im Monat Juni stabil mit einigen leichten Preiserhöhungen im Neuschrottbereich um die 10 €/t. Schwierig bleib die Gestaltung des Mengengerüsts, weshalb sich in einigen Bereichen ein grauer Markt bildete mit teilweise höher erzielten Preisaufschlägen. Marktteilnehmer berichten von Schiffsfrachten, die rheinaufwärts unterwegs sind, um Material aus den großen (Export)-Häfen zu den Stahlverbrauchern zu transportieren. Die knappe Materialverfügbarkeit und das reduzierte Mengenaufkommen erschweren erheblich ein wirtschaftliches und rentables Vorgehen des Schrotthandels.

Schrott in den Regionen
In Norddeutschland gab es ein weniger einheitliches Bild von dem Schrottmarkt als in anderen Regionen Deutschlands. Fertig behandelte Altschrotte schlossen überwiegend zu unveränderten Preisen ab, während Vormaterialien leichte Preiserhöhungen erfuhren um die 5 €/t. Die Abschlüsse über Neuschrotte schlossen mit einem Plus von 10 €/t ab. Insbesondere der Materialzulauf von Stahlspänen gestaltete sich schwierig. Im Osten war die Situation auf dem Markt für Stahlspäne ebenfalls sehr verhalten. Das Angebot von Altschrotten wurde als begrenzt angesehen. Die Preisaufschläge lagen durchschnittlich zwischen 5 – 7,50 €/t. Im Westen sind die Preise im Allgemeinen um 10 €/t gestiegen. Die Schrottabschlüsse wurden bereits frühzeitig im Monat getätigt. Im Süden sind die Schrottabschlüsse zu allgemein unveränderten Preisen erfolgt. Hier festigte das gleichbleibende Preisniveau seitens der italienischen Stahlwerke den Schrottmarkt, die vorab ihre Einkaufspreise sogar deutlich reduzieren wollten. Im Südwesten war die Materialverfügbarkeit von Stahlspänen sehr angespannt. Schrottpreise erhöhten sich um bis zu 5 €/t. Die allgegenwärtige Materialknappheit stützte das Inlandspreisniveau.

Schrott in den Nachbarländern
In Frankreich lagen die Schrottpreise um 10 €/t über dem Vormonatsniveau. Hier wurde die Preisanpassung relativ schnell und deutlich festgesetzt. Die luxemburgischen Schrottpreise schlossen weicher als in Frankreich ab. Sie rollierten im Juni. In Belgien sind die Preise für Vormaterialien um bis zu 10 €/t gestiegen. In Österreich lag das Produktionsniveau auf einem recht guten Level. Es zeichnete sich ein entgegen gerichteter Preistrend bei den unterschiedlichen Schrottsorten ab, als es in Deutschland der Fall war. Altschrotte schlossen im Juni mit Preisaufschlägen von 10 €/t ab, während Neuschrotte eine Seitwärtsbewegung durchliefen. Der schweizerische Schrottmarkt war aufgrund der fehlenden Stahlwerksproduktion nahezu gelähmt. Die Preise blieben bei den gehandelten Schrotten auf einem starren, unveränderten Niveau. Italienische Verbraucher versuchten Anfang des Monats die Schrottpreise deutlich zu reduzieren, scheiterten mit Ihrem Vorhaben aber an den Widerständen der Schrotthändler, die auf die begrenzten Materialzuläufe verwiesen. Die Schrotteinkäufe schlossen letztendlich mit unveränderten Preisen ab. Nach dem eingeleiteten Insolvenzverfahrens von Liberty Steel Ostrava hat sich ein großes tschechisches Stahlwerk zunächst aus dem heimischen Markt verabschiedet. Ein weiterer Verbraucher kaufte mit gleichbleibenden Preisen. Auf dem polnischen Markt sind ebenfalls die Schrottpreise gegenüber dem Vormonat gleichgeblieben.

Schrottmarkt international
Mehr als eine Million Tonnen Schrotte kauften türkische Schrottimporteure für die Verladung im Juni. Das war damit das höchste Einkaufsvolumen seit Februar dieses Jahres. Im Monat Juni kaufen türkische Schrottimporteure für die Juli-Verladung voraussichtlich mehr als 800 Tsd. Tonnen durch ihre Einkaufskampagnen ein. Nach einsetzenden Exportverkäufen in Richtung Türkei überraschte die Vorgehensweise der türkischen Verbraucher die Schrottverkäufer. Es setzte sich bei den türkischen Stahlwerken recht schnell eine Akzeptanz zu leicht erhöhten Preisen durch, um ihre Schrottbedarfe zu sichern. Da sich die Schrottverfügbarkeit auf dem US-Markt besser als auf dem europäischen Schrottmarkt gestaltete, wurden zunächst US-amerikanische Schrottmengen gekauft. Europäische Schrottexporte aus dem Baltikum, aber auch aus Frankreich und Deutschland, galten mit ihren leicht erhöhten Geschäftsabschlüssen als Garant für einen gefestigten aufwärtsgerichteten Schrottmarkt. Zwischenzeitlich gewann auch der Kurzstreckenmarkt durch gestiegene Schrottpreise an Aufwind. Die Materialverfügbarkeit war jedoch sehr begrenzt und anliegende inländische Märkte ließen den Zukauf von Schrotten aus Rumänien und Bulgarien für türkische Verbraucher nicht zu.

Auf dem Gießereimarkt gab es wenig erhellende Informationen. Neben der schwierigen Auftragslage, sowohl in der Automobilindustrie als auch im Bereich des Anlagen- und Maschinenbaus, kam nun auch noch die stark eingeschränkte Materialverfügbarkeit hinzu. Besonders Neuabfallqualitäten, die allgemein Mengenreduzierungen von 30-35 Prozent aufwiesen, waren kaum verfügbar. Dies führte dazu, dass auch andere Verbraucher um das Material buhlten und die Materialverfügbarkeit weiter unter Druck saß. Die Grenze zwischen dem Einkauf der Gießereien und der Stahlwerke verwässerte zunehmend.

Auf dem Absatzweg sind die Preise für die Stahlfertigerzeugnisse nach Angaben der Hersteller nicht auskömmlich. Die Produktion verläuft ruppig. Die bevorstehende Sommerpause veranlasst die Stahlerzeuger zu ihren turnusmäßigen Stillstandzeiten, an die sich auch große Teile der Automobilwirtschaft und andere metallverarbeitende Unternehmen anschließen. Der Materialzulauf zum Schrotthandel dürfte sehr überschaubar bleiben. Zuletzt haben die Materialverknappung und die bestehende Schrottnachfrage den Marktpreis stabilisiert. Die Lagerbestände sind allgemein sehr gering. Es bereitet vielen Schrotthändlern Schwierigkeiten, die abgeschlossenen Mengenverträge auszuliefern. Marktteilnehmer berichten, dass der erzielte Preisaufschlag für Stahlschrotte nicht zu einem signifikanten Anstieg des Mengenzulaufs bei den Verbrauchern geführt hat. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Situation der Schrottlagerbestände sowohl auf Seiten des Schrotthandels als auch auf Seiten der Verbraucher entspannt. Denn nur mit guten Lagerbeständen kann die Zeit nach den Sommerstillständen in einem ruhigen Fahrwasser anlaufen; andernfalls drohen weitere Versorgungsengpässe. Als positiv ist zu werten, dass der Spotmarkt für den Strom zuletzt positiver verlief und günstigere Strompreise, zumindest für die Elektrostahlwerke, eine Erleichterung einbringen dürfte. Auch wenn dies zunächst nur über einen kurzen Zeitraum erfolgt, birgt es die Hoffnung, dass die Elektrostahlproduktion besser dasteht, als es in der Vergangenheit der Fall war.

Redaktionsschluss 17.06.2024, Johannes Hanke, bvse (Alle Zahlen ohne Gewähr), Foto: O. Kürth