Die Türkei investiert in die Energiegewinnung aus Biomasse

Die Energiegewinnung aus Biomasse spielt in der Türkei bislang kaum eine Rolle. Doch vor allem Städte und Kommunen wollen das Potenzial stärker nutzen und aus Abfall Strom erzeugen.

Die Türkei will ihre Investitionen in die Energieerzeugung aus Biomasse und Biogas verstärken. Das Potenzial in der Branche ist groß: Selbst wenn nur die Hälfte der jährlich anfallenden Abfallmenge von insgesamt 200 Millionen Tonnen für die Energieerzeugung genutzt würde – rechnen Fachleute vor, könnte über die Elektrizitätsproduktion eine jährliche Wertschöpfung von etwa fünf Milliarden US-Dollar erreicht werden. Derzeit werden Investitionen zwar vor allem wegen der Finanzierungsengpässe erschwert. Die mittelfristigen Aussichten sind jedoch vielversprechend.

Verwertung städtischer Abfälle

Im Zentrum stehen derzeit die Städte und Kommunen, die für städtische Abfälle, teilweise in Partnerschaft mit dem Privatsektor, Bio-Kraftanlagen für die Stromerzeugung errichten lassen. In diesem Bereich wird ein Energiepotenzial von rund 850 Megawatt gesehen. Der Betrieb der Bio-Kraftwerke erfolgt entweder nach dem Prinzip der direkten Verbrennung von Biomasse oder über den Einsatz von Biogas.

Einige Projekte bringen mehrere Verfahren gleichzeitig zum Einsatz. In dem vom Unternehmen Mimsan (www.mimsangrup.com.tr) nach dem BOT-Betreibermodell errichteten Bio-Kraftwerk in der ostanatolischen Stadt Malatya kommen zum Beispiel beide Prozesse zum Einsatz. Diese 2018 eröffnete 18-Megawatt-Anlage soll für 30 Millionen US-Dollar weiter ausgebaut werden. Mimsan ist auch in anderen türkischen Städten wie Afyon, Düzce und Adana aktiv, wo unter Verwendung landwirtschaftlicher Abfälle Bio-Kraftwerke betrieben werden.

Firmen investieren in zusätzliche Kapazitäten

Von den insgesamt installierten Bio-Kraftwerken entfallen bisher 286 Megawatt auf Anlagen, die auf der Grundlage von Biogas arbeiten. Landesweit sind etwa 100 mehrheitlich kleinere Bio-Kraftanlagen in Betrieb. Unter den privaten Biogas-Kraftwerksbetreibern hat ITC Solid Waste Energy (www.itcturkiye.com) mit insgesamt 135 Megawatt die größten Kapazitäten. Dieses Unternehmen, das aus städtischen Abfällen Biogas gewinnt, betreibt zurzeit in elf türkischen Städten 13 Anlagen. Nachdem 2018 die Kraftwerke in Yozgat (Zentralanatolien) und Eskisehir (Westanatolien) in Betrieb genommen wurden, soll 2019 eine weitere Anlage in Bingöl (Südostanatolien) eröffnet werden.

Ein weiterer größerer Investor ist das Unternehmen Orta Dogu Enerji (www.ortadoguenerji.com.tr), das über Kapazitäten von insgesamt 70 Megawatt in vier Städten verfügt. Die Firma will ihre Kapazitäten 2019 um zwölf Megawatt und 2020 um 17 Megawatt erhöhen. Weitere Betreiber sind Toros Tarim (Tochterfirma der Tekfen-Holding; 31 Megawatt; www.toros.com.tr) und Mutlular Enerji (30 Megawatt; www.mutlulargrup.com.tr).

Hohes Wachstum auf niedriger Ausgangsbasis

Der Anteil der Energieproduktion aus Biomasse an der gesamten Stromerzeugung des Landes befindet sich noch auf einem niedrigen Niveau. Doch zeigen die zuletzt im November 2018 veröffentlichten Zahlen der Regulierungsbehörde für den Energiemarkt EPDK (www.epdk.org.tr), dass diese Sparte das zweitgrößte Wachstum beim Kapazitätsausbau erzielt (hinter Solarenergie). Demnach erhöhten sich die Kapazitäten Ende November 2018 in den letzten zwölf Monaten um 33 Prozent auf rund 569 Megawatt. Das sind knapp 0,7 Prozent der landesweit lizensierten Kraftwerkskapazitäten von 83.091 Megawatt.

Staatliche Förderung durch Stromabnahmegarantien

Kraftwerksprojekte für die Stromerzeugung aus Biomasse profitieren von der Energiepolitik der türkischen Regierung, die darauf abzielt, lokal verfügbare und erneuerbare Energien zu fördern. Damit sollen die hohe Abhängigkeit von importierten fossilen Energiequellen abgebaut und die negative Handelsbilanz reduziert werden. Gemäß dem 2005 eingeführten Fördermechanismus für erneuerbare Energien (Yekdem) erhalten Investoren Steuererleichterungen und Stromabnahmegarantien für zehn Jahre zu einem festen Preis in US-Dollar. Der zugesicherte Einspeisesatz beträgt derzeit 13,3 US-Cent pro Kilowattstunde. Im Fall der Verwendung von lokalen Ausrüstungen können staatliche Subventionen von bis zu 8 US-Dollar pro Megawatt in Anspruch genommen werden. Das Yekdem-Fördersystem gilt zunächst bis 2020. Alle Projekte, die bis zum Ende des genannten Jahres abgeschlossen werden, profitieren von den Vergünstigungen. Ob und in welchem Umfang danach gefördert wird, steht noch nicht fest.

Verfasser: Necip C. Bagoglu, Quelle: Germany Trade & Invest

Foto: WikimediaImages / Pixabay

(EU-Recycling 06/2019, Seite 24)