Viele Müllverbrennungsanlagen in Deutschland sind am Limit

Eine vom bvse durchgeführte Umfrage unter seinen mehr als 900 Mitgliedsunternehmen zeigt eine prekäre Auslastungssituation. So antworteten fast 20 Prozent der Teilnehmer, dass eine Anlieferung von Abfällen zur energetischen Verwertung derzeit nicht möglich sei.

Bei 72,5 Prozent ist eine Anlieferung zwar noch grundsätzlich möglich, aber nur mit (teilweise erheblichen) Verzögerungen. Nur noch knapp acht Prozent gaben an, dass sie uneingeschränkt anliefern können. Dieser Wert hat sich gegenüber dem in dieser Hinsicht ebenfalls schon problematischen Vorjahr fast halbiert (15,1 Prozent). Das macht sich auch bei der die Situation der Abfalllager bei den Unternehmen bemerkbar. 70 Prozent der Unternehmen gaben an, dass ihre genehmigte Lagermenge am Limit ist.

Ein wichtiger Grund für die Misere ist nach Meinung des bvse, dass immer noch zu große Abfallmengen nach Deutschland importiert und in den Müllverbrennungsanlagen entsorgt werden. Nach Meinung des Verbandes sollten Beseitigungsabfälle momentan nicht mehr zur Verbrennung in die Bundesrepublik eingeführt werden. Auch der Anteil von Gewerbe- und Industrieabfällen, die zur Verbrennung importiert werden, sollte deutlich reduziert werden.

„Die Politik muss nachjustieren“

Die Situation könnte sich weiter verschärfen, denn nicht nur die Niederlande planen die Verbrennung zu verteuern. Auch Schweden diskutiert derzeit einen Gesetzentwurf, wonach ab April 2020 die Verbrennung von Abfällen besteuert werden soll. Das könnte im Ergebnis dazu führen, dass noch mehr Verbrennungsabfälle in deutsche Anlagen umgeleitet werden. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Naturschutzbund Deutschland (NABU) zeigt außerdem sehr deutlich, dass die Kapazitäten der Müllverbrennungsanlagen immer noch durch große Mengen Bioabfälle blockiert werden. Die gesetzlich vorgeschriebene Getrennthaltung von Bioabfällen werde teilweise immer noch nicht oder nicht konsequent genug umgesetzt. Es könne jedoch nicht angehen, so der bvse, dass nur deshalb Kapazitätsengpässe, Überlagerung und hohe Preise von der gewerblichen Wirtschaft und der Entsorgungsbranche geschultert werden müssen, weil die öffentliche Hand bestehende Gesetze nicht ausreichend befolge.

Die Gewerbeabfallverordnung wird nach Ansicht des Verbandes nicht zur erhofften Entlastung führen. Ein Recyclingpotenzial von 30 Prozent aus gemischt anfallenden Gewerbeabfällen sei völlig unrealistisch. „Nach unseren Erfahrungen sind hier maximal 15 Prozent Wertstoffpotenzial zu heben“, erklärt bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. Der Recyclingverband regt außerdem an, die Möglichkeit zu prüfen, über eine Sperrmüllverordnung die Wertstoffe in dieser Abfallfraktion für das Recycling nutzbar zu machen. Bisher geht diese Abfallfraktion zum größten Teil in die Verbrennung.

Für die Zukunft drohten jedoch weitere Probleme. So könnten aufgrund der geplanten Stilllegung von Stein- und Braunkohlekraftwerken nicht unbeträchtliche Mitverbrennungskapazitäten wegfallen. Auch das faktische Verbot der Klärschlammausbringung werde in Zukunft Verbrennungskapazitäten binden. „Deshalb muss die Politik nachjustieren. Das kann auch im Rahmen der derzeit zur Beratung anstehenden Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes geschehen. Hier ist nicht nur das Thema Bioabfall gemeint. Wir sind auch der Meinung, dass die energetische Verwertung nur noch in MVA mit optimierter Energieausbeute, in hocheffizienten EBS-Kraftwerken oder direkt in industriellen Herstellungsprozessen möglich sein sollte. Nur in diesen Anlagen kann eine hochwertige energetische Verwertung der Abfälle, die nicht recycelt werden können, realisiert werden“, schlussfolgert Rehbock.

(EU-Recycling 12/2019, Seite 5, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)

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