Schrottmarktbericht: Weiterhin gespaltener Markt

Im Berichtsmonat Juli starteten die Verkaufsverhandlungen sehr zäh. Zwei Verbraucher aus dem Westen agierten zwar wie üblich frühzeitig und kauften die benötigten guten Schrottqualitäten zu deutlich höheren Preisen als im Vormonat ein woraufhin die italienischen Verbraucher mit ebenfalls steigenden Preisen auf dem deutschen Markt sehr präsent waren. Parallel dazu schwächelte der Exportmarkt. Einige Verbraucher sprachen zudem von einem ferien- bzw. betriebsbedingt reduzierten Monatsbedarf und zögerten ihre Abschlüsse hinaus, wohl in der Hoffnung günstiger einkaufen zu können.

Die vollen Auftragsbücher der Stahlindustrie haben jedoch einen entsprechend hohen Schrottbedarf und das Aufkommen hinkt dem Bedarf bei verschiedenen Sorten immer noch hinterher. Die Neuschrottpreise stiegen je Verbraucher, deren benötigtem Sortenmix sowie dem Bedarf um €15 bis €40 pro Tonne. Die Bandbreite bei den Abschlüssen für Altschrotte reichte von einem leichten Abschlag über unveränderte Preise bis zu Preiserhöhungen von €5 bis €10 pro Tonne gegenüber dem Vormonat.
Der Mangel an Neuschrott verschärfte sich im Juli, sodass Verbraucher bereit waren für bestimmte Qualitäten die verlangten Preise zu zahlen.

Das Altschrottsammelaufkommen ist dagegen – unterstützt von den hohen Preisen – in vielen Regionen spürbar gestiegen. Durch den Mangel an Exportmöglichkeiten haben die Exporteure insbesondere die höheren Qualitäten an inländische Werke verkauft und trugen so zu einem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage bei. Die Schrottknappheit im Inland lässt sich jedoch an der Preisdifferenz zwischen den Export- und Inlandssorten ablesen, die bei €50 bis €60 pro Tonne gelegen hat, sodass man durchaus von einem gespaltenen Markt sprechen kann.

Die Preisgestellung der einzelnen Werke war sehr unterschiedlich. Insbesondere im Norden Deutschlands konnten einzelne Verbraucher verstärkt auf die Angebote aus den Exportlägern zurückgreifen. Für Altschrotte blieben die Preise unverändert oder es war ein Aufpreis von €5 pro Tonne zu erzielen, während der Preis für die Sorten E2 und E8 sowie E5 um €15 bis €20 pro Tonne angestiegen sind. Ferienbedingt war der Bedarf im Nordwesten Deutschlands bereits reduziert. Für Altschrotte wurden zum Teil Abwehrpreise angeboten, während Verbraucher bereit waren für Neuschrotte €25 bis €50 pro Tonne mehr zu bezahlen. Zwei ostdeutsche Werke hatten wegen bestehender oder noch bevorstehender Stillstände einen reduzierten Bedarf. Je nach Werk und Sorte blieben die Preise im Vergleich zum Vormonat unverändert oder es gab einen Aufpreis von €5 bis €22 pro Tonne. Im Westen Deutschlands lagen die Aufpreise für Altschrotte bei bis zu €10 pro Tonne und für Neuschrotte bei €30 bis €40 pro Tonne. Im Süden lagen die Preise im vorgenannten Spektrum. Die angebotenen Stahlwerkspreise im Südwesten lagen unter dem allgemeinen Marktniveau. Die Preise für Altschrotte waren gegenüber dem Vormonat unverändert und die Preise für Neuschrotte waren je nach Zeitpunkt des Abschlusses bei €5 bis €15 pro Tonne höher als im Juni. Möglicherweise konnte der Verbraucher auf Importschrotte zurückgreifen. Die Versorgung soll bei hohem Bedarf ausreichend gewesen sein.

Der Handel berichtete, dass die Nachfrage nach Neuschrotten sehr hoch gewesen sei. Da jedoch die Industrie- und Gewerbeproduktion in einigen Teilen noch nicht wieder das Vor-CORONA-Niveau erreicht hat, kann die Nachfrage der boomenden Stahlindustrie nach Neuschrotten nur schwer befriedigt werden. Die Preise für die Alt- und Neuschrotte driften daher immer stärker auseinander. Dieser Umstand ist weltweit zu beobachten und hängt nicht zuletzt mit der deutlich verminderten Produktion der Automobilindustrie zusammen, die nach wie vor unter einem akuten Versorgungsmangel mit Halbleitern leidet und daher von einer normal laufenden Produktion immer noch weit entfernt ist. Der Handel schätzt, dass der Schrottentfall bei der Automobilindustrie 40 bis 50 Prozent unter dem Niveau des bereits schwachen letzten Jahres liegt.

Nachbarländer
Die italienischen Stahlwerke zahlten auf Grund ihrer guten Auftragslage sowie dem Mangel an Neuschrottangeboten aus dem Inland höhere Preise als die deutschen Verbraucher südlich der Mainlinie, was die Lieferbereitschaft des deutschen Handels stark erhöhte. Im Durchschnitt gab es für Neuschrotte ein Aufschlag von €30 pro Tonne sowie Sonderpreise bei der Sorte E8. Die Altschrottpreise stiegen je nach Werk und Ausgangsniveau im Vormonat um €5 bis €20. Mit Sonderpreisen lockten kleinere italienische Verbraucher, die ihren eingegangenen Stahllieferverpflichtungen nachkommen mussten. Die Stimmung kippte mit der Dauer der Marktabstinenz der türkischen Verbraucher. Zur Unterbrechung der hohen Lieferbereitschaft reagierten die Werke seit der vergangenen Woche mit deutlich niedrigeren Preisangeboten. In den ersten beiden Augustwochen werden die meisten italienischen Werke nicht produzieren, aber genau wie die deutschen Verbraucher bereit sein kontinuierlich Schrottmengen abzunehmen. Die durch Starkregen am 23.06.2021 am Rangierbahnhof Nord verursachten Schäden haben zu umfangreichen Verzögerungen im Waggonverkehr mit Italien geführt. Wie die Bahn mitteilte, beginnt sich der Güterverkehr zu normalisieren. Stahlwerke und Schrotthandel beklagten fehlende Leerwaggons, sodass vereinbarte Liefertermine nicht eingehalten werden konnten. Die Bahn teilte mit noch bis zum Herbst für die Beseitigung der Schäden zu brauchen. Der Verbraucher in Luxemburg hatte nach Angaben des Handels einen Monatsbedarf von 190.000 bis 200.000 Tonnen.

Für Neuschrott erhöhte er die Preise gegenüber dem Vormonat um €15 pro Tonne, für die übrigen Sorten wurden unveränderte bzw. bis €10 pro Tonne höhere Preise bezahlt. Französische Werke suchten die Sorten E8 und E5, für die sie pro Tonne €10 mehr als im Vormonat anboten. Für Altschrottzukäufe blieben die Preise unverändert. In Österreich hatten die Verbraucher einen hohen Bedarf und hoben die Altschrottpreise je nach Werk um €25 bis €30 pro Tonne und die Neuschrottpreise um €30 bis €40 pro Tonne an. Für bestimmte Qualitäten wurden Sonderpreise akzeptiert. In der Schweiz war der Zukaufbedarf ferienbedingt gering. Bei den Altschrotten war die Belieferung durch inländische Lieferanten zu unveränderten Preisen anscheinend ausreichend, bei den Neuschrotten gab es Preisanhebungen bis zu €25 pro Tonne. Eines der tschechischen Stahlwerke ließ seine Schrotteinkaufspreise unverändert, während das andere sie um €20 pro Tonne erhöhte. In Polen blieben die Altschrottpreise unverändert, während für Neuschrotte je nach Sorte €12 bis €20 pro Tonne mehr erzielbar waren. Die polnischen Verbraucher schienen den Schrottabfluss in Richtung Italien verhindern zu wollen. Im Vereinigten Königreich zogen sich die Verkaufsverhandlungen ebenfalls länger hin. Obwohl die Verbraucher die Schwächeperiode im Tiefseemarkt auszunutzen versuchten, musste sie sich dem Druck im Markt beugen und sowohl die Stahlwerke als auch die Gießereien hoben die Preise um £20 pro Tonne an.

Gießereien
Der Handel meldete einen hohen Schrottbedarf der meisten Gießereien. Durch das verminderte Aufkommen an Industrieschrottqualitäten müssen auch die Gießereien die geforderten Preise akzeptieren, wenn sie beliefert werden wollen. Sorge bereitet dem Handel die zum Teil mangelnde Deckung durch die Kreditversicherungen, die die Geschäftsbeziehungen belasten. Der russische Hersteller Tulachermet, der wichtigste Anbieter von Gießereiroheisen, hat Mitte Juli angekündigt, wegen der ab dem 01.08.2021 in Russland geltenden Exportsteuer auf Roheisen, vor diesem Datum verstärkt Material ins Ausland zu verkaufen. Inwieweit die deutschen Gießereien profitieren können, ist noch unklar.

Tiefseemarkt
Durch die Dauer der türkischen Kaufzurückhaltung im internationalen und besonders im europäischen Markt konnten die Schrottverbraucher trotz eines sehr festen Marktumfeldes ihre Einkaufspreise in den vergangenen vier Wochen um rund US-$ 12 pro Tonne reduzieren. Sie scheinen dennoch ausreichend versorgt zu sein. Mit ihrer sprichwörtlich guten Beschaffungsdisziplin haben sie ihre Margen nochmals auf eine Rekordhöhe ausbauen können. Die letzten offiziell veröffentlichten Zukäufe vom Kontinent zur Lieferung im Juli resultieren aus dem letzten Drittel im Mai. Der internationalen Fachpresse war zu entnehmen, dass die Auftragsbücher der türkischen Langstahlhersteller für September gefüllt sind, wodurch die Schrottanbieter davon ausgehen, dass die Schrottbeschaffung bald beginnen muss. Auch zur Lieferung im August wird noch mit Zukäufen gerechnet. Wegen der wie oben bereits erwähnt deutlichen Preisdifferenz zwischen den europäischen Inlandspreisen und den Tiefseepreisen waren die kontinental europäischen Exporteure bisher kaum bereit auf die Forderungen der türkischen Seite einzugehen. Mittlerweile bieten die Exporteure für die Sorte HMS 1/2 (80:20) Preise in Höhe von €340 bis €345 pro Tonne frei Tiefseelager an und haben damit ihre Angebotspreise in den vergangenen 14 Tagen um €15 bis €20 pro Tonne reduziert. Gegenüber den inländischen Händlern sind sie damit jedoch kaum wettbewerbsfähig. In Händlerkreisen geht man davon aus, dass das von türkischer Seite angebotene Preisniveau nicht weiter sinken wird und rechnet für die Septemberbeschaffung mit festeren Preisen. Dazu beitragen könnte der ab dem 01.08.2021 geltende russische Exportzoll auf Schrott, der von €45 pro Tonne auf €70 pro Tonne erhöht wurde, denn die russische Lieferbereitschaft dürfte abnehmen.

Schlussbemerkungen
Dem saisonal sinkenden Bedarf der Verbraucher steht ein sinkendes Aufkommen gegenüber. Allerdings ist der Druck im Schrottmarkt durch die mangelnden Exportmöglichkeiten gestiegen. Nicht absetzbare Schrottsorten belasten die Exporteure zunehmend, auch wenn der ägyptische Markt gewisse Mengen aufgenommen hat. Seit dem Ende der KW 28 reagieren die meisten inländische Werke auf zusätzlich angebotene Mengen mit Abwehrpreisen und haben zum Teil Preisreduzierungen für den kommenden Monat angekündigt. Der befragte Handel erwartet für August leicht sinkende Altschrottpreise, er sieht jedoch die Neuschrottpreise auf Grund des nach wie vor hohen Bedarfs als sehr fest an.

Redaktionsschluss 21.07.2021, BG-J/bvse, Foto: O. Kürth
(EU-Recycling 08/2021, Seite 45)