Wenn die Wertschöpfungskette nicht gehalten werden kann

Angesichts der Energiekrise wächst beim BDE die Sorge, dass Industrien, die Recyclingrohstoffe abnehmen, in Schwierigkeiten geraten könnten. Der Verband befragte die Mitgliedsunternehmen, inwieweit sie von einem möglichen Gasmangel betroffen wären.

Im Ergebnis hätte eine Mangellage auf die Unternehmen der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft aufgrund der Breite der Tätigkeiten und Wertschöpfungsstufen unterschiedliche Auswirkungen. So wäre etwa die Hälfte der befragten Unternehmen in irgendeiner Form von Versorgungsauswirkungen tangiert, größtenteils auf der Ebene der Raumbeheizung und der Warmwasserversorgung in den Firmengebäuden. Auswirkungen gäbe es aber auch im operativen betrieblichen Bereich im Segment der Behandlung (TBA, Sickerwasser, Abluft). Beim Recycling beträfe der drohende Gasmangel alle Formen der Trocknung, etwa von Flakes und Scherben. Auch könne ein potenzieller Anlagenstillstand bei der Sonderabfallbehandlung durch Einschränkungen bei der Gasversorgung zu Problemen führen. Laut der Umfrage ist die Sammlung und Sortierung von Abfällen von einer Mangellage eher nicht betroffen, während die Tätigkeit der nachfolgenden Glieder – etwa die Papier-, die Metall- oder die Glasindustrie – beeinträchtigt wäre. Fazit: Gesammelte Materialien können unter Umständen nicht abgesteuert werden.

Die Bundesregierung ist gut beraten
BDE-Präsident Peter Kurth hob bei der Präsentation der Umfrage hervor, dass es vielen Mitgliedsunternehmen des Verbandes bereits gelungen sei, ihre Betriebsabläufe anzupassen. Jedoch müsse dort, wo dies bisher nicht möglich sei, die weitere Versorgung mit Erdgas gewährleistet werden. Dies sei insbesondere zur Aufrechterhaltung der Funktion als kritischer Infrastruktur essenziell. Auch sei die unbürokratische Unterstützung eines Fuel Switchs seitens der Genehmigungsbehörden, wo immer dies möglich und tatsächlich realisierbar sei, wichtig. Kurth: „Kreislaufwirtschaft ist zentral für das Bemühen, auf den Industriestandort Deutschland zu setzen und trotzdem ambitionierte Klimaziele zu erreichen. Diese Strukturen dürfen nicht gefährdet werden. Wenn die Wertschöpfungskette nicht gehalten werden kann, drohen Ver- und Entsorgungsengpässe, die durch verstärkten Export oder Zwischenlagerung allein nicht vermieden werden können.“

Durch die Aufnahme der thermischen Verwerter in den Emissionshandel drohen weitere Kostenbelastungen sowohl für Unternehmen als auch für Haushalte. So ist mit einem deutlichen Anstieg der Entsorgungsgebühren zu rechnen. „Der Emissionshandel muss auf europäischer Ebene geregelt werden“, fordert Kurth. „Da gehört er hin. Andernfalls findet nämlich keine Steuerung der Materialien ins Recycling, sondern ins europäische Ausland statt. Die Bundesregierung ist gut beraten, sich in den nächsten Monaten für eine zügige europäische Regelung einzusetzen, anstatt den Standort Deutschland einseitig zu belasten.“ Der BDE hofft, dass sich der Bundestag hier gegen weitere finanzielle Belastungen für Bürger und Unternehmen positioniert. Von Entlastungen zu reden und neue Belastungen zu beschließen, sei unredlich.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 09/2022, Seite 11, Foto: O. Kürth)