Schrottmarktbericht: Wenig Bewegung

Die Schrotteinkaufspreise der deutschen Stahlwerke sind im Berichtsmonat November je nach Region, Abnehmer, Sorte, dem Zeitpunkt des Verkaufs und dem jeweiligen Lieferanten deutlich voneinander abgewichen. Es handelt sich hierbei um eine Entwicklung, die seit mehreren Monaten zu beobachten ist und vielleicht die neue Normalität werden könnte.

Ein durch Stillstände oder reduzierte Produktion bedingter verminderter Schrottbedarf traf auf ein schwaches Schrottaufkommen, was zu zähen Verhandlungen führte. Die Altschrottpreise blieben weitgehend unverändert oder waren leicht rückläufig. Hingegen kam es bei einzelnen Neuschrottsorten, bei denen das Angebot derzeit die Nachfrage übersteigt, zu Preissenkungen bis €25 pro Tonne kam. Den Verbrauchern kam zwar für ihre Preisgestaltung der Mangel an Exportmöglichkeiten im Berichtszeitraum zugute, aber in den moderaten Preisveränderungen bei den Altschrotten spiegelte sich das mangelnde Aufkommen wider. In einigen Regionen lag der Schrottzulauf zu den Lägern nur bei 50 Prozent des Vorjahres. Die Abbruchtätigkeiten sind drastisch zurückgegangen und die angespannte wirtschaftliche Situation führt zu einem verminderten Schrottentfall bei Industrie und Gewerbe.

Regional
Die Nachfrage der ostdeutschen Werke war zufriedenstellend. Je nach Verbraucher und Sorte sowie Zeitpunkt des Verkaufs lagen die Preisabschläge bei €3 bis €25 pro Tonne. Wenig Bedarf hatten die norddeutschen Werke. Die Preisreduzierungen im Nordwesten lagen bei den Verbrauchern mit normalem Bedarf je nach Sorte bei €5 bis €10 pro Tonne. Ein Verbraucher war wegen eines neuerlichen Produktionsstillstands nicht im Markt. Bei den integrierten Werken im Westen blieben bei reduziertem Bedarf die Altschrottpreise weitgehend unverändert und die Neuschrottpreise sanken um rund €10 pro Tonne. An der Saar gab es leichte Abschläge für Neuschrottlieferungen, während die Altschrottpreise bei guter Nachfrage weitgehend unverändert blieben. Der Zukaufbedarf des Verbrauchers im Südwesten war reduziert. Ein Grund dafür könnten die mittlerweile per Schiff gelieferten Nachlaufmengen sein, die noch aus nicht erfüllbaren Abschlüssen während des Niedrigwassers stammen. Die Erzielungspreise für den Handel waren uneinheitlich. Die Spanne reichte von unverändert bis zu einem Abschlag von €20 pro Tonne in Abhängigkeit von der Sorte und dem Zeitpunkt des Abschlusses. Der Handel empfand die kurzfristige Beschaffungsplanung des Werks im Süden Deutschlands als unglücklich. Sie war einem neuerlichen Produktionsstillstand während der zweiten Monatshälfte geschuldet. Die Preise für die lieferbaren Altschrotte blieben weitgehend unverändert. Da das Preisniveau der italienischen Verbraucher wieder wettbewerbsfähig war, konnte der Handel mit Teilmengen auf den italienischen Markt ausweichen.

Nachbarländer
Die Nachfrage der italienischen Stahlwerke beschrieb der Handel im Berichtsmonat November als lebhaft. Einige Verbraucher dehnten die Produktion auf Grund der gewährten staatlichen Sondersteuerbegünstigungen in einem Maße aus, für die das Schrottaufkommen aus dem Inland zur Bedarfsdeckung nicht ausreichend war. Werke, die Schrott aus Deutschland zukauften, boten für Altschrott unveränderte Preise gegenüber dem Vormonat an, Neuschrott wurde mit geringen Abschlägen gehandelt. Verbraucher, die dringend Schrott brauchten, waren auch bereit, Aufschläge zu bezahlen. Der zu erzielende Preis war wie auch im deutschen Markt eine Frage des Abschlusszeitpunktes. Aus Handelskreisen verlautete, dass die Produktion auch im kommenden Monat bei einigen Herstellern so hoch sein wird, dass die Ferien über den Jahreswechsel sehr kurz ausfallen. Der Zukaufbedarf der schweizerischen Verbraucher aus den Nachbarländern war gering. Lediglich ein Werk importierte Schrott zu unveränderten Preisen. In Österreich blieben die Altschrottpreise bei geringer Nachfrage gegenüber den Vormonatsnotierungen unverändert und bei den Neuschrotten gab es eine Preisreduzierung von €15 pro Tonne. Einer der beiden tschechischen Stahlhersteller kaufte Schrott zu unveränderten Preisen, während der andere Verbraucher seine Beschaffungspreise um €33 pro Tonne senkte. In Polen war der Schrottbedarf höher als erwartet, dennoch lagen die Preisreduzierungen bei €5 bis €15 pro Tonne. In Frankreich konnten deutsche Lieferanten für Altschrottlieferungen unveränderte Preise durchsetzen, bei Neuschrottlieferungen gab es Reduzierungen bis €15 pro Tonne. Leicht rückläufige Preise gab es auch in den Niederlanden. Der Verbraucher in Luxemburg hatte einen Zukaufbedarf wie im Vormonat und ließ die Preise unverändert, während die Abschläge in Belgien bei geringem Bedarf bei bis zu €25 pro Tonne lagen.

Positive Prognose
Die Nachfrage nach Gießereischrotten war im November wieder erfreulich hoch. Bei Gießereien, deren Beschaffungspreise an keinen Durchschnittspreis gekoppelt sind, blieben die Preise bei den Standardsorten nahezu unverändert. Nicht alle nachgefragten Gießereischrottsorten konnten in der gewünschten Menge zur Verfügung gestellt werden. Für das kommende Jahr scheinen viele Gießereien sehr zuversichtlich für die wirtschaftliche Entwicklung zu sein und berichteten zum Teil schon jetzt gut ausgelastet zu sein. Noch gibt es bei den Auftragseingängen keine Auffälligkeiten oder Einbrüche. Kaum Veränderungen gab es bei den Roheisenpreisen, obwohl die Erzpreise international nachgegeben haben und die Stärke des Euro den Gießereien in die Karten hätte spielen müssen. Laut der internationalen Fachpresse sind die Verbraucher mit Bestellungen sehr zurückhaltend und warten die weitere Entwicklung ab.

Keine Impulse
Die türkischen Schrottverbraucher sahen sich in den letzten Monaten einem starken Wettbewerb um den Schrott im Tiefseemarkt mit Ländern des indischen Subkontinents und Südostasiens ausgesetzt. Es ist ihnen darum im Berichtszeitraum nicht gelungen, die Preise wie sonst üblich den Gegebenheiten des schwachen Stahlabsatzmarktes anzupassen, um die Nachfrage anzukurbeln. Dem ausgeübten Preisdruck konnten die Exporteure zu einem gewissen Grad widerstehen, zumal das bereits erwähnte konjunkturell schwache Schrottaufkommen in einem ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Umfeld keinen Spielraum für Preissenkungen in einem Ausmaß zuließ, das die Margen der türkischen Stahlhersteller unberührt gelassen hätte. Zwar sank der türkische Importpreis für Schrott aus der EU von Mitte Oktober bis Mitte November um rund US-$30 pro Tonne, aber die Exporteure konnten wegen des schwachen Schrottaufkommens in den Inlandsmärkten die Nachfrage zu den Preisen nicht bedienen. Wann und in welchem Umfang die Stahlkonjunktur in Europa oder der Türkei wieder anspringt, ist auf Grund der vielen unsicheren weltweiten Einflussfaktoren nicht vorhersehbar.

Schlussbemerkungen
Der Handel erwartet für den kommenden Monat einen geringeren Schrottbedarf als im November, denn einige Verbraucher werden die Stillstandszeiten über den Jahreswechsel ausdehnen und zudem scheinen Werke ihren geringeren Bedarf im Dezember bereits im laufenden Monat eingedeckt zu haben. Ohnehin wird die Lieferbereitschaft des Handels sehr verhalten sein, denn vor allem die kleineren und mittelgroßen Händler versuchen ihre Bestände aufzubauen, was im bisherigen Jahresverlauf nicht möglich gewesen ist. Einige Marktteilnehmer schätzen, dass die Preise im Dezember unverändert bleiben, während andere kräftigere Preissenkungen für möglich halten, sofern Impulse aus dem Exportmarkt ausbleiben. Eine Konjunkturbelebung ist nicht in Sicht, denn die gestiegenen Rohstoff-, Finanzierungs- und vor allem Energiekosten lähmen das Marktgeschehen. Die bereits wieder sinkenden Energiepreise oder die sinkenden Stahlpreise hatten bisher keinen positiven Effekt auf die Nachfrage. Welchen Impuls die Strom- und Gaspreisbremse setzen wird, von der sowohl die Industriebetriebe als auch die Privatwirtschaft profitieren werden, muss sich zeigen.

Auf Unverständnis ist im Handel die ungewöhnlich hohe Frachtpreiserhöhung der DB Cargo gestoßen. Die Überlegungen zur verstärkten Nutzung der Straßentransporte sind eine zwangsläufige Folge. Im Gegensatz zur DB Cargo haben die Güterbahnen in Österreich und der Schweiz deutlich geringere und wohl begründeten Erhöhungen der Bahnfrachten angekündigt. Es ist fraglich, ob die Bahn, die sich als klimaneutrale Frachtalternative sieht, auf diese Weise ihr Ziel erreichen kann, mehr Gütertransporte auf die Schiene zu bringen.

Redaktionsschluss 22.09.2022, BG-J/bvse, Foto: O. Kürth