Schrottmarktbericht August 2024: Das Sommerloch und nun?

Das Bruttoinlandsprodukt ging gemäß der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamts vom 30. Juli im Zeitraum April bis Juni um -0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurück. Die Erholung der deutschen Wirtschaft fällt damit schwächer aus als zu Jahresbeginn erwartet. Geprägt ist diese Entwicklung durch einen Rückgang der produzierenden Industriezweige, die einen hohen Exportanteil aufweisen, sowie dem schleppenden Baugewerbe.

Die Inflationsrate stieg im Juli leicht an auf +2,3 Prozent, nachdem sie im Juni +2,2 Prozent und im Mai +2,4 Prozent ausmachte. Die konjunkturelle Entwicklung hinterlässt deutliche Spuren am Arbeitsmarkt. Die registrierte Arbeitslosigkeit nahm im Juli saisonbereinigt mit 18.000 Personen stärker zu als üblich. Die endgültigen Ergebnisse zeigen auch einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im Monat Mai gegenüber dem Vormonat um +1,5 Prozent. Zum Vorjahresmonat Mai 2023 wurde sogar ein Anstieg von +30,9 Prozent verzeichnet. Mit 1.934 Fällen wurde der Höchststand seit Juni 2016 erreicht, dort waren es 1.951 Insolvenzen.

Schrottmarkt
Im August ist der Schrottmarkt geprägt von den Sommerstillständen und „der Zeit danach“. Einige Werke haben über die Stillstandzeit eine gute Bevorratung aufgebaut, andere Werke befinden sich noch in der Wartungs- und Erhaltungsphase. Auf dem Schrottmarkt sind viele Werke mit unveränderten Preisen in den August gestartet. Es bestehen aber leichte Tendenzen, sich von Preisspitzen zu trennen. Allgemein liegt das Aufkommen um ca. 30 Prozent unter dem normalen Schrotteingang, was teilweise der Sommerzeit geschuldet ist, aber auch an der schleppenden wirtschaftlichen Entwicklung liegt. Werke, die aus der Betriebsferienzeit zurückgekommen sind, zeigen nicht den gewöhnlichen Containerwechsel auf, der eigentlich zu vermuten wäre. Hohe Kosten und geringer Mengenzulauf erschweren die Gegebenheiten auf dem Schrottmarkt. Stahlwerke klagen über hohe Bestände an Fertigprodukten und einem schwierigen Abverkauf. Schrottexporteure nahmen ihre Preise aufgrund der angespannten Lage um -10 €/t für Vormaterialien zurück, einige auch darüber hinaus. Das Mengenaufkommen bleibt für die Schrottwirtschaft Dreh- und Angelpunkt. Allgemein sind die deutschen Inlandspreise wettbewerbsfähig, sodass die vorhandenen Schrottmengen vornehmlich zu den Stahlwerken laufen dürften. Die Werke scheinen, Ausnahmen mitinbegriffen, mit einer guten Bevorratung und einer ordentlichen Auftragslage in den August zu starten.

Schrott in den Regionen
In Norddeutschland sind die Schrottpreise im Monat August weitgehen mit unverändertem Preisniveau in den Monat überführt worden. Je nach Region, Bevorratung der Werke nach den Sommerstillständen und nach Schrottsorten wurden auch nach unten gerichtete Preiskorrekturen vorgenommen. Diese Korrekturen lagen im Bereich von 2-5 €/t. Im Osten lagen die Preisabschlüsse auf unverändertem Preisniveau, es gab aber auch leichte Preiskorrekturen, die bei einem Werk zwischen 2-3 €/t lagen und bei einem anderen Werk um die 5 €/t betrugen. Im Westen hat ein Werk bei den aktuellen Schrottausschreibungen preislich einiges drauflegen müssen, ein anderes Werk kaufte mit unveränderten Schrottpreisen seinen Bedarf für August ein. Aus dieser Region wurde berichtet, dass besonders die Situation bei den Neuabfällen sehr angespannt sei. Im Südwesten wurden die Schrotteinkäufe weitestgehend auf unverändertem Preisniveau getätigt. Auch hier kam es zu leicht nach unten gerichteten Preiskorrekturen von 5 €/t. Im Süden ist im August der Schrottbedarf aufgrund von Stillstandzeiten sehr niedrig. Hier kam es zu keiner wesentlichen werksseitigen Schrottaufnahme, bei angespannter Bevorratung.

Schrott in den Nachbarländern
In Frankreich zahlten Stahlverbraucher überwiegend unveränderte Preise zum Vormonatsniveau Juli. Die Inlandspreise blieben aber auf einem verhältnismäßig niedrigen Niveau. Einen deutlicheren Rückgang hatte Luxemburg zu verzeichnen. Hier kam es zunächst zu Forderungen, die um -15 €/t unterhalb des Vormonats lagen. Am Ende der Verhandlungen lagen jedoch geringere Preisreduzierungen von bis zu -10 €/t vor. In der Schweiz fallen die Bedarfe nicht so groß aus. Die August-Preise lagen überwiegend auf einem unveränderten Niveau, mit kleineren Abschlägen. Die österreichischen Verbraucher behandelten die Schrottsorten bei der Preisgestaltung unterschiedlich. Während die Neuschrotte unverändert blieben, nahmen Verbraucher bei den Altschrotten -8 €/t herunter. Italienische Stahlhersteller pausieren überwiegend noch. Dort kam es zu Preisreduzierungen von -10 €/t. In Polen wurden die Schrottpreise weitestgehend unverändert in den August überführt. Ein tschechischer Verbraucher hatte eine um mindestens 10 Prozent geringere Auslastung und damit einen geringeren Schrottbedarf. Hier sind die Preise um bis zu -12 €/t heruntergegangen.

Schrottmarkt international
Anfang des Monats lag der US-Exporthandel größtenteils auf Eis, da sich die Exporteure noch nicht vollständig im Besitz bereits verkaufter Schrottladungen befanden. Türkische Stahlproduzenten waren nicht auf dem Schrottmarkt aktiv, da sie lieber günstige asiatische Knüppel kauften, anstatt Schrotte zu importieren. Die weltweiten chinesischen Stahlexporte nahmen zu und ersetzten einen Teil des Schrottbedarfs. Die Zielpreise der europäischen Verkäufer lagen, Marktbeobachtern zufolge, für die HMS 1/2 (80:20) zunächst bei 382-385 $/t CFR Türkei. Anfang der zweiten Augustwoche stiegen die Aktivitäten auf dem Exportmarkt leicht an. Käufer zeigten sich bereit, über Schrottpreise ernsthaft zu diskutieren, und nahmen Verhandlungsbeziehungen wieder auf. Ein französischer Exporteur verkaufte eine 30.000 Tonnen Ladung für September-Verladung an ein Werk aus der Region Marmara mit der HMS 1/2 (80:20) zu 376 $/t sowie Shredder- und Bonusmaterial zu 396 $/t CFR Türkei. Die Preiseinschätzung auf dem Kurzstreckenmarkt fiel nach Einschätzung von Argus um 30 Cent auf 372 $/t CFR Türkei. Dies sind lediglich 10 $/t unter der täglichen Preiseinschätzung von Argus für die Tiefseebewertung. Europäische Verkäufer sind getrieben von hohen Kosten und nur wenige Verkäufer sind in der Lage, zu niedrigeren Preisen zu verkaufen, ohne Verluste einzufahren. Teilnehmer berichten, dass der Markt Zeit benötigt, um ein deutlicheres Bild für die Entwicklung abzugeben. Verkäufer haben ihre Preisziele noch nicht in Einklang mit den niedrigeren Preisvorstellungen der Werke gebracht. Gebote türkischer Werke für die HMS 1/2 (80:20) verschiedenen Ursprungs mit 360-370 $/t CFR Türkei haben die Schrottexporteure weitgehend ignoriert. Mitte des Monats verkaufte jedoch ein niederländischer Exporteur 25.000 Tonnen HMS 1/2 (80:20) zu 368,50 $/t und 10.000 Tonnen Bonusmaterial zu 390,50 $/t CFR Türkei an ein Stahlwerk aus der Region Izmir.

Gießereien
Auf dem Gießereimarkt hat sich keine große Veränderung gezeigt. Eine weitere Gießerei schlägt einen dramatischen Weg ein. Das sogenannte Schutzschirmverfahren musste in eine Insolvenz in Eigenverantwortung überführt werden. Deutliche Auftragsrückgänge, besonders im Bereich der E-Mobilität, drücken schwer auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. So geht es vielen anderen Gießereien aus der Branche. Noch nicht alle Gießereien sind aus ihren Betriebsferien zurück. Aber eines scheint schon jetzt sicher zu sein, die Rahmenbedingungen haben sich nicht verbessert. Vereinzelt wurde von kleineren Transformationsprojekten berichtet, bei der Unterstützung seitens der Politik in Aussicht gestellt wurde, aber der große Wurf bleibt aus. Erst kürzlich kam es in Sachsen zu einem Krisengipfel mit Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig und Branchenvertretern der Gießereien aus den östlichen Ländern, die mit 30 Gießereien gut 5.100 Arbeitnehmer beschäftigen und einen Jahresumsatz von 1.1 Mrd. EUR erwirtschaften. Der sächsische Wirtschaftsminister hob hervor, dass er ein riesengroßes Interesse habe, das besonders die Grundindustrie stark bleibt und die Gießereien die Transformation erfolgreich bestehen. Es wurde verabredet, zusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium einen Workshop am 7. November in Chemnitz zu organisieren, um den weiteren Austausch zu fördern.

Ausblick
Nach den Sommerstillständen dürften die Stahlwerke mit guter Bevorratung wieder in den Monat starten. Die Auftragslage scheint sich zunächst als stabil abzuzeichnen. Spannend bleibt die Frage, wie sich der Folgemonat entwickelt. Ein schwächer werdender Exportmarkt stößt auf ein nach wie vor geringes Schrottaufkommen. Schrottmengen bleiben auf dem Inlandsmarkt, sofern der Exportmotor nicht wieder anzieht. Marktteilnehmer monieren immer wieder die Unsicherheit über die Weiterentwicklung der wirtschaftlichen Lage, aber auch über die politischen Rahmenbedingungen, die auch international zu Diskussionen führen. Sowohl ausländische als auch inländische Investoren lassen sich von diesen Diskussionen abschrecken. Die Folge sind geringe Investitionen und weniger Stabilität.

Redaktionsschluss 15.08.2024, Johannes Hanke, bvse (Alle Zahlen ohne Gewähr), Foto: O. Kürth