Schrottmarktbericht: Gedrosselte Produktion trifft auch schwaches Schrottangebot
Produktion und Schrottbedarf der deutschen Stahlwerke waren im Berichtsmonat Dezember gegenüber dem Vormonat nochmals reduziert, da einige Verbraucher ihre über den Jahreswechsel üblichen Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten in unterschiedlichem Ausmaß verlängert haben.
Schon im November lag die Rohstahlproduktion nach Angaben der Wirtschaftsvereinigung Stahl mit 2,768 Mio. Tonnen um knapp 8 Prozent unter der Oktoberproduktion. Während die Schrottpreise mit vereinzelten Korrekturen weitgehend unverändert geblieben sind, war der verbliebene Bedarf der Verbraucher regional sehr unterschiedlich. Insbesondere viele mittelständische Händler konzentrierten sich auf die Bestandspflege, was ihre Verkaufsbereitschaft verringerte. Darüber hinaus blieb der Mangel an Altschrotten ein Thema und nicht jeder Verbraucher konnte sich mit den gewünschten Mengen eindecken.
Aus den Regionen
Im Großen und Ganzen hatten die ostdeutschen Werke trotz einer zum Teil reduzierten Produktion für den letzten Monat im Jahr einen zufriedenstellenden Bedarf, denn bei den meisten Verbrauchern stehen lediglich Produktionsstopps über die Feiertage an. Die angebotenen Einkaufspreise lagen weitgehend auf dem Niveau des Vormonats. Eines der Werke bot geringe Aufschläge für Sorten an, die nur unzureichend angeboten wurden. Noch am Monatsbeginn schienen die Werke im Norden Deutschlands kaum Bedarf zu haben, was sich im Laufe des Monats änderte. Offiziell blieben die angebotenen Preise unverändert. Ein Stillstand im Nordwesten und eine reduzierte Abnahme bei einem anderen Verbraucher erhöhten das Schrottangebot in der Region, sodass der vorhandene Bedarf bei bestimmten Sorten mit Preisreduzierungen von rund €10 pro Tonne gedeckt werden konnte. Die Elektrostahlwerke im Westen verlängern ihre sonst üblichen Stillstandszeiten über den Jahreswechsel und deckten den vorhandenen Restbedarf weitgehend über eigene Quellen. Vom lediglich zaghaften Zukauf eines Verbrauchers an der Saar konnten die Mitbewerber um den Schrott profitieren und sich mit seinen gewünschten Mengen zu unveränderten Preisen eindecken. Der Zukaufbedarf im Südwesten war wegen des verlängerten Produktionsstopps des Verbrauchers deutlich reduziert. Hier erfolgte die Beschaffung zu unveränderten Preisen. Der Verbraucher im Süden schränkte seine Produktion im Dezember deutlich ein und deckte den verminderten Schrottbedarf über Mengen von verbundenen Unternehmen ein.
Nachbarländer
Deutsche Lieferanten beschrieben die italienischen Abnehmer im Berichtsmonat als kauffreudig. Die Werke, die im Dezember produzieren, ließen ihre Abnahmepreise gegenüber dem Vormonat weitgehend unverändert, wobei die Auftragslage der Werke stark unterschiedlich zu sein scheint. Die Erwartungshaltung für die Marktentwicklung des kommenden Quartals ist positiver als noch im vergangenen Monat, da mit einer Belebung der Stahlnachfrage gerechnet wird. Obwohl einer der Verbraucher in Österreich am Monatsanfang Preisabschläge angekündigt hatte, kaufte er bei reduziertem Bedarf zu letztlich unveränderten Alt- und Neuschrottpreisen zu. Einen geringen Importbedarf hatten die Werke in der Schweiz, wobei einer der beiden nur 7 Tage im Dezember produziert hat. Die Preise blieben sowohl für in- als auch ausländische Lieferanten unverändert. Polnische Schrottnachfrager boten ihren Lieferanten unveränderte Preise an. Marktteilnehmer berichteten, dass eine längerfristige Bedarfssicherung bei einigen Verbrauchern im Mittelpunkt der monatlichen Vertragsverhandlungen gestanden hätte, was auf mehr Zuversicht in die Marktentwicklung schließen lässt. Das auch in Polen marktbedingt spürbar rückläufige Schrottaufkommen stellt zudem die Hersteller von grünem Stahl vor neue Herausforderungen. In Tschechien bot ein Verbraucher unveränderte Preise an, während der andere leichte Preiserhöhungen gegenüber dem Vormonat vornahm. Französische Verbraucher ließen ihre Einkaufspreise bei vermindertem Bedarf weitgehend unverändert. Einen gegenüber dem Vormonat nochmals reduzierten Bedarf hatte bei unveränderten Preisen der Verbraucher in Luxemburg. Ab Januar soll die Produktion wieder einen normalen Umfang annehmen.
Gießereien
Laut dem aktuellen Ifo Konjunkturspiegel für das Verarbeitende Gewerbe sind die Gießereien mit der Geschäftslage nach wie vor zufrieden. Der Auftragsbestand ist gut und zumindest für die kommenden drei Monate werden kaum Veränderungen erwartet. Die Schrottanbieter haben nach wie vor Probleme, die von vielen Gießern nachgefragten Spezialsorten in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen. Der Entfall ist auf Grund der konjunkturellen Störungen nicht ausreichend. Viele Gießer waren zudem bereit, Aufschläge für bestimmte Qualitäten zu zahlen. Der laut Handel erstaunlich hohe Bedarf an bestimmten Qualitäten lässt zudem darauf schließen, dass verstärkt Roheisen durch Schrott ersetzt wird, was die Lage zusätzlich verschärft. Mit der für die meisten Gießer positiven konjunkturellen Entwicklung hatte in dieser Form niemand gerechnet.
Drittlandmärkte
Der starke Euro, das knappe Schrottangebot und der Widerstand der türkischen Verbraucher höhere Preise zu akzeptieren, erschwert den Exporteuren das Tiefseegeschäft. Türkische Hersteller kauften während einer inländischen Nachfragebelebung nach Betonstahl Ende November/Anfang Dezember verstärkt Schrott zur Lieferung im Dezember/Januar ein. Laut der Fachpresse kauften die Werke vom Kontinent offiziell rund sieben Seeschiffe im Zeitraum 25.11.2022 bis 16.12.2022 und waren bereit den Einkaufspreis für die Sorte HMS 1/2 (80:20) in dieser Zeitspanne um rund US-$25 pro Tonne zu erhöhen. Die Exporteure haben ihre Eingangspreise frei Tiefseelager in der Zeit um über €40 pro Tonne erhöhen müssen, um den Schrottzufluss der inländischen Lieferanten nicht abbrechen zu lassen. Bei den türkischen Preisangeboten von unter US-$380 pro Tonne für die Standardsorte sehen sich die kontinentalen Schrottanbieter auf Grund der gestiegenen Beschaffungs- und Aufbereitungskosten derzeit nicht in der Lage mitzubieten, sodass es bei Redaktionsschluss zu keinen weiteren Abschlüssen gekommen ist. Nach wie vor warten die türkischen Hersteller auf eine nachhaltige mengen- und preismäßige Erholung des Stahlmarktes. Die Grafik verdeutlicht, wie stark die Bewegungen im Tiefseemarkt in diesem Jahr waren. Dabei waren die vielen verschiedenen marktbeeinflussenden Faktoren nicht vorhersehbar und haben die Marktteilnehmer gezwungen, sehr flexibel auf kurzfristige Veränderungen zu reagieren.
Schlussbemerkungen
Der Handel zeigte sich mit dem Verlauf des Jahres 2022 im Großen und Ganzen zufrieden. Vor allem das erste Halbjahr bot wirtschaftliche Möglichkeiten, von denen man im schwächeren zweiten Halbjahr profitieren konnte. Der Zickzackkurs der Exportpreise macht deutlich, wie schwierig eine kurzfristige Markteinschätzung sein kann. Die Erwartungen des Handels für den kommenden Monat sind unterschiedlich. Unklar ist, welchen Bedarf die Schrottverbraucher haben werden. Steigt er, sollten Preiserhöhungen die Folge sein, bleibt er schwach, ist eher von Preissenkungen oder unveränderten Preisen auszugehen. Auch wenn es zu einer konjunkturellen Belebung kommt, kennt niemand ihre Stärke. Vielleicht beruhigt sich die Lage durch den ab Januar geltenden Gas- und Strompreisdeckel und die Stahlproduktion verläuft wieder in überschaubareren Bahnen. Auf alle Fälle wird sich die Schrottwirtschaft gegen eine neue Kostenwelle stemmen müssen. Von steigenden Energie-, Personal-, Fracht- und Verwaltungskosten ist auszugehen und diese sollten, wenn möglich, frühzeitig eingepreist werden.
Redaktionsschluss 20.12.2022, BG-J/bvse, Foto: O. Kürth