Gesetze gegen Greenwashing: Was ist neu und wie können sich Unternehmen daran halten?

Transparente Lieferketten beugen Greenwashing vor und sind entscheidend für das Vertrauen von Verbrauchern.

Papier ist geduldig, Verpackungspapier noch geduldiger. Da überrascht es nicht, wie stark geneigten Käufern auf Produktverpackungen suggeriert wird, wie nachhaltig das Produkt doch sei, das sie gerade im Begriff sind zu kaufen. Nicht alle diese Behauptungen halten einem Fakten-Check stand, was in vielen Ländern die Behörden auf den Plan gerufen hat. Allein in den letzten sechs Monaten haben Wettbewerbshüter in Großbritannien, Norwegen, den USA und den Niederlanden mehrere Millionen Euro Bußgelder wegen falscher Nachhaltigkeitsversprechen verhängt. Greenwashing werden solche Praktiken genannt. Einer der Gründe für irreführende und falsche Behauptungen zur Umweltverträglichkeit von Produkten ist das Fehlen von Standards und einer Definition, wann ein Nachhaltigkeits-Claim als korrekt gilt.

Die Gesetzgebung in der EU und anderen europäischen Ländern will falschen Nachhaltigkeitsversprechen nun einen Riegel vorschieben. In Deutschland liefert das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) die rechtliche Grundlage gegen irreführende Werbung und Verbrauchertäuschung. In Frankreich soll ab 2023 ein entsprechendes Gesetz in Kraft treten. Die von der EU vorgeschlagene Direktive gegen Greenwashing soll ab 2024/2025 gelten. Die neuen Gesetze beabsichtigen, Unternehmen ein klares Bild von den Prozessen zu liefern, an die sie sich halten müssen, damit ihre Umweltversprechen nicht als Greenwashing ausgelegt werden können. Sehen wir uns die wichtigsten Aspekte der Regulierungen sowie die Möglichkeiten an, die Unternehmen heute schon nutzen, um die neuen Standards einzuhalten.

Beweispflicht
Unternehmen haben sich lange auf branchenweite Durchschnittswerte verlassen, um die Auswirkungen ihrer Produkte auf die Umwelt abzuschätzen. Dieses Vorgehen ist inzwischen in Verruf geraten, wenn diese Durchschnittswerte als Argumente gegenüber Verbrauchern genutzt werden. Ein branchenweiter Mittelwert ist viel zu ungenau, um Verbrauchern zu befähigen, zwischen der einen oder der anderen Marke zu entscheiden. Die neuen Regulierungen gegen Greenwashing verlangen, dass Unternehmen ihre eigenen Daten sammeln, um Nachhaltigkeitsversprechen zu belegen. Diese Daten müssen eindeutig, objektiv und verifizierbar sein. Unternehmen, die mit Umweltversprechen werben, müssen künftig jedes Kilogramm CO2, Abfall, Wasser oder Energie nachweisen, das Teil eines werblichen Nachhaltigkeitsversprechens ist. Diese Belege können auf verschiedene Weise erbracht werden: in Form von Elektrizitäts- und Treibstoffrechnungen, Rechnungen für Rohmaterialien, Transportbelegen und sogar Verträgen zur Abfallbeseitigung.

Umfang
Manchmal erzeugt ein Produkt in einem Bereich seines Lebenszyklusses einen ökologischen Vorteil, zum Beispiel durch den Einsatz von recyceltem Glas. Manchmal kann der vermeintliche Vorteil aber auch den gegenteiligen Effekt erzielen, wenn in einer anderen Phase, beispielsweise bei der Herstellung des recycelten Glases, mehr Energie benötigt wird, als durch dessen Verwendung eingespart wird. Unternehmen werden ein Produkt nur dann als nachhaltig deklarieren können, wenn sie den Umwelteinfluss über die gesamte Produktlebensspanne offenlegen können – vom Rohmaterial bis zum Lebensende des Produkts. Belege müssen also von allen Lieferanten an jeder Stelle entlang des Produktlebenszyklus erbracht werden. Dazu zählen auch Unternehmen, die für Recycling und Weiterverwertung zuständig sind.

Verifizierung
Die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen boomt. Verbraucher sind bereit, deutlich mehr Geld für das grüne Gewissen auszugeben. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Label Nachhaltigkeit bewusst irreführend eingesetzt wird und Produkte als nachhaltig deklariert werden, die sie gar nicht sind. Jahrelang war die einzige Möglichkeit, dem vorzubeugen, Prüfer zu beauftragen, die gelegentlich Fabriken besuchen und Dokumente überprüfen. Mit der neuen Regelung, die vorsieht, Nachweise über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg zu sammeln, entstehen schlicht zu viele Daten, um sie manuell zu sichten. Unternehmen nutzen daher verstärkt Software, welche die Lieferketten fortlaufend überwacht, um so Missbrauch und Betrug vorzubeugen, bevor ein Produkt im Regal steht.

Im Einklang mit den neuen Gesetzen
Alles in allem bedeuten die neuen Regelwerke und Gesetze für Unternehmen zusätzliche Belastungen bei der Nachweispflicht, wenn sie nachhaltige Produkte vermarkten wollen. Gleichzeitig müssen sie viel größere Datenmengen von viel mehr Akteuren erheben: Ein multinationales Unternehmen hat durchschnittlich über 10.000 Lieferanten, die Auswirkungen auf die Umweltbilanz von Produkten haben. Jeder dieser Zulieferer generiert typischerweise bis zu 100 MB an Daten. Insgesamt häuft sich so ein Datenberg von einem Terabyte pro Jahr an, der komplett verifiziert werden muss. Glücklicherweise gibt es bereits Technologien, die mit dem Erfassen solcher Datenmengen umgehen und die Verifizierung entlang der Supply Chain durchführen können. Supply-Chain-Mapping-Software, die ursprünglich dazu gedacht war, dem Bann auf Importe von Produkten in die USA, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden, entgegenzutreten, ist bereits in vielen Branchen im Einsatz. Sie kümmert sich um das Sammeln großer Datenmengen aus weitverzweigten Liefernetzwerken.

Transparenz für die Lieferkette

Das Unternehmen Sourcemap mit Hauptsitz in New York bietet Komplettlösungen für die lückenlose Transparenz und Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen entlang der gesamten Lieferkette. Einzelhändlern, Herstellern und Marken wird ermöglicht, die jeweiligen Bestandteile ihrer Lieferkette nachzuvollziehen und auf die Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten zu überprüfen. Sourcemap befähigt Unternehmen, Risiken bei Lieferanten zu identifizieren und zu bewerten und ihre Lieferketten in Echtzeit abzubilden. So können sie besser planen, die Resilienz erhöhen, die Rückverfolgbarkeit von Transaktionen optimieren und betrügerische Geschäftspraktiken aufdecken. Mit über 400.000 registrierten Unternehmen schafft Sourcemap weltweit mehr Transparenz für die Lieferkette.

www.sourcemap.com

 

Software für Supply Chain Due Diligence funktioniert, indem sie Lieferanten sowie deren Lieferanten und die vorherigen Lieferanten in einer Cloud-basierten Umgebung einbindet. Dort können Unternehmen schnell Daten aus dem gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte einsehen und bewerten. Mit Blick auf die Anti-Greenwashing-Gesetze bedeutet Supply Chain Mapping einen großen Fortschritt bei der Bewertung von Umweltauswirkungen. Die Technologie erlaubt Unternehmen, die CO2-, Abfall-, Wasser- und Energiefußabdrücke ihrer Produkte akkurat zu bestimmen. Gleichzeitig entsteht bei Supply Chain Mapping eine Prüfkette, auf deren Basis Unternehmen Aussagen zu ihrer Umweltverträglichkeit treffen, denen Verbaucher trauen können.

Die aktuellen Regierungsbestrebungen unterstreichen, wie teuer es werden kann, falsche Umweltbehauptungen aufzustellen. Außer dem Einhalten der neuen Anti-Greenwashing-Vorschriften bietet Supply-Chain-Mapping Marken etwas viel Wertvolleres: Die Möglichkeit, sich das Vertrauen ihrer Kunden zu sichern und dabei gleichzeitig die Basis für eine neue grüne Wirtschaft zu schaffen.

Autor: Jean-Baptiste Ceaux, Director of Operations Europe bei Sourcemap

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2023, Seite 20, Foto: bnorbert3 / stock.adobe.com)