EU-Taxonomie-Regeln: Ungerechtfertigte Benachteiligung von Kunststoffverpackungen

In einem gemeinsamen Schreiben an die Bundesministerien für Finanzen und Umwelt haben die Verbände GKV, IK, VDMA und bvse vor einer ungerechtfertigten Benachteiligung von Kunststoffverpackungen durch die Taxonomie-Regeln der EU-Kommission gewarnt.

Außerdem halten die Verbände die Einführung dieser Taxonomie-Kriterien für Verpackungen generell für verfrüht, weil solche Kriterien im Einklang mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen für Verpackungen stehen müssten, die jedoch gerade vollständig überarbeitet werden. In dem Schreiben heißt es daher wörtlich: „Wir wären Ihnen daher dankbar, wenn Sie sich gegen die von der Kommission beschlossenen Kriterien für Kunststoffverpackungen und für Taxonomie-Kriterien für Verpackungen generell aussprechen würden.“

Unrealistisch hohe Anforderungen
Die Anforderungen, um als Hersteller von Kunststoffverpackungen „nachhaltig“ im Sinne der Taxonomie zu gelten, werden als unrealistisch hoch angesehen: Entweder müssen Kunststoffverpackungen ab 2024 einen hohen Anteil an Kunststoffrezyklaten oder Biorohstoffen aufweisen oder wiederverwendbar sein. Außerdem gelten weitere – von den Herstellern kaum belegbare – Kriterien, die dafür sorgen sollen, dass die Verpackungen auch „in großem Umfang“ recycelt werden.

Diese Vorgaben nehmen zwar Bezug auf den Vorschlag der Kommission für eine EU-Verpackungsverordnung (PPWR), die derzeit im Europäischen Parlament und Rat beraten wird. Allerdings ist dieses Vorgehen in mehrfacher Hinsicht problematisch: Zum einen werden die Taxonomie-Kriterien dem PPWR-Vorschlag nicht gerecht. Beispielsweise bleiben Ausnahmen von den Rezyklateinsatzquoten, die im PPWR-Vorschlag vorgesehen sind, unberücksichtigt. Außerdem sollen die Wiederverwendungsquoten in der PPWR nur für bestimmte Verpackungsformate und nicht für sämtliche Verpackungen gelten. Zudem findet der Vorschlag, dass mindestens 65 Prozent der Kunststoffverpackung aus Biomaterialien bestehen soll, in der PPWR keine Entsprechung.

Ohne wissenschaftliche Grundlage
„Hier rächt sich, dass die Taxonomie-Kriterien auf keine wissenschaftliche Grundlage gestellt wurden. Zum anderen dauert die Diskussion um die PPWR an, sodass noch unklar ist, welche Vorgaben zukünftig für Verpackungen gelten werden“, betonen die Verbände. Es bestehe daher die große Gefahr, dass die Taxonomie-Kriterien im Widerspruch zu den Regelungen der PPWR stehen werden. Ein solcher Widerspruch gefährde jedoch die Rechts- und Planungssicherheit und damit die notwendigen Investitionen der gesamten Wertschöpfungskette für Kunststoffverpackungen auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft. Wörtlich heißt es: „Unsere Mitgliedsunternehmen haben die Sorge, dass aufgrund der überambitionierten Taxonomie-Kriterien ab 2024 ihr Zugang zu notwendigen Investitionen in besseres Produktdesign, neue Materialien und den Ausbau der Recycling- und Sortierverfahren deutlich erschwert wird.“

Auf Unverständnis trifft vor allem, „dass die unrealistisch hohen Anforderungen der Taxonomie-Kriterien, die ausschließlich für Kunststoffverpackungen gelten, diese gegenüber Verpackungen aus anderen Materialien benachteiligen, ohne dass diese Ungleichbehandlung begründet wird.“ Die Verbände weisen deshalb darauf hin, dass Kunststoffverpackungen mit einem durchschnittlichen Gewicht von 24 Gramm pro Kilogramm verpacktem Produkt deutlich materialeffizienter als sämtliche anderen Verpackungsmaterialien (durchschnittlich 116 g/kg Produkt) sind. Kunststoffverpackungen seien daher für eine effizientere Ressourcennutzung und die Reduktion von Verpackungsabfällen unersetzlich.

Die Verbände fordern die Bundesministerien für Finanzen und Umwelt dazu auf, sich im Rat dafür einzusetzen, dass die Taxonomie-Kriterien für Kunststoffverpackungen in der jetzigen Form abgelehnt werden. Die Kommission sollte aufgefordert werden, nach Verabschiedung der PPWR neue Taxonomie-Kriterien für Verpackungen generell vorzulegen.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 09/2023, Seite 8, Foto: Andi Karg)