Schrottmarktbericht Mai 2025: Dilemma – Hohe Sammelkosten, niedrige Absatzpreise und begrenztes Aufkommen
Neue Konjunkturprognosen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) sagen voraus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,2 Prozent schrumpft. Weltweite Unsicherheiten setzen Unternehmen zusätzlich unter Druck.
Während alle großen Volkswirtschaften der Welt wachsen – der Euroraum um 0,8 Prozent, USA mit 1,3 Prozent und China mit 4 Prozent – leidet Deutschland ganz besonders unter den Folgen der weltweiten Unsicherheit und anhaltenden niedrigen Investitionen. Auch innenpolitische Sorgen haben sich breit gemacht. Standortkosten sind verhältnismäßig hoch und bei größeren Anschaffungen bleiben Deutsche extrem vorsichtig. Besonders düster sieht es im Industrie- und Baugewerbe aus, bei denen nach einem Rückgang im letzten Jahr von drei Prozent, auch in diesem Jahr mit weniger Wertschöpfung zu rechnen ist als noch im Vorjahr. Die neue Bundesregierung hat Entlastungen angekündigt: je schneller diese kommen, desto besser.
Schrottmarkt
Bereits Ende April rechneten die meisten Marktteilnehmer mit sinkenden Schrottpreisen im neuen Monat Mai. Früh diskutierten Teilnehmer bereits hohe Preisabschläge. Absolut überraschend kam aber für viele Marktakteure die Deutlichkeit der Preisreduzierungen, die sich am unteren Ende der erwogenen Bandbreite einpendelten. Als unteres Ventil galt die begrenzte Mengenverfügbarkeit, die aber bei den Preisverhandlungen nicht so stark ins Gewicht fiel, wie von einigen erhofft. Durchschnittlich kam es gegenüber dem Vormonat April zu Preisreduzierungen auf dem deutschen Schrottmarkt um -40 €/t. Der neue Monat verhielt sich entgegengerichtet zum vorherigen Monat. War im April ein früher Abschluss im zunehmend sinkenden Schrottmarkt für die Schrotthändler von Vorteil, so kehrte sich das Bild im Mai um, wo der Markt durch positive internationale Preisimpulse zunehmend an Stärke gewonnen hat. Allgemein hielten Marktteilnehmer den sehr deutlichen Preisabschlag für überzogen. Der Markt galt nicht als austariert und führte auch nicht zu einer ersehnten Marktberuhigung. Vielmehr ist ein schwelender Preis- und Mengenkonflikt entfacht, der wahrscheinlich in den neuen Monat übertragen wird. Nicht nur das Altschrottaufkommen stufen Marktteilnehmer als überschaubar ein, auch das Neuschrottaufkommen zeigte sich, durch geringe Auslastung und einhergehende Kurzarbeit in der Verarbeitenden Industrie, verhalten. Tendenziell verlaufen die Verkaufsaktivitäten auf dem gegenwärtigen Preisniveau schleppend. Der Schrotthandel steckt in einem Dilemma zwischen hohen Sammelkosten, niedrigen Absatzpreisen und geringem Materialaufkommen. Es ist richtig, dass Schrottverbraucher im März und April gute Bedarfe hatten und sie sich wegen der bevorstehenden Sommerstillständen bereits entsprechend positionieren. Wichtig wird aber sein, welche Größenordnung die tatsächlich gehandelten Schrottmengen einnehmen. Die bescheidene konjunkturelle Entwicklung und niedrige Sammeltätigkeiten führen zu einem begrenzten Schrottaufkommen.
Schrott in den Regionen
Preisabschläge lagen im Norden bei -40 €/t. Eine gute Schrottbevorratung und starke Abwärtstendenzen Ende April führten zu dieser deutlichen Reduzierung. Etwas höhere Abschläge gab es im Osten des Landes. Der frühe Markteintritt verschaffte dort ansässigen Werken einen vermeintlichen Preisvorteil. Preise fielen je nach Werk und Region deutlicher als in anderen Regionen zwischen -40 bis -45 €/t, was zum einem dem Nachholeffekt aus dem Vormonat geschuldet ist, zum anderen aber auch an guten Schrottbeständen lag. Vereinzelnd waren Angebote sogar mit Preisabschlägen von bis zu -50 €/t versehen, die aber nicht von Schrottverkäufern akzeptiert wurden. Im Westen schloss ein Werk seine Einkaufskampagne bereits Ende April ab, mit Preissenkungen von -25 €/t. Im Südwesten zeigten sich Schrottpreise gegenüber dem Vormonat um -35 bis -40 €/t niedriger. Im Süden lagen Preisabschläge allgemein bei -30 €/t, bei geringem Schrottbedarf.
Schrott in den Nachbarländern
Schrottpreise nahmen in Frankreich im Monat Mai um mindestens -40 €/t ab, teilweise fielen Preisabschläge auch geringfügig höher aus. Luxemburgische Verbraucher nahmen in diesem Monat Preisreduzierungen von -35 €/t vor und lagen dabei etwas unter den deutschen Preisabschlägen. Zu berücksichtigen ist, dass im Vormonat bereits höhere Preisabschläge vorgenommen wurden, die den niedrigeren Abschlag im Mai erklären. Über beide Monate lagen Preisreduzierungen insgesamt bei -45 €/t bis -50 €/t. Preisabschläge in Österreich lagen sowohl für Altschrotte als auch für Neuschrotte bei -30 €/t. In Italien war die Marktschwächung geringer als vorerst angenommen. Ein ansteigender türkischer Importmarkt und eine leichte Erholung auf dem Fertigmaterialmarkt sorgten für eine Gegenbewegung. Auch wenn die Produktion nach den Osterfeiertagen wieder auf einem normalen Niveau läuft, blieben Energiekosten stark im Fokus der Stahlhersteller. Im Vergleich zur EU (27) sind die Energiekosten in Italien um 40 Prozent höher, gegenüber Frankreich sogar um 70 Prozent. Schrottpreise sanken in Italien je nach Qualität und Region um -30 €/t. Geringe Schrottnachfrage vom Exportmarkt und ein gutes inländisches Schrottangebot sorgten auf dem polnischen Schrottmarkt für Preissenkungen um -35 €/t. Werksvertreter befürchten, dass Schrottlieferanten wegen begrenzter Materialzuläufe ihre Verträge nicht erfüllen können. Allgemein ist die Materialverfügbarkeit bei Neuabfällen der Sorte E8 höher als bei Altschrotten der Sorte E1. Preise in der Tschechischen Republik fielen um 44 €/t, in Slowenien etwas weniger um -40 €/t.
Schrottmarkt international
Der türkische Schrottimportmarkt festigte sich zu Beginn des Monats Mai aufgrund erneuter Schrottverkäufe und höheren Angebots- und Gebotspreisen. Ein US-Exporteur verkaufte für Juni eine Ladung HMS 1/2 (80:20) zu 338 $/t und Shredderschrotte zu 358 $/t CFR Türkei an einen türkischen Stahlhersteller aus der Region Iskenderun. Europäische Schrottverkäufer erhöhten daraufhin ihre Angebotspreise auf 330-335 $/t CFR Türkei. Hafenpreise zu den Exportlägern stiegen parallel dazu an. Der Anstieg der Schrottpreise setzte sich in der zweiten Maiwoche fort, da sich eine zunehmend optimistischere Stimmung auf dem türkischen Importmarkt abzeichnete. Hafenpreise zu den Exportlagern zogen zunächst um 5-10 $/t an und lagen bei der HMS 1/2 (80:20) zeitweise auf 250-255 €/t frei angeliefert Hafenplatz. Eine niederländische HMS 1/2 (80:20) Qualität wechselte zu 333 $/t CFR Türkei ihren Besitzer, was einem Anstieg von 18 $/t gegenüber den Verkäufen aus Ende April entsprach. Ein schwächelnder EURO und geringere Materialzuläufe setzten diese Entwicklung fort. Die in US-Dollar notierten Schrottpreise der türkischen Stahlwerke nahmen je nach Werk und Sorte um 1 $/t bis 10 $/t zu. Exporteure hielten ihre Schrottimportangebote aufrecht, da türkische Stahlwerke ihre Lagerbestände weiterhin auffüllten. Obwohl in einigen europäischen Regionen Schrottpreise in diesem Frühjahr aufgrund der Schwäche im Fertigstahlsegment sanken, wirkten Lieferschwierigkeiten aufgrund des niedrigen Rheinwassers teilweise entgegen und deckelten Preissenkungen. Im vergangen Sommer führten relativ niedrige Preise in wichtigen Exportländern und die geringe inländische Stahlnachfrage zu einem deutlichen Rückgang der Sammeltätigkeiten. Zudem hielt auch die extrem warme Witterung die Schrottsammlung auf einem niedrigen Niveau.
Gießereien
Bei den Gießereien zeichnet sich ein unverändertes Bild ab. Einige Gießereien weisen eine Produktionsauslastung von lediglich drei Monaten aus, während sie normalerweise Zeiträume von bis zu einem Jahr abdeckten. Die wenigen Aufträge schüren bei einigen Gießereien die Hoffnung, ihr Produktionssortiment auf Waren auszuweiten, die auch für Verteidigungszwecke notwendig sind, um eine Auslastung zu sichern, und damit auch den Fortbestand des Geschäfts. Auf dem Schrottmarkt der Gießereien ist ein besonderer Materialdruck bei den Tiefzieh-Stanzabfällen zu erkennen, der hart umkämpft bleibt.
Ausblick
Marktteilnehmer erwarteten bereits Ende April deutliche Preisreduzierungen. Dass diese Preisreduzierungen jedoch so stark ausfielen überraschte die meisten Akteure. Die Preissenkungen lagen am äußersten Ende der Bandbreite und sorgten für keinen austarierten und ruhigen Markt. Es blieb am Ende der Preisabschlüsse ein großer Raum für Spekulationen offen. Nicht zuletzt durch die begrenzte Materialverfügbarkeit blieb Diskussionsbedarf bestehen. Marktakteure vermuten, dass das Marktgleichgewicht im Monat Mai nicht gefunden wurde, und im neuen Monat je nach Ausgangslage zu einem ausgleichenden Kompensationseffekt führt, unabhängig davon, in welche Richtung sich die Preise bewegen.
Eine große Frage besteht in den logistischen Herausforderungen. Die Wasserstände des Rheins sind in diesem April niedriger als im Vorjahr, so fasste Florian Krekel vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Rhein die Situation zusammen. Seit 1981 gab es in Kaub in Rheinland-Pfalz keine niedrigeren Pegelstände. Die Wahrscheinlichkeit ist gegeben, dass es zu weiteren Einschränkungen bei der Schifffahrt und damit bei der Schrottversorgung kommen könnte.
Redaktionsschluss 19.05.2025, Johannes Hanke, bvse (Alle Zahlen ohne Gewähr), Foto: O. Kürth