Schrottbedarf deutscher Stahlindustrie könnte bis 2045 zunehmen
Benötigte Qualitäten erfordern Investitionen in moderne Aufbereitungstechnologien. Die Transformation der deutschen Stahlindustrie in Richtung Klimaneutralität könnte den Bedarf an Stahlschrott in den kommenden Jahrzehnten deutlich erhöhen. Das zeigt die Studie „Szenarien für den Stahlschrottbedarf der deutschen Stahlindustrie“ der Ernst-Abbe-Hochschule Jena. Die Autoren Prof. Dr. Frank Pothen, Maik Hartung und Carolin Hundt quantifizieren darin in neun Szenarien den zukünftigen Schrottbedarf bis 2045.
Die Ergebnisse machen deutlich: Die quantitative Verfügbarkeit von Stahlschrott in Deutschland reicht aus, um den steigenden Bedarf zu decken. Entscheidend wird die Verfügbarkeit von hochwertigen Schrottqualitäten sein, die für den Einsatz in den zunehmend elektrischen Produktionsrouten – etwa in Elektrolichtbogenöfen (EAF) – erforderlich sind. Hier zeichnen sich Engpässe ab, wenn nicht gezielt in Sammlung, Sortierung und Aufbereitung investiert wird. Vor diesem Hintergrund fordern die Verbände BDSV, bvse und VDM entschlossenes Handeln von Politik und Industrie. „Die deutsche Stahlrecyclingwirtschaft kann den steigenden Schrottbedarf decken, wenn die Unternehmen in der Lage sind, in moderne Aufbereitungsanlagen und Qualitätssicherungstechnologien zu investieren“, erklärt BDSV-Geschäftsführer Guido Lipinski. „Analog zu den milliardenschweren Förderzusagen für die Stahlindustrie braucht es auch eine Unterstützung der Recyclingwirtschaft, um die notwendigen Infrastrukturen für eine klimafreundliche Stahlproduktion aufzubauen.“
Zudem fordern die Verbände Investitionsgarantien sowie langfristige Abnahmevereinbarungen mit der Stahlindustrie, um die Finanzierung von Aufbereitungsanlagen wirtschaftlich abzusichern. Nur so könne die Branche aktiv zur Transformation beitragen und die Versorgung der deutschen Stahlwerke mit klimafreundlichem Stahlschrott langfristig sicherstellen. „Die Transformation der Stahlindustrie ist ohne eine leistungsfähige Recyclingwirtschaft nicht zu schaffen“, betont bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. „Jetzt kommt es darauf an, die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass diese Potenziale auch gehoben werden.“
Aus Sicht von BDSV, bvse und VDM liefert die Studie eine differenzierte und belastbare Grundlage für die Diskussion um die künftige Rohstoffversorgung der Stahlindustrie. Ein genereller Mengenmangel an Schrott ist nicht zu erwarten – bei hochwertigen Qualitäten könnten jedoch Engpässe entstehen, sofern nicht rechtzeitig investiert wird. Deshalb sei es wichtig, dass Stahlrecyclingwirtschaft und Stahlindustrie frühzeitig gemeinsam Lösungen für die Aufbereitung, Qualitätsverbesserung und Diversifizierung der Schrottquellen entwickeln, um die Rohstoffversorgung langfristig zu sichern und die Klimaziele zu erreichen.
Die Studie steht zum Download bereit:
eah-jena.de/fileadmin/user_upload/eah-jena.de/fachbereich/bw/Forschung/Publikationen/Wirtschaftswissenschaftliche_Schriften/2025-02_Heft_Pothen_Wirtschaftswissenschaftliche_Schriften.pdf
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 08/2025, Seite 35, Foto: O. Kürth)