Schrottmarktbericht: Überaus ruhig

Die Händler bezeichneten das Marktgeschehen im Berichtsmonat August als ausgesprochen ruhig, zumal die drei größten Bundesländer NRW, Baden-Württemberg und Bayern Sommerferien hatten und Impulse aus dem Tiefseemarkt ausblieben. Laut Informationen aus Handelskreisen konnten die angebotenen Mengen verkauft werden. Der Schrottzulauf zu den Lagern wurde je nach Region als übersichtlich beschrieben, was sowohl auf die Ferien als auch auf die schwächelnde Konjunktur insbesondere im Automobilbereich zurückzuführen ist.

Die meisten Werke kauften den für August benötigten Schrott zu nahezu unveränderten Preisen ein. Auf der Grundlage des vereinbarten Preises im Vormonat gab es bei einzelnen Verbrauchern leichte Zu- beziehungsweise Abschläge für bestimmte Sorten. Ein Verbraucher im Süden nutzte sowohl seinen ferienbedingten Minderbedarf als auch den der italienischen Mitbewerber und senkte seine Einkaufspreise um 10 Euro pro Tonne. Im Südwesten kam es bei einem Werk zu einem für die Schrottlieferanten überraschenden Produktionsstopp von zehn Tagen. Vermutlich dient der Stopp der Stabilisierung der Fertigstahlpreise, zumal auch andere Werke dieses Instrument nutzen.

Nachbarländer

Angesichts der angebotenen Preisreduktion von 10 Euro pro Tonne gegenüber Juli war die Lieferbereitschaft deutscher Händler nach Italien sehr zurückhaltend,. Die Werksferien dauerten zwei bis vier Wochen und damit zum Teil länger als in früheren Jahren. Der dadurch stark verminderte Bedarf konnte anscheinend über die inländische und die wenigen verkaufswilligen ausländischen Lieferanten gedeckt werden. Parallel zu der ab September wieder hochlaufenden Produktion dürfte der Schrottzukaufbedarf auch aus Deutschland deutlich steigen. In der Schweiz war die Nachfrage nach deutschem Schrott aus produktionstechnischen, wirtschaftlichen oder ferienbedingten Gründen verschwindend gering. Der angebotene Preis lag genau wie in Österreich um 5 pro Euro Tonne unter dem des Vormonats. In Polen hat sich die Auftragslage der Baustahlhersteller deutlich verbessert. Mit Preiserhöhungen von bis zu 10 Euro pro Tonne bemühten sie sich, die nicht üppig vorhandenen Schrottmengen im Inland zu halten. Der Verbraucher in Luxemburg zahlte bei hohem Bedarf unveränderte Preise. Französische Werke hatten einen im Vergleich zum Vormonat geringeren Bedarf bei größtenteils ebenfalls unveränderten Preisen. Auch im Vereinigten Königreich blieben die Preise der inländischen Abnehmer im August stabil. Um ein Austrocken des ferien- und konjunkturbedingt geringen Schrottzuflusses zu den Exportlägern zu vermeiden, passten sich die Exporteure mit einer Nullrunde an.

Gießereien

Laut Angaben aus Handelskreisen sind die Schrottabrufe einiger Gießereien defensiv geworden. Die Monate Juli und August waren ohnehin stark geprägt von ferien- und möglicherweise konjunkturell bedingten Stillständen. Gießereien, die an keinen Preisindex gebunden sind, ließen ihre Schrotteinkaufspreise unverändert oder zahlten je nach Sorte und Bedarf etwas mehr als im Vormonat. Die Roheisenpreise haben im Berichtsmonat 10 US-Dollar pro Tonne nachgegeben, obwohl die Abnehmer deutlichere Preisreduzierungen verlangt haben. Dass sich die Lage bei den deutschen Eisen-, Stahl- und Tempergießereien bereits im ersten Halbjahr 2019 verschlechtert hat, zeigen die uns vom Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (bdguss) in Düsseldorf zur Verfügung gestellten Zahlen.

Halbjahreszahlen der Eisen-, Stahl- und Tempergießereien in Deutschland in Millionen Tonnen (Quelle: bdguss, Stand 22.08.2019, eigene Berechnungen, Tabelle: bvse, *) vorläufige Produktionszahlen, die sich noch verändern können. Die ermittelten Schrotteinsatz­werte verändern sich dadurch erfahrungsgemäß nicht wesentlich)

Wie die Tabelle (rechts) zeigt, ist die Produktion im Halbjahresvergleich um fast neun Prozent gefallen. Der Schrott­eigenentfall verminderte sich um 5,4 Prozent, und die Gießer reduzierten ihren Schrottzukauf vom Handel um 6,3 Prozent. Die Sorgenfalten insbesondere bei den Zulieferbetrieben für die Automobilindustrie werden tiefer, weil der Auftragseingang bereits rückläufig war und es zum Teil an Folgeaufträgen fehlt, sodass es nach den Sommerferien vermehrt zu Kurzarbeit kommen könnte.

Drittlandexport

Während sich die US-Inlandspreise Anfang August um rund 20 US-Dollar gegenüber Juli erholten, ruhte das Tiefseegeschäft mit den türkischen Abnehmern, weil deren Preisvorstellungen und die der potenziellen Schrottanbieter um rund 20 bis 25 US-Dollar pro Tonne auseinander lagen. Außerdem waren sie – aufgrund der schwachen Fertigstahlnachfrage, verbunden mit nachgebenden Verkaufspreisen – nicht aktiv. Nach 12 Tagen Abwesenheit starteten sie zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses ihre ersten Zukäufe für die Septemberlieferungen. Dabei zeigten beide Seiten Entgegenkommen. Von den im August gekauften und in der Fachpresse gemeldeten Tiefseeladungen stammten drei vom Kontinent, eine aus dem VK und eine aus den USA. Die Preisreduzierung im Zeitraum dieser Berichterstellung beläuft sich auf rund 20 US-Dollar pro Tonne. Die Exporteure vom Kontinent konnten wegen des geringen Zulaufs und des noch festen europäischen Schrottmarktes die frei-Lagerpreise bis dato nur in kleinen Schritten zurücknehmen. Der Importbedarf der türkischen Verbraucher für den kommenden Monat ist unklar. Er wird von Marktteilnehmern unterschiedlich hoch eingeschätzt und damit sein Einfluss auf die Preise.

Der indische Schrottimportmarkt hat dem Handel im ersten halben Jahr lukrative Absatzmöglichkeiten für Späne und Schredderschrott geboten. Da sich auch in Indien das wirtschaftliche Umfeld aus verschiedenen Gründen stark eingetrübt hat, ist der Einfuhrbedarf rückläufig. Die Importeure boten im August deutlich geringere Preise als noch im Vormonat an, sodass der Containerexport unattraktiv geworden ist. Derzeit werden noch Altverträge abgewickelt. Der Schrottexport nach Indien ist im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres um etwa 67 Prozent von rund 81.000 Tonnen auf 135.000 Tonnen gestiegen, wie die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen.

Aussichten

Deutschland, Basisjahr 2015 = 100, Quelle: Statistisches Bundesamt/Destatis

Laut der aktuellen Konjunkturumfrage des Ifo-Instituts rechnet die deutsche Industrie in den nächsten drei Monaten mit einem weiteren Rückgang der Produktion. Die Wortwahl für die Beschreibung der aktuellen und zukünftigen Wirtschaftslage ist je nach Verfasser sehr unterschiedlich. Sie reicht von einer vorübergehenden Delle, einer Wirtschaftskrise oder einem massiven Rückgang bis hin zur Rezession. Welcher Begriff die Realität tatsächlich beschreibt, ist derzeit kaum zu bestimmen. Die Rohstahlproduktion ist in den ersten sechs Monaten des Jahres gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres um über fünf Prozent gesunken, wobei aktuell die Auftragslage für die Beton- und Profilstahl erzeugenden Werke besser als im Flachstahlbereich ist. Ebenso spürt die Schrottwirtschaft die konjunkturelle Veränderung, die sich an einem regional zwar unterschiedlichen, aber doch um 10 bis 30 Prozent rückläufigen Schrottaufkommen festmachen lässt. Ein weiteres Beispiel dafür, dass es nicht mehr so rund läuft, ist der Straßengüterverkehr. Noch im vergangenen Jahr war er ein bedenklicher Engpass. Mittlerweile klagen die Transportunternehmen über eine schlechtere Auslastung ihrer Fahrzeuge und fragen nach Aufträgen.

Wie in jedem Jahr nach der Sommerpause ist es unklar, welchen tatsächlichen Schrottbedarf die Verbraucher im September haben werden. Nicht außer Acht gelassen werden sollte, dass einige Werke aus verschiedenen und oben bereits genannten Gründen für Anfang September ausreichend versorgt sein dürften. Hinzu kommen Werke, die wegen ihres anstehenden Geschäftsjahresabschlusses die Bestände auf ein Minimum zurückfahren und nur den dringendsten Bedarf decken. Es wird jedoch auch Verbraucher mit einem hohen Bedarf geben. Für den kommenden Monat geht der Schrotthandel von unveränderten bis leicht sinkenden Preisen aus.

Redaktionsschluss 22.08.2019, BG-J/bvse

(EU-Recycling 09/2019, Seite 36, Foto: O. Kürth) – Alle Angaben/Zahlen ohne Gewähr

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