Schneller, billiger, sauberer: Schweizer stellen neue Technik zur Rück­gewinnung aus Klärschlamm vor

Schweizer Ingenieure haben ein System entwickelt, um Klärschlämme zu Mineralsalzen und Biogas zu verarbeiten und Phosphor rückgewinnen zu können. Im Rahmen des Projekts – eine Ausgliederung des Labors für Nachhaltige und Katalytische Entwicklung an der Lausanner EPFL – wird zurzeit eine großtechnische Pilotanlage errichtet.

Bisherige Verfahren sehen zunächst die Dehydrierung des Schlammes vor, die erst den kostspieligen Einsatz von Energie erfordert, um dann den getrockneten Abfall in die Verbrennung zu schicken. Das neue System kann hingegen Klärschlamm „direkt aus den Abasserbehandlungsanlagen gewinnen, ohne dass eine Trocknung oder andere vorherige Aufbereitungen nötig sind“, betont Frédéric Juillard, Geschäftsführer des TreaTech-Teams, das diese Technik entwickelt.

Bei diesem Verfahren fließt der Abwasserstrom in einen Scheider unter Hochdruck (> 22.1 MPa) und Hitze (400 °C). Hier erreicht das Fluid einen überkritischen Zustand – zwischen Flüssigkeit und Gas. Das senkt die Löslichkeit des Phosphors und der mineralischen Salze im Fluid und lässt sie zu Feststoffen kristallisieren, die leicht rückgewonnen werden können. Laut Frédéric Juillard können so über 90 Prozent des Phosphors erfasst werden. Was die Gewinnung von Biogas aus Klärschlamm anlangt, verfügen einige Abwasserbehandlungsanlagen bereits über entsprechende Einrichtungen. „Aber Biogasanlagen können zurzeit nur 40 bis 50 Prozent der organischen Masse umwandeln“, kritisiert Gaël Peng, Mitbegründer und Technischer Direktor von TreaTech. Außerdem würden die übrigbleibenden Gärreste getrocknet und in die Verbrennung gegeben, was zusätzlich Energie erfordert und Kosten verursacht. Nach Pengs Darstellung machen die Behandlung der Schlämme und ihre Entsorgung rund 40 Prozent der operativen Ausgaben von Abwasserbehandlungsanlagen aus.

Demgegenüber war es das Ziel von Frédéric Juillard, eine Technologie zur Herstellung von Biogas in das System einzubauen, die die Kosten für Anlagenbetreiber senkt und die Konversionsrate steigert. Im Paul Scherer Institut wurde er fündig. Dort arbeiteten Forscher an einem neuen Typ von Reaktor, in dem Ruthenium als Katalysator zum Einsatz kommt und der eine annähernd 100-prozentige Umsetzungsrate in Biogas zur Produktion von Wärme, Elektrizität oder Biokraftstoff erreicht. Das verbleibende Wasser ist frei von Giftstoffen und kann direkt in das kommunale Wassersystem eingespeist werden. Außerdem soll diese Technologie eine enorme Zeitersparnis bringen: Der Reaktor könne Klärschlamm in 20 Minuten in Biogas verwandeln, während bestehende Faulbehälter dafür rund 30 Tage benötigten.

Das Paul Scherer Institut sowie das Schweizerische Bundesamt für Energie unterstützen die Forschungen von TreaTech, für die 4,4 Millionen Schweizer Franken in Form einer öffentlich-privaten Partnerschaft zur Verfügung standen. Tests eines Prototyps wurden erfolgreich abgeschlossen. Zurzeit wird eine Pilotanlage errichtet, die 100 Kilogramm Klärschlämme pro Stunde verarbeiten soll. Es ist vorgesehen, das System im Jahr 2022 in einer Abwasserbehandlungsanlage einzusetzen; die geplante Kapazität liegt bei 3.000 Tonnen pro Stunde.

(EU-Recycling 09/2019, Seite 38, Foto: VKU)