Waste-to-Energy: Wiener Kongress brachte auf den aktuellen Stand -Teil 2-

Der zweite Teil, der den Tagungsband des diesjährigen IRRC Waste-to-Energy-Kongresses Mitte Oktober in Wien vorstellt, befasst sich unter anderem mit thermo-chemischen Verfahren, Vorgehensweisen gegen Anlagenkorrosion sowie Behandlungsmethoden für Klärschlämme, Rauchgas und Schlacken – jeweils in Kurzmeldungen gefasst.

Für die Depolymerisation von Kunststoffen stehen verschiedene thermo-chemische Verfahren wie Verbrennung und CO2-Verwertung, Vergasung und Synthesegas-Nutzung, Pyrolyse und Öl-Aufwertung sowie Verflüssigung mit Öl-Aufwertung zur Verfügung. Im kleinen Maßstab sind Verflüssigung und möglicherweise Pyrolyse zur Herstellung von Rohöl sinnvoll, während Investitionen in Anlagen zur Vergasung und Synthesegas-Nutzung im Industriemaßstab Risiken bergen. Die Behandlung homogener, Kunststoff-reicher Abfallfraktionen ist technisch umsetzbar, aber aufwändig. Doch ist chemisches Recycling überhaupt der richtige Weg? +++ Eine Untersuchung hat gezeigt, dass Schmelzvergasung das Effizienzniveau, das die EU-Leitlinien für den R1-Status der Rückgewinnung vorschreiben, nicht erreicht. Statt aber der Industrie die Einhaltung eines Status` zu erleichtern, den sie im Normalbetrieb nicht erfüllt, sollten die Behörden besser auf Beurteilungen durch alternative Bewertungssysteme aus früheren Erkenntnissen zurückgreifen und sorgfältig Grenzen ziehen. +++ Bio-Öl aus einer hydrothermalen Verflüssigung auf Basis einer chemisch-biologischen Behandlung von Getreidestroh ist mit Flugbenzin hinsichtlich Heizwert, Gefrierpunkt, Kupferkorrosion und kinematischer Viskosität kompatibel, doch liegen Dichte, Wassergehalt, Flammpunkt und Gummigehalt außerhalb der Spezifikation. Bessere Kompatibilität wird durch katalytisches Cracken, Dehydrierung und Degummierung erzielt.

Grenzwerte und Rückgewinnungsraten

Im Jahr 2018 hat die EU für die mechanisch-biologische Behandlung von kommunalen Restabfällen 53 beste Verfahrensweisen (Best Available Techniques, kurz BAT) festgelegt, die Hälfte davon für alle Abfallbehandlungsanlagen, aber auch spezielle für Emissionen in Wasser und Luft. Dennoch besteht weiterhin Handlungsbedarf zur Optimierung der mechanisch-biologischen Anlagen-Technologie hinsichtlich Ressourcen- und Energie-Effizienz – beispielsweise die Abstimmung in Bezug auf den Abfall-Input, technische Verfahren oder Betriebsbedingungen. +++ Die österreichische Abfallverbrennungsverordnung setzt nationale Grenzwerte fest für Arsen, Cadmium, Cobalt, Chrom, Quecksilber, Nickel, Blei und Antimon bei Ersatzbrennstoffen, die in der Industrie eingesetzt werden sollen. Obwohl gemischte Gewerbeabfälle diese Werte nicht überschreiten, kommen sie doch bei Einzelkörnungen vor. Ersatzbrennstoff-Herstellern wird daher zur Verbesserung des Heizwertes geraten, Korngrößen unter fünf oder zehn Millimetern aus der Abfallmischung auszuschleusen. +++ In Albaniens Hauptstadt Tirana ist ein Areal zur Aufbereitung von anfangs 800 Tonnen Siedlungsabfällen täglich geplant, das eine Anlage zur energetischen Rückgewinnung, je eine Deponie für unbehandelte, für thermisch behandelte und für inerte Abfälle und weitere Anlagen für Recycling und zur Wasseraufbereitung umfassen soll. +++ Die Rückgewinnungsraten speziell definierter Ersatzbrennstoffe hängen von der Eingangsqualität des Abfalls und den verschiedenen Stufen der Produktion ab. Generell gilt: Je höher der Netto-Verbrennungswert, umso niedriger die qualitative Rückgewinnungsrate des Ersatzbrennstoffs. Daher mag die Produktion von EBS beispielsweise für die Mitverbrennung in Kohlekraft- oder Zementwerken eine Option sein; doch die Qualitätsanforderungen hinsichtlich Netto-Verbrennungswert und Schadstoffgehalt in solchen Verfahren beschränken die EBS-Quantität enorm und hinterlassen mehrheitlich Rückstände.

Klärschlammbehandlungen – mono oder kombiniert

Die Klärschlammbehandlung in der Tschechischen Republik muss sich hinsichtlich rechtlicher Anforderungen an Hygiene und Phosphorrecycling erheblich ändern. Die gegenwärtige Situation eröffnet neue Möglichkeiten zur Kombinierung ursprünglich getrennter Verfahren wie Trocknung, Verbrennung und weiterer Aschebehandlung. Dafür wurden neue Technologien entworfen und getestet – mit vielversprechenden Resultaten. +++ Am Vorzeigeprojekt einer thermalen Behandlungsanlage von Klärschlämmen konnte belegt werden, inwieweit die Kombination von Klärschlamm-Konditionierung, thermo-chemischer Umformung im Wirbelschicht-Reaktor durch Pyrolyse, Vergasung, Verbrennung und Carbonisierung zusammen mit einer Reduktion der Stickoxide zu einer nachhaltigen technischen Lösung führen kann. +++ In Kuwait ist mit der Abwasserbehandlungs- und Wiedergewinnungsanlage in Sulaibiya die wahrscheinlich größte Einrichtung ihrer Art unter Einsatz von Umkehrosmose und Ultrafiltration in Betrieb. Ihre Kapazität beläuft sich auf rund 425.000 Kubikmeter pro Tag und könnte auf 600.000 Kubikmeter gesteigert werden. Die Kläranlage in Tubli (Bahrain) verfügt über eine Gesamtkapazität von 200.000 Kubikmetern und hat sich zum Ziel gesetzt, die behandelten Abwässer zur uneingeschränkten Bewässerung in Landwirtschaft und Landschaft wiederzuverwenden. +++ Mono-Klärschlamm-Verbrennungsanlagen lassen sich in bestehende Waste-to-Energy-Einrichtungen integrieren, um die gemeinsamen ökologischen und ökonomischen Synergien zu optimieren. Am erfolgversprechendsten erweist sich dabei die Kombination der Schlammtrocknung mit einer Verbrennungsanlage, indem Niederdruckdampf und Lösungsmitteldämpfe weitere Verwendung finden. +++ Klärschlämme können beispielsweise in Mono-Verbrennungsanlagen mit CFD-Technologie behandelt werden, was langwierig und kostspielig ist. Eine andere Lösung besteht darin, eine bestehende WtE-Anlage mit einem Drehrohrofen zu kombinieren, um das Rauchgas der Anlage zu nutzen. Der Drehrohrofen kann allerdings die Regulierung der Klärschlamm-Behandlung und die Einhaltung des Gesamtkohlenstoffs nicht gewährleisten, sondern erfordert eine technische Aufrüstung hinsichtlich Nach-Verbrennung. +++ Konzepte zur Behandlung von Rauchgasen – zum Beispiel zur Separierung saurer Störstoffe, Quecksilber oder Ammoniak – unterliegen unterschiedlichen Vorgaben und Anforderungen und sind von Standort, Rohgas-Werten, Emissionsgrenzen und Brüden abhängig. Ein Trend, ob sich eher die konditionierte trockene Sorption oder eine Nassreinigungsstufe durchsetzen wird, lässt sich nicht erkennen.

Materialien im Kampf gegen Korrosion

Ablagerungsstrukturen und ihre Texturen liefern Erkenntnisse über Gründe, Mechanismen und Bedingungen von schädlichen Korrosionen durch hochtemperiertes Chlor in Kraftwerken, die mit Abfall oder Biomasse betrieben werden. Einen weit geringeren Effekt haben Salzschmelz-Korrosionen. Temperaturbereichs-Messsonden bieten die Möglichkeit, die Korrosions-Ursachen störungsfrei, transparent und eindeutig zu untersuchen. +++ Das Wissen über die Bildung korrosiver Arten und ihre Kondensationsverhalten ist nützlich für neue Lösungen zu Dampfkesseln hinsichtlich Entwurf und Platzierung des Überhitzers. Dadurch lässt sich die Kondensation von korrosivem Chlor auf den Oberflächen von Wärmetauschern vermeiden. Auch kann die Lebensdauer der Kesselkomponenten durch Einsatz eher Korrosions-resistenter Materialien gesteigert werden. +++ Die Systemstabilität eines Boilers hängt von den Materialeigenschaften der Systemkomponenten und der Konstruktion des Kesselfliesen-Systems ab. Das zeigte sich beim Austausch von VDH-Feuerfest- gegen Siliciumcarbid-Kacheln und einer späteren, zusätzlichen Umrüstung auf unter anderem gießbares Füllmaterial mit geringerer Wärmeleitfähigkeit. Damit sollen sich hinsichtlich Kesselleistung die besten Gesamtbetriebskosten erreichen lassen. +++ Die Verwendung von Schwefelsalzen korrodiert Brenner weniger als Chlorsalze. Elementarer Schwefel findet dabei in Form von Schwefeltrioxid (SO3) sicheren und kostengünstigen Einsatz; eine kontinuierliche Zugabe wird als nicht notwendig angesehen. +++ Anhaftungen aus harter und kompakter Flugasche verringern die Leistung eines Brenners. Feste oder flüssige chemische Additive – aufbauend auf Magnesium-Elementen und in den Kessel eines Brennofens eingeführt – beseitigen gleichzeitig Sauergase, reduzieren Verschlackung und Bewuchs und steigern die thermale Effizienz des Brenners.

Neues zur Rauchgas-Behandlung

Die Selektive Nicht-Katalytische Reduktion von Stickoxiden (SNCR) ist in neuen wie bestehenden Verbrennungsanlagen mit alten DeNOx-Systemen realisierbar. Sowohl die neuen wie die nachgerüsteten SNCR-Anlagen – zusätzliche Lanzen, entwickelte Temperatur-Messsysteme und ein modernisiertes Kontrollsystem genügen – entsprechen den gegenwärtigen BREF-Auflagen und übertreffen sie teilweise. +++ Mit einer integrierten Technologie können Katalysatoren in WtE-Anlagen und Biomasse-Kesseln in einem niederen Bereich von NO2, NH3 und Dioxin gemäß den neuen BREF-Anforderungen arbeiten, was mit SNCR-Lösungen normalerweise nicht möglich ist. Mit Terminox High Dust lassen sich Emissionswerte erreichen, die denen von SCR-Systemen vergleichbar sind. +++ Mit der Einspritzung von Clean Calco HVP – einem Kalkhydrat als Sorptionsmittel – am kalten Ende des Rauchgas-Reinigungssystems kann die Effizienz zur Beseitigung von Salzsäure und Schwefeldioxid um 30 Prozent gesenkt werden. +++ Die Reinigung von Abgasen aus Antriebsaggregaten auf Schiffen ist eine bekannte Technologie und für die zurzeit eingesetzten Schiffe die einzige machbare Lösung. Es besteht aber die Wahl zwischen offenem und geschlossenem Zyklus, die in den kommenden Jahren durch die Internationale Seeschifffahrts-Organisation zugunsten einer stringenteren Kontrolle der Abgas-Reinigung entschieden werden soll. +++ Um den neuen Grenzwerten für Quecksilber-Emissionen von Kraftwerken und Müllverbrennungsanlagen zu genügen, sind effiziente und ökonomische Minderungssysteme erhältlich. Auch wurde die Leistungsfähigkeit der automatischen Messsysteme hierfür gesteigert. Andererseits werden dringend neue manuelle Standard-Referenzmethoden benötigt. Hierfür könnten die Methode der Adsorptionsfalle und die Zeeman Mess-Technologie alternative Lösungen bieten. +++ Die systematische Untersuchung von Chemisorption-Mechanismen und von chemisch imprägnierter Aktivkohle könnten neue Lösungen liefern, um den steigenden Anforderungen an Grenzwerte für Quecksilber aus Abgasen zu entsprechen.

Verbrennungsrückstände sind werthaltige Materialien

Ein Vergleich, der die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Schlacke aus Müllverbrennungsanlagen in Europa, Norwegen und der Schweiz untersuchte, ergab, dass ein einheitliches Regelwerk hilfreich sein könnte, wobei aber auch lokale Bedingungen wie Bodentypen und Klima berücksichtigt werden sollten. Harmonisiert werden könnten die definitiven Anwendungsfelder, der Satz an Prüf-Parametern sowie einheitliche Prüfmethoden. +++ Nach Metallen sortierte und verwitterte Schlacke aus Verbrennungsanlagen kann in bestimmten Straßenbau-Bereichen natürliches Material ersetzen. Der Einsatz für Hochlast-Straßen ist ebenso erwiesen wie der in grundlegenden Ebenen. Allerdings beläuft sich die jährliche Schlackeproduktion in Europa auf weniger als die Hälfte des Bedarfs an natürlichen Straßenbaustoffen in Dänemark. +++ Es gibt Technologien und Verfahren, mit denen wiedereinsetzbare Materialien aus trocken ausgebrachter Schlacke von WtE-Anlagen mit Rosten und von Verwertungsanlagen rückgewonnen werden können. Qualitativ hochwertige Metalle, Glas und Mineralien lassen sich leicht aus trocken ausgebrachter Schlacke wiederherstellen und unter geringem Verbrauch von Primärenergie in den Kreislauf von Rohstoffen zurückbringen. +++ Normalerweise denkt man, dass Asche aus der Abfallverbrennung Nachteile hinsichtlich laugungsfähiger Metalle besitzen. Dennoch können sowohl Flugasche wie auch Schlacke als werthaltige Materialien eingesetzt werden. Bei Versuchen erwiesen sich Kupfer und Zink als die wertvollsten Metalle aus der Schlacke. +++ Eine Machbarkeitsstudie namens Waste2Storage legte für einige Sorten von Flugasche ein Potenzial für neue Anwendungen offen. Aus der Carbonisierung von Flugasche resultierte eine kontrollierte Stabilisierung der Proben, eine Gewinnung von Energie und die Immobilisierung einiger Schwermetalle – nutzbar für bessere Produkte zur Weiterverwendung oder nützlich aufgrund von reduzierten Einsatzmengen an Zement zur Stabilisierung vor der Deponierung.

Die vollständigen Vorträge können nachgelesen werden in „Waste Management“, Band 9 – Waste-to-Energy –, hrsg. von S. Thiel, E. Thomé-Kozmiensky, F. Winter, D. Juchelková, Neuruppin 2019, ISBN 978-3-944310-48-0.

Teil 1: https://eu-recycling.com/Archive/25275

(EU-Recycling 12/2019, Seite 36, Foto: Drpixel / stock.adobe.com)