Die optimale „R-Strategie“

Der InnovationsCampus Mobilität der Zukunft (ICM) ist eine Forschungsplattform des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart. Gemeinsame Vision ist die nachhaltige und emissionsfreie Mobilität der Zukunft – von Produktentwicklung bis Recycling. Auf der Hannover Messe 2025 präsentierte der ICM Strategien für die Kreislaufwirtschaft von Elektronikkomponenten und ein Miniaturfahrzeug zur Validierung neuer Mobilitätskonzepte.

Die ICM-Nachwuchsgruppe „Nachhaltige Elektronik“ um Dr. Florian Stamer am wbk Institut für Produktionstechnik des KIT hat eine KI-gestützte Inspektionsstrategie entwickelt, die die Wiederverwertung von Leiterplatten optimiert. In Zusammenarbeit mit dem Start-up Desoltik und gefördert durch den ICM, wurde ein Verfahren entwickelt, das optische, elektrische, thermografische und röntgenbasierte Technologien kombiniert. Die Künstliche Intelligenz erfasst und analysiert die Prüfdaten in Echtzeit und bestimmt adaptiv die erforderliche Prüftiefe sowie die optimalen Testverfahren für spezifische Baugruppen. Nach jeder Prüfsequenz erfolgt eine datengetriebene Bewertung der Messwerte, woraufhin die Inspektionsstrategie dynamisch angepasst wird. Sobald eine ausreichende Datenbasis vorliegt, leitet das System die optimale „R-Strategie“ ab – basierend auf den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft wie Reparatur (Repair), Wiederverwendung (Reuse) oder Recycling (Recycle).

Eine skalierbare Lösung
Besonders hervorzuheben ist der Transfer von der Forschung in die Praxis: Die Inspektionsmethode ist eine skalierbare Lösung für die Kreislaufwirtschaft und lässt sich sowohl in der Einzelfertigung als auch in der Serienproduktion einsetzen. Recycling- und Remanufacturing-Unternehmen im Elektronikbereich und Elektronikhersteller profitieren von der Technologie, da sie zur effizienten Reparatur von Gebrauchtprodukten und Ausschuss genutzt werden kann. Zur Industrialisierung des Verfahrens arbeitet das Team mit Schneider Electric zusammen, einem international tätigen Unternehmen mit langjähriger Erfahrung im Bereich nachhaltiger Fertigung. Der französische Konzern wurde für seine Fabriken mehrfach vom Weltwirtschaftsforum als „Sustain­ability Lighthouse“ ausgezeichnet. Die Robotik- und Automatisierungslösungen, die Schneider Electric selbst entwickelt und in der eigenen Produktion nutzt, stecken nun auch in dieser Applikation.

Testplattform für neue Fahrzeugkonzepte
Mit dem „Mini-eVee“ stellte der ICM ein anschauliches Highlight vor: Das Miniaturfahrzeug im Maßstab 1:4 dient als Testplattform für neue Mobilitätskonzepte. Dank des intensiven Einsatzes von 3D-Druck-Technologien können neue Ideen bereits in frühen Entwicklungsphasen erprobt werden. „Mini-eVee“ zeichnet sich durch eine Vielzahl innovativer Technologien aus:

  • Kohlefaserverstärkte Struktur durch Towpreg-Technologie
  • Allradantrieb mit vier radnahen Motoren und Torque-Vectoring
  • Individuelle Allradlenkung für maximale Agilität
  • Integrierter Push-Rod-Mechanismus für optimierte Stabilität
  • Zukunftsweisende E/E-Architektur mit Web-basiertem Interface für intelligente Fahrzeugsteuerung und vernetzter Kommunikation (Car2x)

Das Prototypen-Modell ermöglicht es, neue Steuerungs- und Antriebskonzepte in einem realitätsnahen Umfeld zu testen, bevor sie auf große Fahrzeugmodelle übertragen werden.

icm-bw.de

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 04/2025, Seite 53, Grafik: Stamer/KIT)