Schrottmarktbericht Juni 2025: Ein widererwartend preisstabiler Markt mit leichten positiven Korrekturen
In den Monaten Februar und März haben nach Angaben der Deutschen Bundesbank deutsche Unternehmen gerade einmal 256 Mio. EUR in den USA investiert, in den Jahren 2010 bis 2024 waren es noch 4,6 Mrd. EUR, und damit lagen deutsche Investitionen um 18-mal höher. Dies könnte ein Indiz sein, für eine Abschreckung durch die sprunghafte US-Wirtschaftspolitik. Im internationalen Handel dominieren plötzlich harte Umgangsformen – Zölle in bisher ungeahnter Höhe.
Einen noch niedrigeren Wert an deutschen Direktinvestitionen in den USA gab es zuletzt 1993, im Amtsjahr von Bill Clinton. Wer sich dazu entschließt große Summen zu investieren, benötigt Verlässlichkeit und Planbarkeit. Beides ist momentan in den USA nicht gegeben, so stellt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) fest. Die gesamtwirtschaftliche Dynamik fiel im ersten Quartal mit einem preis- und saisonbereinigtem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal etwas stärker aus als zuletzt gemeldet. Neben einer fortgesetzten Erholung des privaten Konsums und einer Belebung der Investitionstätigkeit spielten Vorziehungseffekte bei der Exportentwicklung im Zusammenhang mit angekündigten US-Zöllen eine Rolle.
Einige Schrotthändler sahen den Preisabsturz im Mai als Anlass für steigende Preise im Juni, um den Preisverfall wieder aufzuholen. Aber Verbraucher zeigten auf dem europäischen Markt durchweg Einigkeit und traten teilweise mit weiteren, wenn auch geringeren, Preisreduzierungen in die Verhandlungsrunden. Schlussendlich kam es zu einer Seitwärtsbewegung, bei der leichte Preiskorrekturen von bis zu 5 €/t und darüber hinaus möglich waren. Diese Preiskorrekturen resultierten in erster Linie aus Nachholeffekten des Vormonats. Inlandspreise orientierten sich stark an den relativ hohen Exportpreisen. Der deutsche Schrottmarkt drehte sich im Juni vollständig zu einem Verkäufermarkt und verlagerte sich auf die Werksseite. Ein Einflussfaktor stellte der relativ inaktive internationale Handel dar. Zeitkorridore, bei denen die Schrottmärkte auf dem internationalen Markt offen waren, gab es nur vereinzelnd. Lediglich Spotmärkte wurden überwiegend durch europäische Geschäftsabschlüsse vollzogen. Für den internationalen Markt vorgesehene US-amerikanische Exportmengen lenkten Akteure zu dem starken US-Inlandsmarkt um. Eine stark schwankende US-Außenhandelspolitik, einhergehend mit weiteren politischen Spannungen im NahenOsten, die sich jetzt auch auf den Iran ausweiten, führen zu weiteren Unwägbarkeiten.
Alles in allem stellt sich ein verhaltener Handel dar, überschaubare Schrottmengen treffen auf zum Teil ordentliche Bedarfe. Die Sommerzeit drückt allerdings mit den entsprechenden Stillständen der Stahlwerke – vornehmlich im Zeitraum Ende Juni bis Ende August – auf die Schrottbedarfe. Die Abnahme wird dann auf gedrosseltem Niveau verlaufen, das Schrottaufkommen aber gleichzeitig zurückfallen. Sinkende Eingangsmengen der Sammelschrotte und von Werksstillständen geprägte Entfallstellen führen zu geringeren Materialzuläufen.
Schrott in den Regionen
Im Norden kam es allgemein zu einer Seitwärtsbewegung mit leichten Preiskorrekturen von 5 €/t, vereinzelnd auch etwas darüber liegend. Besonders Späne und Scherenschrotte haben in einigen Regionen zu höheren Aufschlägen geführt. Im Osten zeigten sich die Preiskorrekturen etwas höher und lagen je nach Umfang des Nachholbedarfs und Versorgungslage bei 5 €/t bis zu 10 €/t. Im Westen hatte ein großes Werk kaum Schrottbedarfe, ein anderes Werk korrigierte den Mai und nahm die Preise entsprechend herunter. Im Juli kommt es in einem Werk zu turnusmäßigen Wartungs- und Reparaturarbeiten. Im Südwesten zeigte sich eine starke Seitwärtsbewegung mit Aufschlägen von bis zu 5 €/t. Die Auftragslage soll auf einem guten Niveau bei der Stahlproduktion liegen. Verstärkt kam Material über den Seeweg vornehmlich aus den Niederlanden. An der Saar gab es nur geringen Schrottbedarf, das Preisniveau war stabil mit leichten Preisaufschlägen. Im Süden zeichnete sich ein ähnliches Preisbild ab.
Schrott in den Nachbarländern
In Frankreich nahmen Schrottpreise zu den Stahlwerken um 5 €/t zu. Der luxemburgische Markt war ambivalent unterwegs. Allgemein lagen die Preisaufschläge im Monat Juni aber bei 10 €/t. Der österreichische Markt war sehr unaufgeregt und schloss mit einer Seitwärtsbewegung ab. In der Schweiz kam es zu unveränderten Preisen, jedoch wurde eine höhere Nachfrage vom Schrotthandel wahrgenommen. In Italien stieg das Preisniveau um bis 5 €/t für Werke, die Bedarfe dringend benötigten, andere Werke hielten das Preisniveau gleichbleibend. Der Schrottmarkt blieb zuletzt schleppend, obwohl das Schrottangebot dank der festen Preise relativ gut war. Stahlwerke stellten bereits jetzt klar, dass die Nachfrage für die Monate Juli und August gering ausfällt. Steigende Energiekosten im Juli und das Schrottpreisniveau veranlassen einige Hersteller, Produktionsstillstände früher als traditionell im August zu planen. Ein großer polnischer Stahlproduzent ließ seine Schrottpreise unverändert gegenüber Mai. Insgesamt liegen Schrottpreise der Stahlwerke über den Preisen der Exporteure. Der tschechische Markt schloss ebenfalls unverändert im Juni ab. Ein großes Stahlwerk plant seinen Sommerstillstand im August. Die Nachfrage ist bereits jetzt verhalten. In der Slowakei kam es ebenfalls zu unveränderten Preisen.
Schrottmarkt international
Die Marktlage war Anfang des Monats in einer stabilen Ruhephase. Ein Geschäftsabschluss eines türkischen Stahlproduzentens aus der Region Iskenderun wurde öffentlich. Diese Partie bestand aus 25.000 Tonnen HMS 1/2 (80:20) und 15.000 Tonnen Shredder und Bonusmaterial. Marktkenner leiteten daraus einen Preis für die HMS 1/2 (80:20) von 336,5 $/t CFR Türkei ab. Zunächst zeigten sowohl europäische als auch US-Exporteure Marktpräsenz, wobei nur wenige türkische Stahlwerke auf der Suche nach Schrotten waren. Das aktuelle Zielniveau der HMS 1/2 (80:20) lag für europäische Verkäufer lange Zeit bei 340 €/t CFR Türkei, mit leichter Akzeptanz für etwas geringere Preise. Die Preisstabilität wurde unterstützt durch den erstarkten Euro. Marktbeobachter erwarten, dass Stahlhersteller ihre Produktion in den beiden Sommermonaten drosseln.
Der Euro legte im Monatsverlauf weiter zu und kratzte zwischendurch an der 1,16 EURO-Marke im Verhältnis zum US-Dollar. Dies schränkte die Möglichkeit europäischer Exporteure ein, Kompromisse bei Verkaufspreisen einzugehen. Eine Pattsituation zwischen Käufern und Verkäufern stellte sich ein, bedingt durch eine geringe Fertigmaterialnachfrage bei den Produzenten und Margenverlusten im Schrotthandel.
Ausblick
Ein Thema, welches auch auf unserem Branchenforum in Potsdam stark diskutiert wurde, zielt auf das Vorhandensein und Qualität von Daten ab. Auch die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) sieht Handlungsbedarf. „Um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können, braucht es solides Datenmaterial“, so fasste Dr. Britta Bookhagen zusammen. Es ist wichtig, dass wir geeignete, aussagekräftige Daten generieren können, um den Dekarbonisierungspfad der Stahlindustrie effektiv zu begleiten. Kürzlich geführte Gespräche im Europäischen Parlament mit MEP Jens Geier zeigten, dass der enorme Beitrag der Schrottrecycler an der Ressourcenschonung und der CO2-Einsparung durch Fakten sehr gut darstellbar ist. Die deutsche Stahlschrottbilanz zeigt dies eindeutig. Bei einer Rohstahlproduktion von 37,2 Mio. Jahrestonen bringt die deutsche Schrottwirtschaft inklusive Überhangmengen für den Export insgesamt 22,2 Mio. Tonnen Schrotte in den Versand (vgl. bvse/BDSV: Deutsche Schrottbilanz). Um mit den Worten von Fr. Dr. Britta Bookhagen abzuschließen: Recycling ist eine zentrale Säule der Rohstoffversorgung und es wird auch in Zukunft eine Schlüsselrolle für die Resilienz Europas spielen.
Redaktionsschluss 18.06.2025, Johannes Hanke, bvse (Alle Zahlen ohne Gewähr), Foto: O. Kürth