Schrottmarktbericht: Nochmaliger starker Preisrückgang

Was noch am Monatsanfang niemand vermutet hatte, wurde schnell zur Gewissheit, denn die Abnehmer senkten zum siebten Mal in Folge ihre Schrotteinkaufspreise. Im Durchschnitt fielen die Schrottpreise im Berichtsmonat Oktober um 30 bis 35 Euro pro Tonne. Wie der Handel berichtete, zeigten die Abnehmer keine Verhandlungsbreitschaft.

Die Bandbreite der Abschläge bewegte sich je nach Werk und Sorte, bei einem regional sehr unterschiedlichen Bedarf, von 25 bis 40 Euro pro Tonne. Im Süden und Südwesten fiel der Preis bei einem verringerten Bedarf bis zu 40 Euro pro Tonne. Wegen eingeschränkter Produktion und somit geringem Schrottbedarf mehrerer Erzeuger in Deutschlands Westen, senkten diese die Preise um 25 bis 30 Euro pro Tonne. Die Stahlwerke im Nordwesten und Norden boten den Lieferanten bei einer zum Teil schwachen Nachfrage Reduzierungen von 32 bis 37 Euro pro Tonne an. Die Marktteilnehmer gewannen jedoch im Laufe des Monats den Eindruck, dass nicht alle Verbraucher die gewünschten Mengen zukaufen konnten. Der Bedarf in Ostdeutschland war je nach Werk unterschiedlich, bei Preisreduzierungen von 25 bis 38 Euro pro Tonne.

Deutschland, Basisjahr 2015 = 100, Quelle: Statistisches Bundesamt/Destatis

Mittlerweile bestätigen die offiziellen Konjunkturdaten die seit Frühjahr getätigten Aussagen des Schrotthandels, dass das Neuschrottaufkommen – sicherlich in einem regional sehr unterschiedlichen Ausmaß – rückläufig ist. Die Schrottpreisreduzierung in Höhe von rund 65 Euro pro Tonne in den Monaten September und Oktober hat zudem den Schrottzulauf zu den Lagern stark verlangsamt. Dennoch gab es Regionen, in denen der Schrottabsatz stockte, während der Bedarf in anderen Regionen als normal bezeichnet wurde. Sowohl die zum Teil deutlich reduzierten Anlieferzeiten als auch Sistierungen einzelner Werke belasteten das Monatsgeschäft. Verschärfend wirken die bereits angewendeten oder geplanten Nutzungen der Kurzarbeiterregelungen einiger Produzenten, geplante oder durchgeführte vorübergehende Stillstände, eingeführte Feierschichten oder die Ankündigungen über vorgezogene oder länger andauernde Instandhaltungen.

Nachbarländer

Italienische Stahlwerke haben die Preise für Lieferanten aus Deutschland im Oktober um 30 bis 35 Euro pro Tonne gekürzt. Die Nachfrage war überschaubar, da einige Werke aufgrund der aktuell schwierigen Absatzlage ihre Produktion gedrosselt haben oder wegen technischer Anpassungen der Ausrüstung temporär weniger nachfragen. Die Angebotspreise schränkten die Verkaufsbereitschaft auf deutscher Seite ein. Ihren Bedarf konnten die italienischen Werke durch die hohe Lieferbereitschaft inländischer Lieferanten decken. In Tschechien und Polen sind die Einkaufspreise der Verbraucher je nach Sorte um 20 bis 25 Euro pro Tonne gesunken. Der Schrottbedarf war stärker als im Vormonat, sodass die Werke zur Bedarfsdeckung attraktivere Preise als mögliche Mitbewerber in den Nachbarländern aufrufen mussten. Das polnische Stahlwerk Huta Tschenstochau hat kürzlich, nach sechs Monaten Stillstand, die Produktion wieder aufgenommen. Die Schrottnachfrage für den Elektroofen mit einer Jahreskapazität von 700.000 Tonnen wird sich schrittweise erhöhen. Aus Luxemburg wurde eine vergleichsweise gute Nachfrage gemeldet; allerdings ließ die Art der Schrottabnahme nicht ganz so viel Freude aufkommen. Durch verschiedene Verzögerungen erfolgten die Abrufe nicht wie vereinbart, was hohe Nachlaufmengen im kommenden Monat zur Folge haben dürfte.

Die Schrottnachfrage in Frankreich und Belgien war ebenfalls schwach. In Frankreich gab es Abschläge bis zu 40 Euro pro Tonne. Der größte niederländische Verbraucher stützte sich bei seiner Bedarfsdeckung nur auf seine langfristigen Liefervertragspartner. In Österreich fiel bei einer geringeren Nachfrage der Preis für Neuschrott um 30 Euro pro Tonne gegenüber dem Vormonat und um 26 Euro pro Tonne für Altschrott. Ein ebenfalls begrenztes Kaufinteresse bei ausländischen Lieferanten bestand bei den Verbrauchern aus der Schweiz. Geringe Mengen konnten zu Abschlägen von bis zu 35 Euro pro Tonne verkauft werden. Im Brexit-geplagten Vereinigten Königreich haben sowohl die Stahlwerke als auch die Gießereien die Preise um umgerechnet 34 bis 46 Euro abstürzen lassen. Die Gegenwehr der Anbieter war gering, da sich gleichzeitig die Exportpreise im entsprechenden Umfang nach unten bewegt haben.

Gießereien

Gießereien, mit denen die Preise frei verhandelt werden, reduzierten ihre Einkaufspreise je nach Werk und Sorte um 20 bis 30 Euro pro Tonne. Die Auslastung variiert nach wie vor je nach Produktionsprogamm deutlich. Während einige Produzenten gut ausgelastet sind und einen entsprechenden Schrottbedarf haben, führen andere Feierschichten oder Kurzarbeit ein beziehungsweise planen kurz- und mittelfristig entsprechende Maßnahmen. Die angebotenen Mengen konnten nach Aussage des befragten Handels abgesetzt werden.

Drittlandexport

Die schwierige Marktlage für die türkischen Stahlhersteller sowohl im In- als auch im Ausland hat bis September zu einer um rund zehn Prozent verringerten Rohstahlproduktion gegenüber dem Vorjahr geführt. Marktkenner berichten, dass in der Türkei die Auslastung der einzelnen Werke stark unterschiedlich ist. Schon bis August war die Schrotteinfuhr aus der EU um über eine Millionen Tonnen beziehungsweise etwa zwölf Prozent geringer als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Nach wie vor ist die Türkei der weltgrößte Schrottimporteur und beeinflusst die weltweite Schrottpreisentwicklung erheblich. Es gelang den Produzenten durch eine sehr schwache Nachfrage im internationalen Markt, die Einkaufspreise für die Sorte HMS 1/2 (80:20) von August bis Ende September um 70 US-Dollar pro Tonne zu senken. Diese Phase nutzten die inländischen Werke sowohl in den USA als auch in Europa, um ihrerseits die Preise empfindlich zu senken. Die europäischen Exporteure hatten jedoch trotz der nachlassenden Inlandsnachfrage und der gesunkenen Preise Mühe, ihre Einkaufspreise so weit zurückzunehmen, um auf die türkischen Offerten reagieren zu können, da das Exportpreisniveau unter dem des Inlands lag. Das änderte sich jedoch in der 42. Kalenderwoche, als die türkische Nachfrage unerwartet lebhaft wurde. Innerhalb weniger Tage konnten die Verbraucher durch eine schrittweise Preisanhebung von rund 20 US-Dollar pro Tonne so viel Angebot erzeugen, dass sie ihren Bedarf für die Novemberproduktion weitgehend gedeckt haben dürften. Sie nutzten dabei die angebotenen Mengen aus allen Schrottbeschaffungszentren. Vermutlich haben sie zudem mit dem Lageraufbau für den bevorstehenden Winter begonnen. Gleichzeitig stieg in Nordeuropa das Kaufinteresse aus Bangladesch, Indien und Pakistan am Schrottzukauf via Container zu akzeptablen Preisen. Die Kaufwelle hat anscheinend zu einer Verfestigung des aktuellen Preisniveaus geführt. Es ist anzunehmen, dass die türkische Seite kein Interesse daran hat, über schwächere Schrottpreise weitere Stahlpreissenkungen auszulösen.

Aussichten

Die Aussagekraft einer Prognose wurde von einem Marktteilnehmer als Stochern im Nebel beschrieben. Ein klares Marktbild kann sich wegen der zahlreichen politischen Unwägbarkeiten, die die wirtschaftliche Entwicklung immer stärker belasten, nicht ausarbeiten. Die Stimmung ist angespannt und von Unsicherheit geprägt. Ein großer Teil des Handels hält im November eine Seitwärtsbewegung bei den Preisen für wahrscheinlich, da eine nochmalige Absenkung sowohl die Stahlpreise belasten als auch den sowieso schon reduzierten Schrottzufluss weiter drosseln würde.

Redaktionsschluss 18.10.2019, BG-J/bvse (Alle Angaben/Zahlen ohne Gewähr)

(EU-Recycling 11/2019, Seite 36, Foto: O. Kürth)

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